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KS Olivera Miljakovic zum 90. Geburtstag – 24.4.2024

KS Olivera Miljakovic zum 90. Geburtstag

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 Als ich noch als Halbwüchsiger Olivera Miljakovic Mitte der Siebzigerjahre als Papagena das erste Mal in der Wiener Staatsoper erlebt habe, habe ich mich auf Anhieb in sie verliebt. Mit ihrer herzlichen Art, mit der sie ihre Partien auszustatten wusste, machte sie es dem Publikum nicht schwer sie zu lieben. Dies war eigentlich auch ihr Markenzeichen, sie sang nicht nur mit ihrer bezaubernden Sopranstimme, sondern vor allem mit ihrem Herzen. Ihre musikalischen Qualitäten waren genauso wichtig wie ihre unbeschreibliche Gesangskultur, die in der Leichtigkeit und Souveränität ihrer Stimme in jeder Situation zum Ausdruck kam, dazu gesellte sich ihre Schönheit und ihr außergewöhnliches schauspielerisches Talent.

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Olivera Miljakovic als Papagena.

Eigentlich wollte sie ja Pianistin werden, studierte dann Kunstgeschichte und ließ sich von Freunden dann doch noch zum Gesangsstudium überreden. Die berühmte italienische Primadonna Gina Cigna gab ihr den letzten Schliff, bevor sie ihre Karriere zunächst in Belgrad startete. Sie träumte immer davon einmal eine Aufführung an der Wiener Staatsoper besuchen zu dürfen. Dass sie einmal hier singen würde, das hätte sie wohl zu diesem Zeitpunkt nicht einmal zu träumen gewagt. Die Altistin Biserka Cvejic, die bereits seit 1960 an der Wiener Staatsoper engagiert war, riet ihr doch mal in Wien vorzusingen. So reiste Olivera Miljakovic nach Wien, sang Herbert von Karajan vor und wurde von diesem sofort engagiert.

Im Oktober 1962 gab sie dann (im Redoutensaal) ihr Debüt als Despina in „Cosi fan tutte“. Dann ging alles ziemlich schnell, die erste Vorstellung im Haus am Ring war der Oscar im „Maskenball“ (mit Leyla Gencer, Biserka Cvejic, Giuseppe Zampieri und Aldo Protti als Partnern), und nach dem Cherubino im Redoutensaal folgten bereits die ersten Premieren: der Siebel in „Faust“ (damals noch unter dem Namen „Margarethe“) unter Georges Prêtre und die Damigella in Monteverdis „Die Krönung der Poppea“ unter Herbert von Karajan. 32 Jahre blieb sie ein treues Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, an der sie in mehr als 770 Vorstellungen aufgetreten ist.

Herbert von Karajan holte sie dann auch zu den Salzburger Festspielen, wo sie unter seiner Leitung den Fjodor in „Boris Godunow“, die Frasquita in „Carmen“ und die Zerlina in „Don Giovanni“ sowie unter Karl Böhm die Susanna in „Le nozze di Figaro“ und die Echo in „Ariadne auf Naxos“ gesungen hat. Außerdem sah man sie dort auch als Serpina in Pergolesis „La Serva Padrona“. Karl Böhm holte sie dann auch an die Deutsche Oper Berlin und zu den Bayreuther Festspielen (als Hirtenknabe in „Tannhäuser“). Im Mittelpunkt ihres Repertoires standen vor allem Mozart-Partien (Ilia, Blondchen, Cherubino, Susanna, Zerlina, Despina, Papagena) und Richard Strauss (Sophie, Zdenka), aber auch die Marzelline in „Fidelio“, das Ännchen im „Freischütz“, der Ighino in „Palestrina“ und die Nannetta in „Falstaff“ von Verdi.

Eine ihrer Lieblingspartien war der Jano in „Jenufa“. Als sie in der Ära Maazel plötzlich nicht mehr den Jano sondern die Karolka in derselben Oper singen sollte, war sie zunächst sehr enttäuscht. Doch mit ihrer Professionalität und immerwährenden Begeisterung wandte sie sich dieser neuen Aufgabe zu und gestaltete die Rolle dermaßen sympathisch, dass  man zum ersten Mal verstand, warum Stewa lieber sie heiraten möchte. Auch ihre warmherzige Schwester Genoveva in „Schwester Angelica“ wird einem immer in Erinnerung bleiben.

So glücklich, wie ihr Engagement an der Staatsoper begann, so glücklich ging es auch zu Ende. Als Carlos Kleiber 1994 für drei Vorstellungen des „Rosenkavalier“ noch einmal an die Staatsoper zurückkehrte, stand die für die Rolle der Leitmetzerin vorgesehene Sängerin bei Probenbeginn noch nicht zur Verfügung. Olivera Miljakovic schleppte sich mit Krücken (ich weiß nicht mehr ob in Folge eines Unfalls oder einer Operation) in die Staatsoper, um die Proben zu übernehmen. Carlos Kleiber war von ihr begeistert und bestand darauf, dass sie nicht nur in den drei Vorstellungen an der Staatsoper sondern auch in den Aufführungen im Rahmen eines Japan-Gastspiels in der nächsten Spielzeit singen sollte. So kam es, dass Olivera Miljakovic, zu diesem Zeitpunkt bereits in Pension, ihre letzten Staatsopernabende im fernen Japan absolvierte.

Bereits während ihrer aktiven Laufbahn begann sie Gesang zu unterrichten und sie tat dies mit Begeisterung, zunächst im Opernstudio der Wiener Staatsoper, dann auch privat. Zusätzlich gab sie Meisterklassen auf der ganzen Welt. Als Olivera Miljakovic im Musikverein in einem Konzert anlässlich ihres 50-jährigen Bühnenjubiläums noch einmal die Rosenarie der Susanna sang, klang ihre Stimme immer noch unglaublich jung und frisch. Sie hat sich diese Jugendlichkeit nicht nur in ihrer Stimme bewahrt. Die Unterrichtstätigkeit, die sie bis heute ausübt, hält sie jung und hat ihr geholfen so manchen Schicksalsschlag zu bewältigen.

Liebe Olivera, alles Gute zum Geburtstag und danke für so viele unvergessliche Abende.

Walter Nowotny

 

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