Premiere, Don Pasquale an der Opéra de Lausanne vom 6.4.2025
Don Pasquale Omar Montanari und Dario Solari als Malatesta. Copyright: Carole Parodi
Es handelt sich dabei um eine Produktion die in diversen Theatern gegeben wird, nämlich an der Opéra national de Lorraine, l’Opéra de Rouen Normandie und l’Opéra de Nice Côte d’Azur.
Tim Sheader inszeniert die Aufführung. Seine Interpretation bringt eine moderne Note in die klassische Opera buffa, indem er sich von zeitgenössischen Fernsehserien inspirieren lässt. In seiner Inszenierung wird Don Pasquale als Firmenchef dargestellt, der dem Jugendwahn verfällt, was dem Stück eine aktuelle Relevanz verleiht.
Die Aufführung wurde als vorweihnachtliche Komödie inszeniert, und passt somit nicht wirklich gut in die jetzige vorösterliche Zeit. Man muss sich schon etwas hineinkonzentrieren um eine weihnachtliche Stimmung hoch zu bekommen.
Tim Sheader interpretiert das Werk neu, ohne die Komik oder die Erwartungen des Publikums zu erschüttern. Die Handlung, dreht sich um die schwierige Frage der Nachfolge des von Don Pasquale aufgebauten Firmenimperium. Diese Welt wird durch die geniale Drehbühne von Leslie Travers angedeutet, die die luxuriöse Fassade eines Bürogebäudes zeigt. Im Inneren des Gebäudes arbeiten eine Vielzahl von Angestellten an ihren Computern. Hinter dieser Kulisse, in Don Pasquales überbordenden und luxuriösem Louis-Philippe-Salon, laufen auf einem kleinen Bildschirm die Börsenzahlen ab. Ernesto, der wie ein cooler junger Hippie gekleidet ist, interessiert sich offensichtlich mehr für seine Gitarre, seinen Roller und die Musik, die er über seine Kopfhörer hört, als für das Erbe, das man ihm in Aussicht gestellt hat. Norina hingegen, die in dieser Neuinterpretation als junge Angestellte der Reinigungsfirma, die für die Pflege der Räumlichkeiten zuständig ist, hat von Anfang an ein Auge auf die Nachfolge des Unternehmers geworfen. Sie zögert nicht, Dr. Malatesta fleischliche Gunst zu erweisen, einem jungen Mafioso, um den Plan, den alten Mann zu täuschen, in die Tat umzusetzen.
Auch wenn diese unromantische Vision der Oper natürlich vom Original-Libretto abweicht, ist sie dennoch eine unendlich lustige und farbenfrohe Aufführung. Ein riesiger Weihnachtsbaum, ein kleiner Zug mit stapelweise Geschenken, ein Chor von Wichteln in Pink und im letzten Bild zwei riesige aufblasbare Schneemänner zieren das Bühnenbild.
In diesem völlig neu konzipierten, witzigen und kohärenten Welt bewegt sich tadellos das hervorragende Sängerensemble, die das Gesamtkonzept sichtlich mittragen. Omar Montanari (Don Pasquale), der als alter Schönling, von seiner Fitness besessen ist, ist ein Sympathieträger. Seine musikalische wie schauspielerische Leistung sind beeindruckend und sein Witz ansteckend. Er verfügt über einen schönen Bariton der in jeder Stimmlage auftrumpfen kann. Ebenfalls beeindruckend ist Dario Solari der als Malatesta mit einem beneidenswerten Volumen und einem Legato von seltener Virtuosität beeindruckt.
Joel Prieto der in die Rolle des Ernesto schlüpft, hat einen nicht so feinen und raffinierten Gesang, den man erwartet hätte. Teilweise war seine Interpretation angestrengt und die hellen hohen Töne hatten ihre Schärfen. Bei den Damen war man von Angelina Disanto (Norina) begeistert, die sowohl als Schauspielerin als auch als Sängerin überzeugte. Die junge Sängerin ist mit der belcantistischen Vokalität vertraut. Sie fühlt sich sowohl in Vokalisen, Trillern und hohen Tönen als auch in langen Kantilenen wohl, denen sie Kraft und Substanz verleiht.
Die wenigen Sätze des Notars, eine Rolle, die traditionell einem Mann mit tiefer Stimmlage zugedacht ist, wurden Julia Deit-Ferrand zugesprochen, die mit schöner Stimme auftrumpfte. Der Chœur de l’Opéra de Lausanne wurde hervorragend vorbereitet von Jacopo Facchini. Der Dirigent Giuseppe Grazioli, der das Orchester de l’Opéra de Lausanne leitete, verlieh der Partitur seine ganze Energie und rhythmische Vitalität, ohne die romantische Dimension, die durch die Inszenierung etwas in den Hintergrund gedrängt wurde, zu verwischen. Das Publikum feiert diese unterhaltsame, von der ersten bis zur letzten Note prickelnde und erfrischende Aufführung mit grossem Beifall.
Marcel Emil Burkhardt