Kulturinstitutionen in Wien: Ausländische Führungskräfte sind die Chefs
„Ist Wien überflüssig?“ betitelte Georg Kreisler 1987 einen Satireband über Wiener Mentalität und so manch eigenartige hiesige Umgangsformen. Und aus dem Jahr 1964 klingt sein „Wie schön wäre Wien ohne Wiener!“ nach. Also, mit Führungskräften in Sache Kultur sind wir in solch einer Entwicklung bereits angelangt. Denn wo wir hinschauen: Gäste aus den Nachbarländern prägen die heimische Kultur und auch die Universitäten. Nun, Gäste? Die österreichische Staatsbürgerschaft wird den Chefs, Universitätsprofessoren, etc. zum führenden Posten dazu verliehen.
Bitte, hier ein kurzer Blick auf die lange Reihe unserer gegenwärtigen führenden Gestalter der Kulturszene von Wien, welche nach Österreich geholt worden sind:
Kunsthistorisches Museum: ruhiger Amerikaner * Albertina: frisch ein Deutscher * Musikverein: aus Deutschland geholt * Volksoper: eine fesche Holländerin * Theater an der Wien: norwegischer Theatermann * Museum moderner Kunst: eine deutsche Dame * Naturhistorisches Museum: eine Hamburgerin * Wiener Festwochen: munterer Schweizer * Burgtheater: aus Deutschland geholt * Staatsballett: eine arge Schweizer Fehlbesetzung muss gehen, eine Italienerin kommt * Kunsthalle im Museumsquartier: Engländerin * Weltmuseum: Dame aus Deutschland * Akademie der bildenden Künste: deutscher Rektor * Max Reinhardt Seminar: deutsche Theaterlady * Tiergarten Schönbrunn: Deutscher * Volkstheater: ein Deutscher geht, ein Deutscher kommt * Theater der Jugend: Münchener geht, noch nicht neu besetzt * Angewandte: eine deutsche Rektorin, doch nun wieder weg * Rektor der Wiener Universität: ein Düsseldorfer * Foto Arsenal: aus Deutschland * Im Operntempel auch kein waschechter Österreicher, und so weiter, wird hier jemand übersehen?
Antworten auf diese Entwicklung? Dies ist jedenfalls das Zeichen eines gewissen Verfalles von Bildung und Kultur. Solch ein Verlust an führenden eigenen Perönlichkeiten muss seine Gründe haben. Sicher ist ein Problem, dass die Bildungsprozesse in den letzten Jahrzehnten nicht richtig funktioniert haben. Von den Randbezirken so auch bis in die Akademien. Kein wertschätzender Umgang mit den eigenen Menschen? Wiens Bürgermeister und die Obersten in seinere Riege gehen nicht auf diese Problematik ein. Aufgetrumpft wird mit dem andauernd vorgetragenen Selbstlob: „Wien ist weltweit die lebenswerteste Stadt!“ Und nochmals: „Die lebenswerteste Stadt!“. Von einer Freien Republik Wien ist nun wieder im Vorfeld der kommenden Festwochen zu hören. Deren derzeitiger Schweizer Chef Milo Rau neigt ganz schön zum Rumoren, kostümiert sich als Schamane und wirbt für eine ‚republic of love‘. Wäre nicht schlecht. Doch die Stadtväter wird er trotz so manch anderer seiner spielerischen Schlachtrufe nicht stürzen – die Festivalgelder kommen nun einmal von dieser Seite.
Meinhard Rüdenauer