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KÖLN/ Staatenhaus: LES TROYENS von Berlioz zu Saisonbeginn

26.09.2022 | Oper international

Premiere der „Trojaner“ in Köln zum Saisonbeginn der Spielzeit 2022/23 (24.9.2022)

Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger

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Les Troyens Premiere mit der Rundbuehne und ihren zwei Elementen. Foto: Matthias Jung

Mit Recht war man gespannt auf die Premiere des neuen Intendanten Hein Mulders in Köln, mit der er die kommende Opernsaison eröffnete. Dementsprechend war die Premiere im Saal 1 des Staatenhauses auch komplett ausverkauft. Trotz Interimsspielstätte und absolut überlangem Abend hatte man sich nicht gescheut, zum Antrittsbeginn des neuen Intendanten zu kommen und bis zur letzten Note zu bleiben. Sogar sämtliche Tischchen der Opernkantine waren rechtzeitig reserviert worden, damit die Gäste während der beiden halbstündigen Pausen ihren eigenen Tisch zur Verfügung hatten. Man hatte also tatsächlich mit einem Riesenprogramm von 5 Stunden rechnen müssen, die anschließende Premierenfeier noch nicht mitgerechnet.

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Premierenfeier Les Troyens in Köln: Hein Mulders mit Isabel Pfeiffer-Pönsgen. Foto: Andrea Matzker

Viele der Gäste befanden sich also an diesem denkwürdigen Abend sieben bis acht Stunden lang im Staatenhaus, um den neuen Intendanten und seine Crew gebührend zu feiern. Dazu gehörten auch Bundesinnenminister a. D. Gerhart Baum, NRW-Kulturministerin a. D. Isabel Pfeiffer-Pönsgen, die  Intendanten Franz Xaver Ohnesorg und Louwrens Langevoort der Kölner Philharmonie, Bandleader Harald Banter und – selbstverständlich – Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Diese hielt zu Beginn der Veranstaltung vor dem Vorhang eine kurze Ansprache, die allerdings bei der Bemerkung des Datums der voraussichtlichen Wiedereröffnung des großen Hauses vom Publikum lautes, aber herzliches Lachen erntete.

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Bei der Premierenfeier: Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum. Foto: Andrea Matzker

Die Auswahl dieses äußerst komplexen und als sehr schwierig geltenden Werkes ist der intensiven Zusammenarbeit des Generalmusikdirektors François-Xavier Roth mit dem neuen Intendanten zu verdanken. Es gehört schon eine gehörige Portion Mut dazu, sich mit einem solch komplizierten Werk in Überlänge vorzustellen. Eigentlich kann viel Schlimmeres danach nicht mehr passieren, und somit kommt diese Premiere quasi einen Sprung ins kalte Wasser gleich, den der neue Intendant allerdings mit Bravour und großem Erfolg meisterte.

Die Grand Opéra von Hector Berlioz auf ein eigenes Libretto nach Vergils Aeneis und einer Szene aus Shakespeares Kaufmann von Venedig aus dem Jahr 1856 hat fünf Akte und wird in französischer Sprache mit deutschen Untertiteln gesungen. Die Handlung dieses Spätwerks des Komponisten spielt in Troja und Karthago zur Zeit der Belagerung Trojas, wobei es um Auseinandersetzungen, Liebe und Leidenschaft geht. Die Probleme um Flucht vor dem Krieg, Gewalt und Suche nach Liebe und einer zuverlässigen Zukunft sind leider heute mehr denn je zur Realität geworden.

Über den ganzen Abend hinweg konnte man durchweg feststellen, dass es sich hierbei um ein Werk seines Landsmanns handelte, das dem Generalmusikdirektor ganz besonders am Herzen liegt. Die hoch konzentrierte, vierstündige Darbietung ließ es an nichts fehlen, weder an Sensibilität, Verve oder Temperament. Die Auswahl der durchweg jungen, sehr unterschiedlichen und sehr charakteristischen Hauptdarsteller war hervorragend und glaubwürdig. Jeder von ihnen war, auch im Timbre der Stimme, absolut unverwechselbar und bildete somit einen Teil des gesamten Tableaus. Chor und Orchester waren ebenso erstklassig und makellos. Alles zusammen erzeugte Begeisterung beim Publikum.

Spektakulär und trotzdem gleichsam zurückhaltend wie unauffällig war die gesamte Inszenierung von Johannes Erath, sodass das Hauptmerk die ganze Zeit über auf der Musik weilen konnte, und sämtliche szenischen Darstellungen lediglich dazu dienten, diese betonend zu untermalen. Eine ausgesprochen angenehme Situation, die es den Zuhörern durch den ganzen Abend hin sehr leicht machte, das ganze Werk ohne störende Ablenkungen zu verfolgen. Die Akustik war hervorragend, auch während all der erfindungsreichen und überraschenden Auftritte des Chores oder von Orchestermusikern aus den verschiedenen Räumlichkeiten und von unterschiedlichen Höhenniveaus des Hintergrundes, die zeitweise dafür sorgten, dass das Publikum sich selbst auf der Bühne wähnte.

Ein szenischer Höhepunkt ereignete sich während des Liebesduetts von Dido und Aeneas, als plötzlich der innere Kreis der Rundbühne mit dem Orchester begann, sich um 360 Grad zu bewegen, und zwar im Gegensinn zu dem äußeren, beleuchteten, laufstegartigen Ring, der fast durchgehend während des gesamten Werkes in Bewegung war und als Ringbühne des Hauptteils der Handlung fungierte.

Anhaltender Applaus belohnte diese beeindruckende, äußerst hörens- und sehenswerte Aufführung. Anschließend fand man sich im Saal 3 des Staatenhauses zur Premierenfeier ein, auf der der neue Intendant und der Generalmusikdirektor sich bei ihren Kollegen und Mitarbeitern bedankten und verdient bis in die frühen Morgenstunden feierten.

Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger

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Hein Mulders bei seiner Ansprache. Foto: Andrea Matzker

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Premierenfeier Les Troyens in Köln: Alle Beteiligten mit GMD Francois-Xavier Roth und Hein Mulders. Foto: Andrea Matzker

 

 

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