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KÖLN/ Staatenhaus1: EINE FRAU VON FORMAT von Michael Krasznay-Krausz

28.05.2025 | Operette/Musical

KÖLN/Staatenhaus Saal 1 – Eine Frau von Format (Michael Krasznay-Krausz)

besuchte Vorstellung: 27.5.2025

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Wer kennt Michael Krasznay-Krausz? Immerhin einer der bekanntesten Operettenkomponisten der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. Gemeinsam mit Paul Abraham studierte er in Budapest Komposition und wollte „ernste“ Musik und Opern schreiben. Doch nach erfolgreichen Aufführungen in Wien und Berlin verlegte er sich auf die Operette. Hunderte Theaterdirektoren wollten seine Werke nachspielen. Die Uraufführung der „Frau von Format“ fand in Berlin mit Fritzi Massary und Max Hansen 1927 im Theater des Westens statt. Vorstellungen in Wien und Linz sind nachweisbar, dann wird es schon trüb mit den Fakten.

Der Regisseur Christian von Götz recherchierte und fand über einige Umwege einen Klavierauszug mit dänischen Texten. Viele Ausgrabungen bleiben Eintagsfliegen, aber diese Produktion macht Lust auf weitere Funde. Mithilfe des ausgewiesenen Spezialisten der Berliner Operette, Adam Benzwei, der die musikalischen Arrangements erstellte und selbst am Klavier das Gürzenich-Orchester Köln leitete, gelang eine wahre Trouvaille des Genres der leichten Unterhaltung. Wie schwer das allerdings zu realisieren ist, beweist das Zusammenspiel aller Beteiligten.

Das Bühnenbild von Dieter Richter: Ein auf der Drehbühne platzierter runder Turm mit Doppelebene und gut zwanzig Türen im Erdgeschoss erlaubt eine rasante Spielwiese. Die fantasievollen Kostüme von Sarah Mittenbühler lassen den Charme der verrückten 20er Jahre in Berlin voll zur Geltung kommen. Und Personal gab es genügend, neben dem Chor der Oper Köln, sechs Tänzern und neun Solistinnen, erschien noch die Familie des Regisseurs als Statisten in der turbulenten Szenerie.

Die Handlung ist einigermaßen absurd, aber stimmig, als wäre sie in unserer Zeit angesiedelt. Es geht um ein Handelsabkommen zwischen dem Operettenstaat Silistrien und Ungarn oder der Türkei. Warum gerade nur eine Nation davon profitieren kann, lassen wir einmal beiseite. Der ungarische Bevollmächtigte Graf Tököli auf der einen Seite und die türkische Diplomatin Dschilly Bey bemühen sich nach Kräften um die Gunst der silistrischen Fürstin. Was irgendwie nach trockenem Handlungsstrang klingt, entpuppt sich als satirisch-ironische Persiflage auf österreichisch-ungarischen Adel, Diplomatengetue, Geschlechterthema, sprachliche Aneignung und stereotype Operettenhandlung. Alles wird hier einbezogen, witzig, ohne jemals belehrend zu wirken.

Ohne Annette Dasch als selbstbewusste Frau und Diplomatin geht hier gar nichts. Sie weist das Publikum in die entsprechenden Beifallskundgebungen bei ihren Auftritten ein und hat sofort alle in ihren Bann genommen. Sie ist der zentrale Punkt des Abends, steuert zu einem Chanson selber den Text bei und spielt umwerfend die Frau von Format. Wenn sie augenzwinkernd meint: „Ich liebe das Regietheater“, dann hat einfach alles seine Berechtigung auf der Bühne. Als Fürstin Petra ist Claudia Rohrbach wie wir alle für Schmeicheleien empfänglich, als sie aber dahinter Absichten erkennt, auch entsprechend wütend und entrüstet. Geschlechter werden getauscht, der Kanzler des Phantasielandes ist die wunderbare KS Dalia Schaechter, die Baronin wird vom exzellenten Tobias Hieronimi gemimt. Das sogenannte Buffopaar umwerfend von Giulia Montanari und dem Gast Richard Glöckner mehr als verkörpert. Letzterer natürlich mit ungarischem Akzent, nach Hinweis auf eine kulturelle Aneignung wechselt er perfekt ins Sächsische und hat die Lacher natürlich auf seiner Seite. Ein Gast aus der Komischen Oper Berlin, Stefan Sevenich, als Kölner Nachtclubbesitzer liefert das nötige Lokalkolorit und ist mehr als nur eine Nebenrolle. Als Graf Törköli ist der Tiroler Wolfgang Stefan Schwaiger nicht nur ein Operettenmacho ersten Grades, sondern im Laufe des Abends in seiner Abendtoilette, einem gelben Tüll- und Paillettenkleid, beinahe schon bemitleidenswert. Dass alle fabelhaft nebenbei noch tanzen, sei hier fast als Selbstverständlichkeit erwähnt.

Auch wenn viele das Genre für tot erklären, auf diese Weise wie hier in Köln ist ihr noch ein langes Leben beschieden.

(Otto Grubauer)

 

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