KÖLN: KÖNIG ARTHUR (Kinderoper) Wiederaufnahme-Premiere am 18.September 2016
Wer dächte bei dem Namen „König Arthur“ nicht an den legendären Herrscher der Tafelrunde? Doch obwohl in der Semioper Henry Purcells das Schwert Excalibur eine Rolle spielt und von der Burg Camelot gesprochen wird, ist das Werk eine Abenteuergeschichte eigener Art, von Mythosernst weitgehend unbelastet. Das Werk diente seinerzeit vornehmlich dazu, ein spektakelsüchtiges Publikum zufrieden zu stellen. Anders als bei dem dramaturgisch festgefügten Genre Oper könnten bei der im England des 17. Jahrhunderts sehr beliebten Semioper Musik und Dichtung durchaus für sich bestehen. Aber die „eindrücklichste Wirkung werden sie hervorbringen, wenn sie vereinigt sind, Geist und Schönheit in einer Person“, so Librettist John Dryden. Im Original sind Gesangsaufgaben ausschließlich Nebenfiguren übertragen, während die Protagonisten sprechen. Das ist bei der Fassung für die Kölner Kinderoper nicht so. Die einzelnen Veränderungen wären bei Bedarf zu prüfen; sie betreffen auch das Orchester. Für die Aufführungen der Kinderoper gelten wie immer folgende Bedingungen: Spieldauer nicht mehr als eine Stunde, Sängerbesetzung gemäß den Möglichkeiten des Opernstudios.
Die Leiterin der Kinderoper, BRIGITTA GILLESSEN, führt Regie. Bei ihr ist Arthur nicht sogleich König, sondern ein junger Mann, der am Theater Kulissen schiebt. Ein netter, aber etwas tumber Boy, dessen Ungeschicklichkeit fast eine Aufführung zu Fall bringt. Aber der Zauberer Merlin hat sich diesen Tolpatsch nun einmal ausgeguckt, sieht in ihm etwas „Hohes“ und hilft ihm, zum Helden Arthur zu reifen. Als solcher kämpft unser Boy erfolgreich gegen seinen Erzfeind Oswald und erringt bei dieser Gelegenheit auch noch die schöne Emmeline.
In diese Story könnte man fraglos einige politische Sprengkraft hinein interpretieren. Brigitta Gillessen vermeidet dies klugerweise und setzt voll auf die Zauberstory, zumal in dieser auch einige Geister mit von der Partie sind. Die Aufführung, fantasiereich gestaltet, gewinnt solcherart hohen Schauwert, und das dürfte für kleine Zuschauer (Empfehlung im aktuellen Falle: ab 8 Jahre) das Wichtigste sein. Von eher sekundärer Bedeutung ist, ob die Mitglieder des GÜRZENICH-ORCHESTERS ausgepichte Barock-Interpreten sind. RAINER MÜHLBACH nimmt als musikalischer Spiritus Rector der Kinderoper auch diesmal seine Aufgabe enorm ernst und bietet die inspirierte Musik Purcells klanglich wirkungsvoll und mit Elan. Bei der berühmten Frost-Szene des 3. Aktes friert es einen wirklich.
Das Theater-auf-dem-Theater-Konzept gibt UTE LINDENBECK reichlich Gelegenheit zu malerischer Ausstattung auf der Bühne ihrer „Round Table Opera“. Die Kostüme sind eine Augenweide und werden von den Sänger offenkundig gern getragen.
Der Transfer der Produktion vom Alten Pfandhaus in Kölns Südstadt, wo die Premiere des Purcell-Werkes am 2. Mai des Vorjahres stattfand, in das derzeitig als Interim genutzte Staatenhaus (besonders weitläufig das Arreal im oberen Stückwerk), wurde geschickt vorgenommen. Neu bzw. wesentlich deutlicher sichtbar sind die Fernsehmonitore, das Gürzenich-Orchester ist nunmehr ebenerdig platziert, während es früher auf einer hoch gelagerten Tribüne spielte, was der Aufführung etwas mehr Intimität verlieh.Doch der Unterschied ist qualitativ ohne Belang.
Im Ensemble des Opernstudios, welches die Sänger der Kinderoper stellt, hat sich nach anderthalb Jahren naturgemäß Einiges geändert. Der einstige Arthur, Stefan Wolfgang Schwaiger (in Wien wohlbekannt) wurde mittlerweile ins Hausensemble übernommen. Der Koreaner Insik Choi ist ein etwas kräftigerer Typ, aber gleichfalls ein liebenswerter Bursche (mit sehr markanter Stimme). Ale hilfreicher Merlin steht neuerlich KEITH BERNARD STONUM auf der Bühne. Zwischenzeitlich war der junge Tenor am Stadttheater Aachen engagiert (besonderer Erfolg: Wenzel), über weitere Karriereschritte wird man sicher erfahren. MATTHIAS HOFFMANN verkörpert überzeugend den grimmen Grimbald. Als Ritter über alles und Arthur-Gegner Oswald macht DINO LÜTHY mit einem überaus klangvollen Tenor (das Timbre erinnert ein wenig an Jonas Kaufmann) auf sich aufmerksam. Im Sopranfach zwitschern ohne Fehl und Tadel MARIA ISABEL SEGARRA (Emmeline), SARA JO BENOOT (Matilda) und MARIA KUBIASHVILI /(Philidel).
Enorm viel Beifall. Und wie immer war es bezaubernd, die Reaktion der kleinen Zuschauer zu beobachten.
Christoph Zimmermann