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Krzysztof Pendereckis „Lukas-Passion“ von den Salzburger Festspielen 2018 bei BIS Records erschienen

30.06.2020 | cd

Krzysztof Pendereckis „Lukas-Passion“ von den Salzburger Festspielen 2018 bei BIS Records erschienen/

Brücke von Liturgie und Neuzeit

Krzysztof Penderecki: Lukas-Passion ("Passio et Mors Domini nostri ...

Sinnfälliger Rhythmus und unmittelbarer Klang beherrschen Pendereckis „Lukas-Passion“, die auch in der vorliegenden Aufnahme von den Salzburger Festspielen 2018 überzeugt. Der Eklektizismus wird hier konsequent weiterentwickelt. Krzysztof Penderecki hatte vor allem mit seiner fulminanten „Lukas-Passion“ schnellen Erfolg, die im Jahre 1966 vom Westdeutschen Rundfunk im Dom zu Münster uraufgeführt wurde. Auch hier arbeitet Penderecki hauptsächlich mit Clusters – so genannten „Trauben aus Tönen“, bei denen innerhalb eines bestimmten Intervalls alle chromatischen und diatonischen Zwischentöne gleichzeitig erklingen. Zusammen mit dem expressiv musizierenden Orchestre Symphonique de Montreal legt Kent Nagano hier eine aufwühlende Interpretation vor, die großräumig wirkt und natürlich an Pendereckis Oper „Die Teufel von Loudun“ denken lässt. Sarah Wegener (Sopran), Lucas Meachem (Bariton, Christus), Matthew Rose (Bass) und Slawomir Holland (Sprecher) lassen das Geschehen hier zu einem akustischen Erlebnis werden. Der Philharmonische Chor Krakau und der Warschauer Knabenchor tragen zusätzlich dazu bei, dass polyphone Prozesse trotzdem klanglich immer durchsichtig bleiben. Glühende Farben und emotionale Kraft beeindrucken den Hörer hier gleichermaßen stark. Kent Nagano achtet  insbesondere auf die Struktur sowie die inneren harmonischen Zusammenhänge des Werkes. Diese beiden großangelegten Teile verleugnen nicht die versteckte Nähe zu Johann Sebastian Bach. Auch Palestrina und Schütz bleiben spürbar. Dramatische Chorszenen und meditative Sologesänge besitzen starke Konzentration, die verschiedenen Gruppenglissandi erreichen eine facettenreiche Differenzierungskunst, angefüllte Klangflächen scheinen immer wieder zu explodieren. Selbst wenn die Tonqualität dieser in der Felsenreitschule produzierten Aufnahme stellenweise noch plastischer sein könnte, zeigen gerade die Gesangssolisten bei den intervallisch weitgespannten Solopartien voluminöse Präsenz. Insbesondere das „Stabat mater“ beeindruckt nachhaltig in seiner bewegenden Schlichtheit und feierlichen Größe. Auch die polyphone Ausarbeitung der beiden Zwölftonreihen unter Berücksichtigung des B-A-C-H-Motivs prägt sich tief ein. Die kanadische Premiere dieses Werkes fand übrigens am 14. Juli 2018 beim Festival de Lanaudiere in Joliette (Quebec) mit dem Orchestre symphonique de Montreal unter Kent Nagano statt. 

Alexander Walther

 

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