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LINZ/ Brucknerhaus: „# EINS MAHLER 5“ – Konzert des Brucknerorchesters im Brucknerhaus Linz unter Markus Poschner

07.11.2021 | Konzert/Liederabende

Linz: „# EINS MAHLER 5“ – Konzert des Brucknerorchesters im Brucknerhaus Linz unter Markus Poschner, Großer Saal, 06. 11.2021

Werke von Gerald Resch und Gustav Mahler

Der 1975 in Linz geborene Gerald Resch möchte „in seiner Musik klar, prägnant und überraschend sein“; daß er in einem Stück die Satzüberschriften „Genauigkeit, Leichtigkeit, Anschaulichkeit, Vielschichtigkeit, Schnelligkeit“ verwendet hat, will er als Programm seiner Ästhetik verstanden wissen (www.geraldresch.at). Seine am 29. September 2016 in Bukarest uraufgeführten „Inseln“ eröffnen das Konzertabonnement 2021/22 des Linzer Brucknerorchesters, das als Höhepunkt der Saison das Verdi’sche „Requiem“ im kommenden März vorsieht.

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„Die rote Couch“. Foto: P & H Huber

Seit Anbeginn der Brucknerorchester-Konzertserien gibt es ein einleitendes Gespräch; daher traf man sich auch diesmal wieder 45 Minuten vor Veranstaltungsbeginn auf der „roten Couch“ – künstlerischer Direktor Norbert Trawöger holte sich den auch musikalisch aktiven Chef des Hauptsponsors (um ‚keine Sorgen‘ zu haben), und dann Gerald Resch und den Dirigenten des Abends. Nette verbindende Idee zum Programm: Nicht nur die „Inseln“, sondern auch die Mahler-Symphonie wurden vom Blick aufs Wasser inspiriert – der Hofoperndirektor schrieb diese Symphonie während seiner Aufenthalte am Wörthersee.

Reschs zwölfminütige Komposition für großes Orchester, inspiriert von den immer wieder auftauchenden und verschwindenden Wattinseln der Nordsee, beginnt mit einem Dialog des umfänglichen Schlagwerkes mit den Streichern, der Mittelteil wird von einem Bläserchoral (inspiriert von Bruckner) dominiert, und zum Ende hin stehen wieder die Streicher im Vordergrund. Es ist ein ausgesprochen atmosphärisches Stück, wäre durchaus im direkten Vergleich mit Debussy’s „La Mer“ interessant. Jedenfalls evoziert es bei uns eine Fülle von Bildern, wie z. B. durch den Sand laufende Krabben, Wellen, Sturm, überlagert vom Rhythmus der Gezeiten – nicht durch platte Imitation und Programmatik, sondern durch Klang- und Rhythmusassoziation, durch die große Konstruktion. Dem begeisterten Applaus nach zu schließen, der auch dem Komponisten galt, hat das gesamte Publikum ähnlich empfunden.

Die 5. Symphonie von Gustav Mahler wird in der vom Komponisten noch 1910/1911 für ein Konzert in New York revidierten Fassung des 1904 in Köln erstmals aufgeführten Werkes gespielt. Entsprechend dem Willen des sich von der konventionellen Tonalität entfernenden Komponisten, der schon in diesem Werk keine prägende Tonart mehr sah, wird auch die bisweilen noch verwendete Bezeichnung „cis-Moll“ im Programm nicht genannt. Die verwendete Version wurde vor zwei Jahren publiziert – Mahler hat das anfänglich von Publikum und Kritik reserviert aufgenommenen Werk sehr oft aufgeführt, dabei für jede Aufführung die Partitur neu eingerichtet. Ziel war, ein immer höheres Maß an Schlankheit, Transparenz und Strukturiertheit zu erzielen. Somit dürfte die heute zur Aufführung gelangende Version das durch das Schicksal in Form einer tödlichen Endocarditis endgültige Vermächtnis des Komponisten sein.

Das bei den „Inseln“ gut 75 Mitwirkende große Orchester wird für Mahler auf  rund 90 aufgestockt – wie wird sich das mit der „höchsten Transparenz“ vertragen? Die breite Basis der acht Kontrabässe jedenfalls bleibt gleich.

Schon nach den ersten tutti-Stellen, die dem einleitenden Trompetenmarsch folgen, ist aber klar: in DIESER Verfassung des Orchesters geht sicher keine einzige Stimme unter, und auf korrekte Balance und Dynamik kann man sich bei diesem Dirigenten ohnedies verlassen. Anfangs besonders auffällig die absolute Präzision der Violinen, auch in den höchsten Lagen bleibt die Intonation absolut aus einem Guß. Im Scherzo, das von einem brucknerartig nobilitierten Ländler bis zu Walzerderivaten führt, die Ravels zwiespältige Betrachtung dieses Tanzes von 1920 vorweg nehmen, singen die Celli im Trio besonders wunderbar. Übrigens wird dieser Satz (auch) quasi als Hornkonzert gestaltet: der – makellose – Solist steht hier vor seinen 5 sitzenden Kollegen. Aufregend das „falsche Finale“, das diesen Satz abschließt.

Und dann das berühmte, inzwischen sehr assoziationenbeladene Streicher-Adagietto mit Harfenakzenten: Mahlers Vorschreibung lautet „sehr langsam“. Sein ehemaliger Assistent Bruno Walter hat diese 1948 für CBS eher ignoriert, mit durchaus spannendem Resultat; bei anderen, prominentesten, Dirigenten kanns zwar langsam, aber auch schmierig oder süßlich geraten. Markus Poschner findet genau das richtige Maß: langsam, aber immer unter Spannung, schlank und feinst gewebt; man hört atemlos zu, bis zum unübertrefflich sauber, ohne jegliches Zittern laaange ausschwebenden Decrescendo zum Schluß.

Die bukolisch-fröhliche Einleitung zum Finalsatz kommt fast als Erleichterung, und führt schließlich bis ins bei alle Präzision und Virtuosität turbulente und strahlende Finale.

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Schlussapplaus: Foto: P & H. Huber

Tosender Applaus, Jubel, standing ovations!

Petra und Helmut Huber

 

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