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LINZ/Brucknerhaus: „#EINS – ACHTE!“ – Konzert im Brucknerhaus Linz, Großer Saal

16.10.2025 | Konzert/Liederabende

Linz: „#EINS – ACHTE!“ – Konzert im Brucknerhaus Linz, Großer Saal, 15. 10.2025

Bruckner Orchester Linz unter Markus Poschner

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Die Rote Couch mit Markus Poschner und Daniel Hochreiter. Foto: Huber

Das erste Konzert im Zyklus des Bruckner Orchesters der neuen Saison widmete sich zwei relativ übersehenen Werken: den „Achten“ von Ludwig van Beethoven und von Anton Bruckner.

Erstere geriet schon bei der Uraufführung 1814 unverdient unter die Räder, da sie mit der Siebten und dem Effektstück „Wellingtons Sieg“ zusammen aufgeführt wurde; Beethoven war enttäuscht über die laue Aufnahme, da er die Symphonie für seine bis dahin beste hielt. Wie Markus Poschner beim Einführungsgespräch auf der „Roten Couch“ mit dem neuen künstlerischen Leiter des Orchesters, Daniel Hochreiter, erläuterte, sei dieses in Linz im Oktober 1812 vollendete Werk ein Abschluß der bisherigen Musikgeschichte, mit ungewöhnlicher Form, Experimenten mit Tonarten usw. Auch bemerkenswert: noch als Poschner studierte, also in den frühen 1990ern, kursierte die Empfehlung, dieses an sich sehr rasch gehaltene Werk „halb so schnell“ zu nehmen, um es weihevoll klingen zu lassen.

Erfreulicherweise hielt sich der Dirigent nicht daran, sondern absolvierte das Werk in ca. 23 Minuten, also im vom Komponisten gedachten Tempo, und brannte dabei mit den 53 Damen und Herren im Orchester ein Feuerwerk an Ideen, Stimmungen und mitreißenden Rhythmen ab. Herausragend das ganz klassische, eben als Resümee Haydns und Mozarts gedachte „Tempo di Menuetto“ (also schon im Titel ein Rückgriff auf die Barock/Rokokozeit), tänzerisch, elegant, mitunter schlicht und einfach losgelöst vom Erdboden. Schon das Allegretto scherzando davor mit seinem verblüffenden „cliffhanger“-Schluß war eine Delikatesse. Und der letzte Satz, Allegro vivace, ist an Lebhaftigkeit und Sturm und Drang nicht zu überbieten. Dabei waren, trotz all des begeisterten Musikantentums im Orchester, perfekte Präzision, konzentrierte Einhaltung der sehr weitgespannten Dynamik und Durchhörbarkeit angesagt – insgesamt ein unüberbietbares Erlebnis, der Wiener aus Bonn wäre wohl zufrieden gewesen, auch mit der lautstarken Zustimmung des Publikums (zu der Zeit war er ja noch nicht völlig ertaubt…)!

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Applaus nach Beethoven für die Bläser. Foto: Huber

In der Pause wird fleißig umgebaut: der Bruckner (2. Fassung von 1890) braucht 95 Plätze auf dem Podium, wobei maximal 8 Hörner zu hören sind – 4 der Herren wechseln auf Wagnertuben. Es stehen zwei Harfen im Saal (lt. Internetquellen wären drei vorgesehen).

Auch Bruckner hatte Schwierigkeiten mit der Akzeptanz seines Opus 108 – die erste Fassung war von Hermann Levi zur Uraufführung abgelehnt worden, worauf er eine zweijährige Überarbeitung anging; Isabel Birgit Biederleitner, seit Jänner künstlerische Geschäftsführerin des Œ. Ensembles für Neue Musik, vertritt im Programmheft die plausible Meinung, daß ohne diese zeitaufwendige Neufassung Bruckner seine Neunte hätte vollenden können. Schließlich aber gab es am 18. Dezember 1892 eine umjubelte Uraufführung des Franz Joseph I. gewidmeten Werkes mit den Philharmonikern unter Hans Richter in Wien.

Das Orchester und Markus Poschner sind längst zu einer symbiotischen Einheit zusammengewachsen, wohl besonders bei den Werken des Namenspatrons – und dieser Eindruck wird heute erneut vertieft. Die Qualitäten, die schon beim Beethoven positiv auffielen, kommen erneut zur Geltung: sei es der unglaubliche Dynamikumfang, der auch nicht im ꭍꭍꭍ zum Verwaschen von Details führt, sei es die bei aller Feinheit und Zartheit gewahrte Präzision von leisen Streicherstellen (Trio im Scherzo – Spinnweben in einer Vollmondnacht!), sei es die Schwerelosigkeit des harfenumspielt absteigenden morbid-melancholischen Seitenthemas des Adagio. Auch die Urgewalt des Finalsatzes ist genau so dosiert, daß alle Steigerungen voll ausgekostet werden können, und dabei auch nicht die kleinsten Details untergehen. Die kleinen und großen Spannungsbögen können voll ihre Wirkung entfalten und die Tempi sind – bei rund 80 Minuten Dauer – restlos überzeugend: das geht einfach nicht besser!

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Schlussapplaus nach Bruckner. Foto: Huber

Dementsprechend stürmischer und anhaltender Applaus im fast völlig vollen Saal, rund 10 Minuten, standing ovation.

Das Konzert wird am Sonntag 19. d. M. im Wiener Musikverein wiederholt – Einführung 18:45, Beginn 19:30; es dürfte schon recht gut verkauft sein.

Petra und Helmut Huber

 

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