Orphée aux Enfers von Jacques Offenbach an der Opera de Lausanne vom 27.12.2023.
Ballett und Chor. Foto: Jean-Guy Python
Olivier Py setzt die Operette, die 1858 in Paris uraufgeführt wurde und als Parodie auf das vergnügliche Leben der französischen Gesellschaft des 19 Jahrhunderts darstellt, gekonnt um. Er versteht es, das Werk mit seinen vielen Parodien und Anspielungen welcher der Komponist auf das zweite Kaiserreich und auch Napoleon III machte witzig umzusetzen.
Das Ensemble der Opera de Lausanne entfaltet in dieser Produktion sein wahres Komiker-Potenzial.
Olivier Py versteht die Zeit in der das Werk geschrieben und gespielt wurde wie folgt;
Das zweite Kaiserreich ist eine fröhliche Diktatur, fast ohne Gewalt, Die gute Gesellschaft besteht aus Rentnern, deren einziges Ziel es ist, Verse zu schreiben und in die Oper zu gehen. Offenbach zeichnet dieses unvergleichliche politische Experiment, er ist der Karikaturist, der Zerrspiegel. Die soziale Satire, die er in seinen Werken darstellt, wird bewundert. Seine Operetten werden zur Kunstform, die das damalige Paris kommentieren, eine Zeit an dem alles erlaubt war.
Gelangweilt von ihrer gleichgültigen Ehe mit dem nichtssagenden Musikanten Orpheus, vergnügt sich Eurydike lieber mit Pluto, dem Herrn der Unterwelt, und lässt mit Begeisterung ins Reich der Toten entführen. Als auch Himmelsvater Jupiter von der schönen Sterblichen erfährt, entbrennt ein witzgeladener Wettstreit um die Gunst der Eurydike.
Aus dieser surrealen und urkomischen Geschichte lässt Olivier Py ein barockes Fest entstehen, voller Action in allen Ecken und Enden. Prächtig sind auch die Kleider der Sänger und Sängerinnen und Tänzer und Tänzerinnen die farbenfroh herausgehoben werden.
Die riesigen beweglichen Bühnenbilder von Pierre-André Weitz stellen verschiedene Theaterszenen dar, zeitweise werden sie von beeindruckenden Nachbildungen von Höllenbildern überragt. An diesem jubelnden Fest nehmen über dreissig Chorsänger teil und eine Gruppe von zehn spielfreudigen Tänzerinnen und Tänzer.
Die schwungvollen Melodien, darunter der weltbekannte Cancan, unterstreichen die wunderbar gelungenen Szenen. Und das spielfreudige Ensemble meistert die gesanglichen und schauspielerischen Herausforderungen dieses Höllenritts mit Bravour.
Der Tenor Samy Camps singt und spielt einen selbstverliebten Orpheus der mit seinen tätowierten Armen und seinem Rockeroutfit sängerisch wie darstellerisch überzeugt.
Marie Perbost, Nicolas Cavallier. Foto: Jean-Guy Python
Die schauspielerisch talentierte Marie Perbost glänzt in der Rolle einer frivolen und laustarken Eurydike. Der Tenor Julien Dran ist ein ausgezeichneter Aristee/Pluto, und Nicolas Cavallier einen urkomischen Jupiter in der Gestalt von Napoleon III.
Hervorragend ergänzt wird das Ensemble von Sophie Pondjiclis als die öffentliche Meinung, Fréderic Longbois als John Styx, Clémentine Bourgoin als Diana, Béatrice Nani als Venus, Carole Meyer als Junon, Yuki Tsurusaki als Cupidon, Emma Delannoy als Minerve, Hoel Troadec und Aslam Safla als Mars.
Im Orchestergraben leitet der Dirigent Arie van Beek die Sinfonietta de Lausanne meisterhaft und kann den höllischen Tempi des Werks gut folgen. Er ist ein hervorragender Begleiter der Solistinnen und Solisten. Das Publikum goutiert die Aufführung mit grossem Beifall und stehenden Ovationen. Alle Vorstellungen sind restlos ausverkauft.
Marcel Emil Burkhardt