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Linz: „DIE WELT AUF DEM MONDE“ – Premiere am Musiktheater des Landestheaters

05.03.2017 | Oper

Linz: „DIE WELT AUF DEM MONDE“ – Premiere am Musiktheater des Landestheaters, Black Box, 04. 03.2017; eine Produktion des OÖ Opernstudios
Komische Oper in drei Akten nach Carlo Goldonis Libretto für Baldassare Galuppis gleichnamige Oper, Musik von Joseph Haydn in der Fassung von H. C. Robbins-Landon und Hans Swarovsky
Italienisch gesungen (deutsche Übertitelung), Rezitative in Deutsch (Übersetzung Hans Swarovsky)

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Johannes Bamberger, Justus Seeger. Copyright: Reinhard Winkler für Linzer Landestheater

Haydns letzte opera buffa schöpft aus mehreren italienischen Quellen (auch eine Mondgeschichte des Komponisten Gennaro Astarita dürfte Haydn vorgelegen sein) und ist in verschiedenen Fassungen, auch, was die Verteilung der Stimmlagen betrifft, bekannt. Sie ist ein musikalisch anspruchsvolles Werk, für das wirklich komplette Interpretinnen und Interpreten nötig sind. Für Studierende also eine beachtliche Herausforderung.

Herausfordernd auch die Spielraumgestaltung in der mit immer neuen Raumarragements überraschenden Black Box des Linzer Musiktheaters: die Bühne reicht bis zur ersten Reihe des (leider mit nur 160 Plätzen ausgestatteten) Zuschauerraumes, dafür ist das Orchester hinter der Bühne placiert, was für die Stimmen eine Menge leeren Raum, den es zu füllen gilt, bedeutet. Ganz hinten ist eine Projektionsleinwand montiert, auf der während der Ouverture George Méliès‘ „Voyage dans la Lune“ läuft, und später dann die deutsche Übersetzung der Gesangstexte.

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Rastislav Lalinsky: Copyright: Reinhard Winkler für Linzer Landestheater

Die Handlung ist eine Variante der im 17. und 18. Jahrhundert so vielfach strapazierten Geschichte des geizigen und mißtrauischen Vormunds, der seine weiblichen Schutzbefohlenen um keinen Preis der Welt in eine Ehe (Mitgift eingeschlossen) mit jemandem „von außerhalb“ entlassen will, und der mit List und Tücke hineinzulegen ist. Es geht natürlich weniger um die Handlung an sich, sondern um die Varianten ebendieser List und Tücke – und genau diese blühen in der Obhut von Goldoni über Haydns Bearbeiter bis hin zu den Editoren und schließlich der hiesigen Dramaturgin Magdalena Hoisbauer ganz ausgezeichnet, was einen schon von Text und Handlung her sehr kurzweiligen Abend ergibt: die titelgebende Intrige des Stückes ist eine mittels übler Drogen und boshaft blühender Phantasie vorgespiegelte Versetzung auf den Erdtrabanten.

Die Inszenierung von Gregor Horres samt der Ausstattung (reduzierte, aber spielpraktische Bühne: Jan Bammes, witzige Kostüme: Alexandra Pitz) funktioniert adäquat dieser Geschichte; die jungen Sängerinnen und Sänger schaffen in der kargen Umgebung mit eindrucksvollem Einsatz eine turbulente, dabei extrem präzise und kontrollierte show. Es gibt zahlreiche Momente, in denen das Publikum hellauf lachen muß, was auch dadurch begünstigt wird, daß alle auf der Bühne perfekt wortdeutlich singen.
Das – extrem jung besetzte! – Orchester der Anton Bruckner Privatuniversität unter der Leitung von Martin Braun spielt mit Verve, musikantischer Lust und Präzision; leider gibt es bei den Violinen ein Problem mit der Stimmung, das nach der Pause, wenn auch nur vorübergehend, korrigiert werden kann – ein zu weich eingepaßter Wirbel??

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Ilia Vierlinger. Copyright: Reinhard Winkler für Linzer Landestheater

Der Herr der Intrige (und selbst an einer der Schwestern des Vormundes interessiert) ist Ecclitico, als Astronom bzw. Astrologe vorgestellt, und jedenfalls ein finanziell recht erfolgreicher Schlauberger; Johannes Bamberger gibt ihn als feinen tenore di grazia. Sein Freund und Spießgeselle Ernesto wird vom Spielbariton Rastislav Lalinsky ebenso unterhaltsam und stimmlich ausgereift verkörpert. Bonafede, Geizhals und ausersehene „Wurz’n“ des Stückes, ist Justus Seeger mit sauber geführtem, beweglichem und wohlklingenden Baßbariton. Cecco, Diener des Ernesto und „am Mond“ der dortige „Großkönig“ ist der Spieltenor Xiaoke Hu – schauspielerisch köstlich, seine Stimme könnte allerdings noch freier werden. Allesamt haben sie mit der hinten offenen Bühne kein Problem.
Clarice, Bonafedes Schwester, ist Julia Grüter mit warmtönig blühendem Sopran und präzisen Koloraturen – schon sehr beeindruckend, was die junge Sängerin da abliefert! Die andere Schwester, Flaminia, wird von Ilia Vierlinger zwischen zwerchfellerschütternder Komik und atemberaubend präziser Koloratur gestaltet – fast würde sie den Abend „stehlen“, wäre da nicht noch die Lisetta (Bonafedes Kammerzofe und das Objekt erotischen Interesses ihres Chefs wie von Cecco) von Isabell Czarnecki, die mit ihrer unglaublich samtigen und sonoren Mezzostimme an eine junge Brigitte Fassbaender oder Christa Ludwig erinnert!

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Ensemble. Copyright: Reinhard Winkler für Linzer Landestheater

Begeisterter und langer Applaus, ganz besonders für die Damenriege; bei den wenigen vorhandenen Plätzen sollte man sich beizeiten um Karten kümmern, wenn man diese so überaus unterhaltsam und sängerisch überzeugend präsentierte Rarität, WEIT mehr als eine studentische Übungsaufführung, erleben will!

Petra und Helmut Huber

 

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