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LEONBERG/ bei Stittgart: ORGELKONZERT IN DER KATHOLISCHEN PFARRKIRCHE / Soyon Park und Freddie James

20.05.2015 | Konzert/Liederabende

Orgelkonzert in der katholischen Kirche St. Johannes in Leonberg

HARMONISCH VIELSCHICHTIGE STEIGERUNGEN – am 20.Mai 2015
 
Soyon Park und Freddie James gaben am 20. Mai 2015 ein interessantes Orgelkonzert in der katholischen Kirche St. Johannes/LEONBERG Zwei hochbegabte Studenten von Prof. Dr. Ludger Lohmann an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst stellten sich bei „Musik in Leonberg“ vor. Der junge Engländer Freddie James konnte der fulminanten Hymne d’Actions de Grace „Te Deum“ von Jean Langlais ein klares rhythmisches Gepräge und eine erstaunliche kontrapunktische Vielgestaltigkeit abgewinnen. Klangfarbliche Veränderungen wurden hier geradezu genüsslich ausgekostet. Nicht weniger überzeugend war Freddie James‘ Wiedergabe des Andante Sostenuto aus der Symphonie Gothique c-Moll op. 70 von Charles-Marie Widor, wo die thematischen Verbindungslinien in reizvoller Weise hervorragten. Eine klare Linienführung prägte diese Wiedergabe. Vor allem die klassizistischen Passagen blitzten hervor. Die Koreanerin Soyon Park ist ein ganz großes Talent, was sie bei der zweiten Sonate d-Moll op. 60 von Max Reger eindeutig unter Beweis stellte. Mit verblüffender spieltechnischer Reife und geistiger Tiefe arbeitete sie die Besonderheiten des Kopfsatzes „Improvisation“ heraus. Neben und gegeneinander gesetzte alterierte Akkorde  und sensible harmonische Grundierung des choralen oder liedhaften Melos wurden von Soyon Park in hervorragender Weise herausgearbeitet. Vor allem die dynamischen Extreme entfalteten sich in beeindruckender Weise, der expressionistische Überschwang ordnete sich dem Gesetz der Tonalität unter, was spannend anzuhören war. Da erfasste die junge Solistin das Wesen der Regerschen Musik ausgezeichnet. Chromatischer Feinsinn setzte sich zudem bei den harmonisch ausufernden Passagen durch, die sie bewundernswert präzis im Griff hatte. Modulatorische Kühnheiten behaupteten sich facettenreich. Nach der Pause gefiel Soyon Parks Interpretation der Triosonate Nr. 6 in G-Dur von Johann Sebastian Bach, wo sie die feinnervigen Arabesken, Girlanden und Figurationen intensiv betonte. Große Energie des polyphonen Denkens  paarte sich dabei mit konzentrierter Spiritualität, leidenschaftlich ragten die verschiedenen Klangebenen hervor. Crescendo- und Diminuendo-Wirkungen verloren nie ihren spezifischen Zauber – und auch die Klangkontrastierungen wirkten bei dieser eher dezenten Wiedergabe nie seelenlos. Umspielungen, Triller und Repetitionen verdichteten sich zu größtmöglicher Kantabilität, wobei der Fluss der Melodie nie unterging. Auch auf die Feinheiten des ornamentalen Spiels, auf subtile metrische Zwischenwerte und suggestive Rubato-Wirkungen nahm Soyon Park bei ihrer eher zierlichen Bach-Interpretation große Rücksicht. Das war ein Vorteil. Freddie James gestaltete anschließend die Fantasia of Four Parts von Orlando Gibbons mit berührender Strahlkraft und starken Konturen. So konnte man hier als Zuhörer die fortlaufende melodische Linie gut nachvollziehen. Der ganze Zauber des Melodienreichtums behauptete sich dabei. Sehr einfühlsam spielte Freddie James ferner die Premiere Fantaisie von Jehan Alain, die deutlich von Johann Sebastian Bach beeinflusst ist. Der reiche kontrapunktische Stil Alains erinnerte an die französische Bachschule, deren Vertreter er war. Zuletzt fesselte Freddie James‘ erhabene Wiedergabe von Cesar Francks Fantaisie en La. Die strenge und religiös betonte Thematik der barocken und mittelalterlichen Formenwelt blitzte hell auf. Mystische Ekstase setzte sich immer wieder leuchtkräftig durch, sanfte Feierlichkeit schwebte geheimnisvoll über den Harmonien. Und die vorhaltreiche, enharmonische Modulationstechnik Francks betörte die Ohren der Zuhörer. Kühne Orgelpunkte in kirchentonartlicher Kadenzierung ragten hervor, verdichteten ihre Ausdruckskraft immer mehr. Als atemlose Zugabe interpretierte Soyon Park noch ein toccataähnliches Stück aus „Rubrics“ von Dan Locklair. Locklair erwies sich bei dieser Wiedergabe als würdiger Nachfolger von Charles-Marie Widor. Die Mühleisen-Orgel, auf der die beiden spielten, erklang am 24. 6. 2007 erstmalig. Sie hat 50 Register und 3 Manuale. Vorbild für das Klangkonzept dieser besonderen Orgel ist das Klangideal der französischen Hochromantik.
 
Alexander Walther

 

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