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KÖLN: Römische Badekultur am Neumarkt von Köln

03.08.2023 | Ausstellungen

Römische Badekultur am Neumarkt von Köln

Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger

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Prof. Marcus Trier vor der Baustelle/ Grabungsstätte. Foto: Andrea Matzker

Überraschend war für Professor Marcus Trier und seine Archäologen nicht, dass sie römische Relikte unter den mittelalterlichen Funden am Neumarkt entdeckten, denn unter dem gesamten Neumarkt verbergen sich noch viele Spuren aus der Vorzeit und der Römerzeit, die noch nicht ans Licht gebracht wurden, da dort nie wesentlich gebaut wurde. Aber immerhin war es sehr interessant, in dem relativ kleinen Schacht der 4 m tiefen Technikanlage für den neuen bzw. ehemaligen Brunnen am Neumarkt Teile einer ursprünglichen römischen Wohnanlage zu entdecken, die scheinbar nachträglich mit einem privaten Bad ausgestattet wurde. Damit gibt es im Kölner Innenstadtbereich inzwischen vier wiederentdeckte römische Badeanlagen.

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Die Argonnensigillata. Foto: Andrea Matzker

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Hypokauspfeiler, Schürkanal und schwarze Feuerstelle. Foto: Andrea Matzker

Wer aber glaubt, dass es sich dabei um einfache Badezimmer handelt, wie wir sie heutzutage benutzen, der dürfte sich sehr wundern und wird äußerst überrascht, wie hoch die Wohn- und Badekultur in der Römerzeit in Köln schon gewesen ist. Es gab heißes Wasser bis zu 50 °C, lauwarmes Wasser und kaltes Wasser, wie in einer Luxussauna. Und auch die Raumtemperatur wurde durch die Heizanlage reguliert, denn sie fungierte ebenfalls als Fußbodenheizung. Durch ein Feuer gestiftete heiße Luft zirkulierte über einen Schürkanal durch die Hypokaustpfeiler unter dem Boden der Wohnung. Die Römer verfügten bereits über einen besonders hitzebeständigen Mörtel, der Wand und Mauern auch bei großer Hitze zusammenhielt. Man sieht noch rosa bis orangene Überreste davon an den Steinen. Alle fehlenden Materialien der Anlage wurden für neue Bausubstanz entnommen. Die benachbarte Kirche Sankt Aposteln aus dem elften Jahrhundert, zum Beispiel, besteht aus fast ausschließlich römischen Mauerresten, die aus der Erde geborgen und wieder benutzt wurden, da Mauerwerk sehr teuer war.

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Cipolina-Marmor vom Badezimmer-Fußboden. Foto: Andrea Matzker

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Beispiel für ein römisches Bad in der Villa Borg. Foto: Andrea Matzker

Einzelne Fundstücke beglücken die Archäologen ganz besonders bei diesen Ausgrabungen, da sie durch sie die Entstehungszeit relativ klar eingrenzen können. Dazu gehört ein Stück des Badezimmerfußbodenbelages aus ehemals sicher etwas grünerem Cipollino-Marmor, der damals bereits aus Griechenland importiert wurde und auch davon zeugt, dass es sich bei den Besitzern der Wohnanlage um wohlhabende Bürger der Stadt gehandelt haben muss. In dieser absolut zentralen Lage zwischen Stadttor und den Hauptachsen der römischen Innenstadt konnte sich nicht jeder eine Wohnung leisten. Es ist genauso wie heute… Bemalte Wandputzreste lassen erahnen, wie  prächtig diese Badeanlage ausgeschmückt war. Ein kleines Stück Argonnensigillata, das mit dem Rollrädchendekor verziert ist, erlaubt die Einstufung des Fundes auf das späte vierte oder das frühe fünfte Jahrhundert. Im Gegensatz zur mittelalterlichen Schicht, die vor wenigen Wochen ausgegraben und vorgestellt wurde, und in der gerade mal eine einzige Münze gefunden wurde, fanden die Archäologen in der römischen Schicht bisher rund 50 Münzen. Die meisten davon sind ziemlich korrodiert und müssen erst behandelt werden, aber ein Exemplar zeigt deutlich und klar den Kaiser Valens, der von 364 bis 378 regierte. Er starb unter dubiosen Umständen, wahrscheinlich in der Schlacht von Adrianopel. Für den bedeutendsten Geschichtsschreiber dieser Zeit, Ammianus Marcellinus, bedeutete diese Periode den Anfang vom Ende des Römischen Reiches. Sein Geschichtswerk, die „Res Gestae“, enden mit dem Bericht über diese Schlacht, in der Kaiser Valens höchstwahrscheinlich umkam.

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Römische Münze mit Kaiser Valens.

Von den 50 Tagen, die den Archäologen zugestanden wurden, um etwaige Funde zu sichten, zu reinigen, zu bestimmen, für wissenschaftliche Bearbeitungen zur Verfügung zu stellen und zu katalogisieren, sind bereits 35 Tage verbraucht. In den nächsten 15 Tagen muss alles restliche Kulturgut aus der Baugrube gesichert werden, denn man hält sich akribisch an den Bauplan. Aus einer früheren römischen Bauphase könnten unter der hier gefundenen Wohn- und Badeanlage Holzbauwerke zutage treten. Wenn also nicht noch ganz besonders sensationelle Funde auftauchen sollten, war dies der letzte Einblick in das Erdreich vom Neumarkt für die kommende Zeit, bis irgendwann in Zukunft dort wieder einmal eine Baustelle eingerichtet werden sollte. Wichtige römische Artefakte aus der Baugrube gelangen in den Fundus des Römisch Germanischen Museums, der Rest wird wieder von Erde und der Technikanlage für den Brunnen überdeckt, sodass auch zukünftige Generationen noch etwas zu entdecken haben.

 

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