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KÖLN/ Staatenhaus: SALOME – Premiere

Ein inszenatorisches Missverständnis !

15.10.2018 | Oper


John Heuzenroeder, Dalia Schaechter, Ingela Brimberg. Copyright: Paul Leclaire

Köln / Staatenhaus: „SALOME“ – 14.10.2018

Ein inszenatorisches Missverständnis !

Theatersanierungen Land auf, Land ab – so auch siedelte die Oper Köln die Premiere der „Salome“ (Richard Strauss) in ein akustisch recht adäquates Ausweich-Quartier ins Staatenhaus um. Der Bühnenbildner Ben Baur nutzte die Dimensionen der Spielfläche mit wenigen Accessoires: Freitreppe (darüber das Orchester), Säulen, verbindende offene Dachkonstruktionen in weiträumig großzügiger Tiefen-Perspektive gekonnt aus.

Annemarie Woods kreierte die eleganten Roben der Party-Gesellschaft, die Verpackung der Salome geriet weniger attraktiv und erschufen somit eine zumindest optisch-ästhetische Grundsubstanz.

Der junge Amerikaner Ted Huffman verlegte die Dekadenz am Hofe Herodes zwei Jahrtausende später in gegenwärtige Gefilde, hielt unserer Gesellschaft quasi den Spiegel vor. Sexuelle Exzesse, Kindesmissbrauch etc. alles war vertreten, jede Menge Statisten und Tänzer lenkten völlig überflüssig von der Thematik ab. Der Tanz der Salome eine groteske, an Peinlichkeit unüberbietbare Persiflage, der Kopf des Jochanaan? Weit gefehlt SIE meuchelt IHN gar selbst. Man töte dieses Weib (der Gedanke ermächtigte sich meiner lange, sehr lange davor), fast alle werden erschossen – der Regisseur darf überleben! Sind wir der Dilettanten in unseren Breiten nicht längst überdrüssig? Bedarf es noch Importe derer aus Übersee?

Erfreuliche musikalische Komponente ließen jedoch das dubiose szenische Debakel vergessen. Absolute Stars der Aufführung blieben: Richard Strauss, Francois-Xavier Roth und das prächtig aufspielende Gürzenich-Orchester Köln. Der einfühlsame Dirigent ließ die Strauss´sche Partitur in völlig neuem Licht erstrahlen, immer dichter flossen überwältigende Passagen ineinander, kammermusikalische Lyrismen, emotionale Momente von elementarer Schönheit, im Gegensatz zur typischen konträren Klangkonstruktion des Komponisten mit ein. Roth bettete seine Solisten zu flüssigen Tempi, in bester Instrumental-Balance trug sie auf musikalischen Händen, dank des minutiös in allen Gruppen vortrefflich präparierten Orchesters. Detailliert beleuchtete der Dirigent den schillernden Farbenreichtum dieser wundervollen Komposition, ließ den Kontrapunkt Tanz der sieben Schleier im lasziv-sinnlichen, exotischen Sound zur orgiastisch steigernden, symphonischen finalen Ektase berauschend erklingen. Herrlich, wundervoll waren Herodes Worte – für wahr!

Die Titelträgerin die Sopranistin Ingela Brimberg schmeichelte in keiner Weise meinem Gehör. Ich erinnere mich nicht je zuvor (es waren bisher 40 diverse Damen) eine derart unvorteilhaft, regelrecht unangenehme und deplatziert eingesetzte Stimme in dieser Partie gehört zu haben.

Ausgezeichnet präsentierten sich dagegen ganz besonders ihre männlichen Partner. Allen voran Kostas Smoriginas als markant-prägnanter Jochanaan. In bester Phrasierung der Mittellage und feinen Zwischentönen interpretierte der junge Bariton den religiösen Fanatiker und vermittelte mit seinem wohltimbrierten Material, ein vorzügliches Debüt-Portrait des Täufers.

Fernab der gewohnten Charakterstudie des Herodes sang John Heuzenroeder mit schönem Timbre und tenoral lyrischen Tongebungen einen jüngeren und sehr agilen Tetrarchen. Seine Herodias (Dalia Schaechter) dagegen machte einer Keife alle Ehre.

Aufhorchen ließen ebenso der klangvolle Bass Luke Stoker (1. Nazarener), weichtönend der Mezzo der attraktiven Judith Thielsen (Page) sowie der helle Tenor des unglücklichen Narraboth (Dino Lüthy). Solide fügten sich die Stimmen Anton Kuzenok, Matthias Hoffmann, Lucas Singer, Yunus Scahinger, Alina Wunderlin als Nazarener, Soldaten, Cappadocier und Sklave sowie die fünf Juden Martin Koch, Ján Rusko, William Goforth, Alexander Fedin, Nicolas Legoux ins gewöhnungsbedürftige Geschehen.

Die Ovationen des Abends galten verdient Francois-Xavier Roth, dem vortrefflich musizierenden Orchester und leistungsgerecht verteilt den Solisten. Ein einsames Buh für das Regie-Team entfachte ein hitziges Pro und Contra.

Gerhard Hoffmann

 

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