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KÖLN: Willy Ketzer auf der Kabarettbühne des Kölner Senftöpfchens. „Mit dem Namen kannst du nicht Papst werden“

Willy Ketzer auf der Kabarettbühne des Kölner Senftöpfchens

Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger

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-Auftritt mit Tobias Sudhoff und Monsignore Kubo: Foto Andrea Matzker

Wer zur Premiere der Buchvorstellung „Mit dem Namen kannst du nicht Papst werden“ von Willy Ketzer ins Kölner Senftöpfchen kommen wollte am 18. August 2023, musste sich früh in die Kölner Innenstadt aufmachen bei dem herrlichen Wetter, denn neben berstend vollen Restaurants, Bars und anderen Lokalitäten sowie vielen abgesperrten Straßen fanden zwei völlig ausverkaufte Großveranstaltungen am Dom statt. Kent Nagano führte mit dem Dresdner Festspielorchester und Concerto Köln in der Philharmonie das Rheingold orientiert am Originalklang auf, es gab keinen einzigen der 2000 Sitzplätze mehr, die Warteschlange vor der Philharmonie war lang. Zusätzlich fand das Open-Air-Konzert der Kölschrock-Gruppe Brings mit dem Beethoven Orchester aus Bonn auf dem Roncalliplatz vor 3800 Besuchern statt. Die Staus waren unendlich, denn alle Parkhäuser waren komplett überfüllt, und auch davor befanden sich Warteschlangen. Wer die Lage des Senftöpfchens in der Kölner Innenstadt kennt, weiß wie schwierig es ohnehin schon ist, dort einen Parkplatz zu ergattern. Demzufolge musste denn auch der Hauptdarsteller des Abends seine eigenen Gäste und Freunde vor dem Theater in und aus der Warteschlange geleiten, bevor die Premiere anfangen konnte. Auch das Senftöpfchen war bis auf ein paar Balkonplätze komplett ausverkauft.

Weihevoll läutet Messdiener Monsignore Kubo, dargestellt von Verleger und Mitherausgeber Joachim Kubowitz (Verlag „sonare – klang, kultur, literatur“), die Veranstaltung zu Kirchenklängen von Tobias Sudhoff am Piano ein, bis Willy Ketzer selbst unter großem Beifall im roten Kirchentalar auftritt. Er beginnt sogleich: „Wir hätten uns sehr gefreut, Herrn Kardinal Woelki, der heute Geburtstag hat, hier begrüßen zu dürfen, doch seine Frau hat ihm abgeraten, und sein Sohn hat ihm gesagt: ‚Papa, da kannst du nicht hingehen bei diesem Namen!‘ Vielleicht klappt es ja ein andermal.“ Passend zu dem Auftritt spielte diese „kleinste Bigband der Welt“ dann den Jazz Standard „When The Saints Go Marchin‘ In“, der ursprünglich ein geistiges Lied aus der Gospelszene war.

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Willy Ketzer plaudert unaufgeregt aus seinem Leben. Foto: Andrea Matzker

