Guillaume Tell an der Opéra de Lausanne vom 13.10.2024
links Jemmy Elisabeth Boudreault, Hedwige Géraldine Chauvet und Mathilde Olga Kulchynska. Foto: Carole Parodi/Opéra de Lausanne
Der seit September 2024 neuernannte Direktor Claude Cortese ist ein erfahrener Opernregisseur und künstlerischer Leiter, der zuvor unter anderem am Teatro Massimo in Palermo sowie an der Opéra de Marseille tätig war. Seine Ernennung markiert einen bedeutenden Schritt für die Opéra de Lausanne, da er eine Vision von Innovation und hoher künstlerischer Qualität verfolgt. Cortese bringt seine umfassende Erfahrung in der Opernwelt mit und wird in seiner neuen Rolle die kreative Ausrichtung des Hauses massgeblich prägen. Und das beginnt schon mit der Auswahl seiner Eröffnungsoper die auf der waadtländischen Opernbühne noch nie aufgeführt wurde.
Guillaume Tell (Wilhelm Tell) von Gioachino Rossini ist eine Oper, die aus mehreren Gründen als sehenswert gilt. Die Oper basiert auf dem Schweizer Nationalhelden Wilhelm Tell, der gegen die tyrannische Herrschaft der Habsburger kämpft. Dies gibt der Geschichte eine starke patriotische und historische Dimension. Rossini ist bekannt für seine Melodien und seinen Gesangsstil. Sie enthält einige der schönsten Arien und Duette, die die emotionale Tiefe der Charaktere perfekt unterstreichen. Die Oper hat eine ungewöhnliche Struktur für ihre Zeit, da sie in vier Akte unterteilt ist und viele verschiedene musikalische Elemente vereint, von Arien bis hin zu grossen Chorszenen.
Der Schlussakt, in dem Tell seinen berühmten Schuss abgibt, ist besonders packend. Rossinis Verwendung von Instrumenten und harmonischen Strukturen trägt zur majestätischen Atmosphäre der Oper bei. Insgesamt bietet „Guillaume Tell“ eine Kombination aus musikalischer Brillanz, emotionalem Tiefgang und einem starken erzählerischen Element, das sie zu einem der bedeutendsten Werke im Opernrepertoire macht.
Bruno Ravella ist für die Regie verantwortlich. Er ist bekannt für seine detailreiche und präzise Herangehensweise an klassische Opernstoffe und bringt diese auch in diese Produktion ein. Er hat eine klare Personenführung und hat sich viel bei der Ausarbeitung gedacht. Sein Ziel war es, schöne Regieabfolgen zu gestalten und die Szenen echt wirken zu lassen. Man könnte sagen, konventionell, aber konventionell beachtenswert und eindrücklich.
Alex Eales hat das Bühnenbild entworfen. Er ist ein angesehener Bühnenbildner, der für seine kreativen und oft minimalistischen Designs bekannt ist, welche starke visuelle Eindrücke hinterlassen und die dramatische Wirkung von Opernproduktionen unterstützen. Inspiriert von Ferdinand Hodler, dem Schweizer Maler, der für seine Schweizer Landschaften und Bilder von Wilhelm Tell Weltruhm erlangte, erschuf Eales die symbolträchtigen Bühnenbilder. Seine Bilder spiegeln somit die thematische Tiefe und epische Natur der Oper wider.
Sussie Juhlin-Wallén hat die Kostüme entworfen. Ihre ausgeklügelte Kostümgestaltung, die historische Elemente mit modernen Interpretationen verbindet, sind schön und passend. Hier hat sie Kostüme geschaffen, die die Zeit der Schweizer Unabhängigkeitsbewegung teilweise widerspiegeln und teils die Neuzeit «Straßenkleider» zeigen. Sie unterstützt mit ihren Kostümen die emotionale und dramaturgische Dimension der Inszenierung, indem sie die Kostüme als Teil der Bühnenästhetik und der Geschichtsvermittlung einsetzt.
Jean-Sébastien Bou ist ein französischer Bariton welcher über eine kraftvolle Stimme und schöne Bühnenpräsenz verfügt. Er singt die Titelrolle des Guillaume Tell und verfügt über die notwendige Stimmkraft als auch emotionale Tiefe. Tell ist ein komplexer Charakter, ein Vater und ein Freiheitskämpfer, der eine Rebellion gegen die unterdrückerischen österreichischen Herrscher in der Schweiz anführt.
Olga Kulchynska, eine talentierte ukrainische Sopranistin, ist Mathilde, die Tochter des österreichischen Herzogs, eine der wichtigsten weiblichen Figuren in der Oper. Sie hat einige wunderschöne Arien und zeichnet sich durch ihre gefühlvolle und dramatische Gesangslinie aus, die die romantische und emotionale Tiefe der Oper verstärkt.
Sie singt mit ausdrucksstarker Stimmkraft und mit viel lyrischer Qualität, die ideal zu dieser Rolle passt. Sie ist technisch versiert als auch fähig, tiefe Emotionen zu vermitteln, und bringt beides hervorragend auf die Bühne.
Julien Dran (Arnold). Foto: Carole Parodi/Opéra de Lausanne
Der französische Tenor Julien Dran, als Arnold, verfügt über eine Stimme mit herausragender Technik und Ausdauer, besonders in der berühmten Arie „Asile héréditaire“ und dem hochdramatischen Schlussterzett. Er singt mit kraftvoller, brillanter Tenorstimme, die sowohl die stimmlichen Herausforderungen als auch die emotionalen Höhen und Tiefen der Rolle meisterhaft verkörpern. Er zeichnet sich durch seine Fähigkeit aus, sowohl die leidenschaftliche als auch die heroische Seite der Figur zu vermitteln.
Elisabeth Boudreault, Koloratursopran, singt einen wundervollen Jemmy, der Sohn von Arnold und Mathilde. Ihre Arien und Duette bringen eine emotional bewegende Dimension in die Handlung. Sie hat eine grosse klangvolle Stimme und hervorragende darstellerische Fähigkeiten.
Die französische Sopranistin Géraldine Chauvet ist die Frau von Willhelm Tell und die Mutter von Jemmy. Sie interpretiert die Rolle mit gepflegter lyrischer Stimme. Als Hedwige bringt sie sowohl eine mütterliche Wärme als auch eine innere Stärke, die den Herausforderungen, vor denen sie steht, gerecht wird.
Das Ensemble wird hervorragend unterstützt durch Frédéric Caton als Melchtal und Walter Fürst, Luigi di Donato als Gessler, Sahy Ratia der Fischer, Jean Miannay als Rudolf Marc Scoffoni als Leuthold und Warren Kempf als Jäger.
Eine zentrale Rolle steht dem glänzenden Choeur de l’Opera de Lausanne zu, welcher hervorragend vorbereitet wurde, vom Chormeister Alessandro Zuppardo.
Francesco Lanzillotta ist ein bemerkenswerter Dirigent, er zeigt mit dem Orchestre de Chambre de Lausanne Flexibilität und Vielseitigkeit und eine dynamische und ausdrucksstarke Interpretation.
Das Publikum ist begeistert und feiert die Aufführung mit nicht enden wollenden Ovationen.
Marcel Burkhardt