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LANGENLOIS/ Schloss Haindorf: GRÄFIN MARIZA

26.07.2024 | Operette/Musical

LANGENLOIS/ Schloss Hainfeld : GRÄFIN MARIZA von Emmerich Kalmán

am 25.7.2024 (Premiere)

marr

Von Emmerich Kálmáns Meisterwerk Gräfin Mariza musste man in letzter Zeit schon viele eigenartige Re-ambitationen erdulden: in einem schauerlichen Einheitsbühnenbildbunker (Baden bei Wien), vor einer Plattenbausiedlung an einem ungarischen Stadtrand (Linz) etc,etc.

Das ist in Langenlois dankenswerterweise nicht der Fall. Hier wird das Schloss Haindorf 1:1 als Marizas Schloss behauptet. Wobei da wieder das Problem ist, dass es in den letzten Jahren dermaßen superpicobellopipifein renoviert (um nicht sagen: geliftet) worden ist, dass es jetzt als heruntergekommenes Landgut in der Pusztapampa nicht mehr wirklich glaubhaft ist. Weiter störend die davor angebrachten grauen Billigsteinfliesen, die man sonst nur aus den geschmacklosen Vorgärten hiesiger Zweitwohnsitzeinfamilienhäusern kennt. Drumherum hat man wundervoll stimmigen Rindermulch aufgeschüttet. Warum nicht gleich auch auf der „Terrasse“ ?Das bleibt rätselhaft.

Ansonsten präsentiert der verdienterweise musiktheaterpreisgekrönte Regisseur Peter Lund (den man mit so „verrückten“ Sachen wie Axel an der Himmelstür oder Die Blume von Hawaii etc, kennt) hier offenbar seine „Classic“ oder gar „Vintage“ Inszenierungsstil-Zweitlinie. Es ist eigentlich alles so wie man es sonst kennt, wie man es gewohnt ist und wie man es sich erwartet. Gelegentlich weht sogar der Geist Bobby Herzls über die Weinviertler Szenerie…

Einerseits hätte ein klein wenig mehr Interpretation wohl auch nicht geschadet, andererseits ist man wiederum heilfroh, dass an diesem Abend Zigeunerweisen Zigeunerweisen heißen und nicht etwa „Banditenweisen“. Lachen sie nicht, aber bei der ansonsten tollen Venus in Seide-Produktion am Opernhaus Graz wurde das „Z-Wort“ durchgehend durch das B-Wort ersetzt – was natürlich in jeder Hinsicht absoluter Schwachsinn ist und den Sinn des Werkes völlig entstellt.

Auch singt man in Langenlois nicht pcwokemässig „Komm, Sinti und Roma, komm Sinti und Roma, spiel mir was vor“ sondern ganz original „Komm, Tzigan…“. Schon einmal ein Pluspunkt.

Die Aufführung ist sauber, ordentlich und gefällig und wäre eigentlich ein Genuss gewesen, wenn es nur, ja wenn es nur…einen Tenor gegeben hätte. Der amtierende (seinen Namen sollte man eigentlich nicht nennen, aber er hiess Oliver Ringelhahn), rumpelte und krächzte und krähte dermassen vor sich dahin, dass man vor lauter Mitleiden gar nicht mehr zuschauen und zuhören konnte…Eine unerträgliche Qual.

Cornelia Horak als Gräfin hat die Mariza schon oft gesungen und hat die Rolle klarerweise intus…aber ohne adäquaten Gegenpart ist es natürlich schwierig bis unmöglich, diese ungeheuerliche Liebesgeschichte auf sich allein gestellt zu erzählen…

Tina Josephine Jaeger ist zwar sehr robust für das Schwesterlein, singt aber ganz wunderbar, und vor dem „alten“ Schlachtross Ulrike Steinsky als Zigeunerin Manja muss man überhaupt auf die Knie gehen.

Den Vogel an diesem Abend schoss aber eindeutig Erwin Belakowitsch als Baron Kolomán Zsupán ab. Er lieferte in schönsten Ungooorisch eine köstliche Parodie dieser ohnehin schon als Parodie gemeinten Figur ab, allerdings ohne jegliche Übertreibung und Outrage. Jede Pointe saß, die Szenenappläuse waren ihm sicher. Ein Abräumer im großen Stil. Player of the Game.

Als Bonustrack wäre allerdings auch Intendant Christoph Wagner-Trenkwitz in Drag als „Tante-ex-machina“ Bozena hervorzuheben. Auch hier jede Vermeidung von plumpem und vulgärem Genderswitching wie man sie zuletzt sehr oft (ob in Baden, an der Volksoper oder in Ischl) erleiden musste. Kein Hauch von Charlys Tante-Ulk, sondern eine vornehme, elegante Dame der Höheren Gesellschaft, souverän auch in ihrem wiegenden Gang trotz Stöckelschuhen. Ein Kabinettstückchen. Wäre allein schon die Reise nach Langenlois wert…

Robert Quitta, Langenlois

 

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