Völlig unprätentiös und locker-flockig erzählt Willy Ketzer von seinen italienischen Ursprüngen im 17. Jahrhundert, seiner Messdiener-Zeit in Rheinland-Pfalz, seinen Anfängen als Musiker und seinen Erfahrungen als Schlagzeuger, beginnend mit der Zeit in der Bigband von Kurt Edelhagen bis jetzt. Für diesen Abend hat er mal eben seine Tournee mit Helge Schneider von 100 Konzerten unterbrochen. Viele köstliche Anekdoten wechseln sich ab mit musikalischen Darbietungen, die alle mit dem Lebenslauf und der Karriere Willy Ketzers zu tun haben. Er erwähnt viele Dinge, von denen man, auch als musikinteressierter Zuhörer, noch nichts wusste, auch legt er großen Wert auf die namentliche Nennung der tatsächlichen Autoren eines jeden Stückes, wie zum Beispiel Bert Kaempfert, der ja nicht nur durch „Stangers In The Night“ bekannt geworden ist, sondern auch durch „L.O.V.E.“, damals interpretiert von der Nat King Cole. Er erzählt von Paul Anka und vielen anderen großen Stars, mit denen er zusammengearbeitet hat und immer noch auftritt. Dabei ist es ihm auch wichtig, Jacques Revaux zu erwähnen, der den Originaltitel „Comme d’habitude“ 1967 mit Claude François ursprünglich schrieb, den dann Paul Anka ins Englische übersetzte, bevor er etwa ab 1968 als „My Way“ durch Sinatra weltberühmt wurde. Revaux bezieht zwar womöglich seine wohlverdienten Tantiemen, wird aber so gut wie nie erwähnt, und dem will Willy Ketzer mit Gerechtigkeit entgegenwirken, zumal der 1940 geborene Autor und Musiker noch lebt.

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Willy Ketzer mit seinem neuen Buch im Senftöpfchen. Foto: Andrea Matzker

Nach der Pause kommen alle drei Musiker im Smoking auf die Bühne und machen eine blendende Figur. Der Schlagzeuger erzählt von seinen Tourneen mit Klaus Doldinger und dessen Band Passport durch die ganze Welt. Mit ihm nahm er auch 1977 die heute bereits seit Jahren laufende Titelmelodie vom „Tatort“ der ARD auf. Auch bei der Titelmelodie vom „Aktuellen Sportstudio“ im ZDF wirkte er maßgeblich als Schlagzeuger mit. 33 Jahre lang begleitete er Paul Kuhn und hat nur gute Worte für ihn, denn in all diesen Jahren habe er von ihm kein einziges „böses Wort“ gehört. Er selbst würde es im Leben nicht einmal schaffen, 24 Stunden lang so geduldig zu sein, denn er müsse immer gleich die Dinge beim Namen nennen. Ein besonders eindrucksvolles und besinnliches Lied mit dem Titel „Mai 45“ wird hervorragend dargeboten von Joachim Kubowitz als Sänger, begleitet von Tobias Sudhoff und Willy Ketzer und hinterlässt beim Beifall ein sehr nachdenkliches Publikum das besonders durch die Nähe zur Aktualität ergriffen ist.

Ausführlich und mit großem Respekt berichtet er über unvergessliche Erlebnisse mit dem einzigartigen rumänischen Pianisten Eugen Cicero und dem legendären ungarischen Bassisten Aladár Pege, der das Instrument von Charles Mingus spielte und es immer gegen das Entgelt einer Knoblauchsalami bei Willy Ketzer zu Hause abstellte, damit er es nicht tragen musste, ohne dass der wusste, welchen Schatz er beherbergte. Bevor er weiter zu Anekdoten mit Helge Schneider kommt, mit dem er seit 2010 regelmäßig gastiert, erklingt „Take The A Train“. Willy Ketzer stellt seine beiden Mitstreiter vor und bietet im letzten Stück „Calypso St. Thomas“ aus dem Jahr 1956 von Sonny Rollins, der übrigens auch noch lebt, ein fulminantes und virtuoses Schlagzeug-Solo von fast 10 Minuten Dauer.

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Der Meister am Schlagzeug. Foto: Andrea Matzker

Nach zwei weiteren Zugaben, einem kurzweiligen Programm von insgesamt knapp zwei Stunden und Blumen von der Prinzipalin Alexandra Kassen begrüßt er noch viele Freunde und Kollegen, signiert sein Buch und gibt Autogramme. Dann muss er schnell weg, „zu einem Geburtstag“, wie er sagt. Eine charmante Besucherin, die das hörte, meint augenzwinkernd: „Zum Kardinal?“

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Willy Ketzer erzählt humorvolle Anekdoten aus seiner Karriere. Foto: Andrea Matzker

Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger

 

 

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