André Wormser (1851-1926)
Linz: Reihe „Oper am Klavier“: „Clytemnestre“ von André Wormser (Premiere: 31. 1. 2019)
Die am Musiktheater Linz in der vergangenen Spielzeit eingeführte Reihe „Oper am Klavier“, die in Österreich bis dato unbekannte Werke in der Blackbox-Lounge zeigte, wurde erfreulicherweise nun auch in dieser Spielzeit fortgeführt. Nach einer Purcell-Oper im Dezember, die ich leider durch das Zug-Unglück zwischen Hauptbahnhof und Wien-Meidling am 20. 12. 2018 versäumte, kam am 31. 1. 2019 die Scène lyrique „Clytemnestre“ von André Wormser in französischer Sprache zur Aufführung. Man hatte dieses Werk als Ergänzung zur Oper Elektra von Richard Strauss gewählt, die am 19. Jänner am Musiktheater Linz Premiere hat, wie der Dramaturg Christoph Blitt als Moderator des Abends erwähnte.
Seine Moderation vor und während der konzertanten Aufführung war sehr humorvoll gehalten. Allerdings konnte er über den französischen Komponisten nur wenig erzählen, ist er doch in den diversen Opernlexika überhaupt nicht präsent. André Wormser (1851 in Paris geboren, 1926 in Paris gestorben) war ein erfolgreicher französischer Bankier und nur nebenbei Komponist. Er studierte am Pariser Konservatorium bei Antoine François Marmontel und François Bazin. Mit seiner Scène lyrique „Clytemnestre“ über die antike mykenische Königin und Gattenmörderin Klytämnestra war er so erfolgreich, dass er 1875 mit dem Rom-Preis ausgezeichnet wurde – die höchste Anerkennung, die das damalige musikalische Frankreich zu vergeben hatte!
Die Sopranistin Svenja Isabella Kallweit in der Rolle der Klytämnestra bestach auch durch ihre Mimik, neben ihr der koreanische Tenor Jin Hun Lee (Copyright: Philip Brunnader)
Die musikalische Leitung des Werks hatte der italienische Pianist Tommaso Lepore inne, der am Klavier die romantische Partitur des Komponisten auf gekonnt-subtile Art wiedergab und dabei auch die Einsätze für das kleine Sängerensemble mit großer Gestik gab. In der Titelrolle überzeugte die junge deutsche Sopranistin Svenja Isabella Kallweit sowohl stimmlich wie auch durch ihre Mimik. Als Ägisthus (Égisthe) wirkte der südkoreanische Tenor Jin Hun Lee anfangs ein wenig nervös, konnte aber später an Sicherheit gewinnen. Den stärksten Eindruck hinterließ der österreichische Bass Michael Wagner als Agamemnons und Klytämnestras Sohn Orest (Oreste). Mit seiner sonoren Stimme, die stets die Stimmungen des rächenden Sohnes wiederzugeben wusste, begeisterte er das Publikum. Mit Orests Flucht vor den Erinyen, den Rachegöttinnen der Unterwelt, endete die konzertante Aufführung.
Der lang anhaltende Beifall des Publikums am Schluss bewies, dass diese Reihe Oper am Klavier im Musiktheater Linz gut aufgenommen wird. Man darf auf die beiden nächsten Raritäten gespannt sein: Operette „Pfälzer Musikanten“ von Hans Striehl (12. und 18. April) und „Dinorah“ von Giacomo Meyerbeer (22. Juni und 3. Juli).
Udo Pacolt