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LINZ/ Brucknerhaus: MAHLERS „VIERTE“. Bruckner Orchester Linz unter Markus Poschner, Sopransolo Erica Eloff

27.06.2025 | Konzert/Liederabende

Linz: „Mahlers Vierte“ – Konzert im Brucknerhaus Linz, Großer Saal, 26. 06.2025

Bruckner Orchester Linz unter Markus Poschner, Sopransolo Erica Eloff

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Foto: Petra und Helmut Huber

An einem gewittrigen Sommerabend war das letzte Abonnementkonzert des Brucknerorchesters im gleichnamigen Konzertsaal programmiert. Bekanntlich scheidet der künstlerische Direktor Norbert Trawöger aus seinem Amt bei diesem Orchester, um die Intendanz des Brucknerhauses zu übernehmen. Das kam bei der einleitenden „roten Couch“ mit dem Dirigenten des Abends natürlich auch zur Sprache. Markus Poschner widmete sich Details der Werke des Abends, etwa den „überschießenden“ Dynamikbezeichnungen in Mahlers Symphonie.

Der Dichter von dreien der im ersten Teil des Abends programmierten „Vier letzten Lieder“ von Richard Strauss, Hermann Hesse, war vom Resultat nicht sehr angetan („…voll handwerklicher Schönheit, aber ohne Zentrum…“), und schon der Komponist (der freilich auch ein großer Ironiker bis Sarkast war) hatte von „unnötigen compositorischen Fingerübungen“ gesprochen, da man ja doch nicht den ganzen Tag lesen könne.

Nun, die Ausführenden taten wirklich alles, um diese negativen Äußerungen Lügen zu strafen; aber trotz der präzisen und klangperfekten Orchesterleistung, der spannungsreichen Modellierung durch den Dirigenten und der samtweichen, bei Bedarf druckvollen Stimme der Solistin (zusammen mit den Sphärenklängen des Konzertmeisters Jacob Meining im 3. Lied, „Beim Schlafengehen“) konnte die Darbietung nicht die letzte Begeisterung, die wirklich tief schürfenden Emotionen wecken. Auch war die Textverständlichkeit – zumindest für uns am doch weiter von der Bühne entfernten Balkon – trotz exzellenter Stimmreserven nicht zufriedenstellend (wobei wir Frau Eloff aus dem Operntheater als vorzügliche Artikuliererin kennen!). Unterm Strich aber blieb immer noch ein Konzerterlebnis, das sich mit den besten Aufführungen dieser Sammlung messen kann: ein nobler Abgesang auf die Spätromantik.

Nach der Pause ging es mit leicht vergrößerter Orchesterbesetzung von knapp 90 Damen und Herren an Gustav Mahlers Symphonie in G, in der er sich (und der Interpretenschaft) alles erlaubt hat, was sonst „verboten“ ist: extreme Lautstärkeunterschiede, eine verstimmte Todesgeige, Schellengerassel, heftige Agogik, jede Menge Glissandi… und das alles zündete im gut, aber nicht komplett besetzten Saal, von der ersten Minute des teils an einen Ländler (in Brucknerscher Lesart) erinnernden 1. Satzes an. Jedenfalls: dieses laut Mahler in vielen Aspekten auf die Kindheit bezogene Werk reißt uns mit, und das auch, wenn (wiederum) der Konzertmeister sein Solo auf der höhergestimmten Geige im 2. Satz anstimmt, ungeachtet der Todessymbolik. Sein Amts- und Pultkollege Lui Chan ist ihm immer wieder auch ein kongenialer Duettpartner.

Immer wieder atemberaubend die Präzision der Streichergruppen, z. B. die absolut reine Intonation der ersten Geigen auch bei extrem hohen Grifflagen, die präzisen Bläser, z. B. Gerhard Fluch an der Trompete.

Während der Einleitung des vierten Satzes kommt Frau Eloff wieder, laaangsam in sorgfältigst kontrollierter Bewegung, an die Rampe und singt uns mit ihrer himmlischen Stimme vom himmlischen Leben. Nach einem letzten, an Wagner’s „Tristan“ gemahnenden Einwurf des Englischhorns (Margret Bruschke) klingt die Aufführung mit einem tiefen Harfenton fast eine Minute lang bis zur kompletten Stille aus, die auch das faszinierte Publikum lange hält.

Bei der Roten Couch war der Satz gefallen: „Bei Bruckner wird die Welt zur Symphonie, bei Mahler wird die Symphonie zur Welt.“: Markus Poschner hat damit den Mund keineswegs zu voll genommen. Mahlers kürzeste (heute 55 Minuten), aber extrem vielfältige, inhaltsbunte Symphonie strömt unter seinem Dirigat, mit ihren heiteren wie bedächtigen oder gar schwermütigen, depressiven Seiten, als großes Welttheater über die Rampe und ergreift jeden wie jede im Saal.

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Das Brucknerorchester mit Erica Eloff und Markus Poschner. Foto: Petra und Helmut Huber

15 Minuten Begeisterung für Dirigent, Sängerin und Orchester.

Am kommenden Sonntag, 29. Juni, kann dieses Konzert auch in Wien im großen Musikvereinssaal (11:00 Uhr, Einführung um 10) erlebt werden.

 

Petra und Helmut Huber

 

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