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KÖLN: Römisch-Germanisches Museum am Interimsstandort „Belgisches Haus

Alte Schätze im neuen Licht

23.11.2019 | Ausstellungen

Alte Schätze in neuem Licht

Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger

Vor über einem Jahr musste das altehrwürdige Römisch-Germanische Museum am Roncalliplatz in Köln wegen diverser bautechnischer Mängel schließen, nachdem diesen in der Nachbarschaft der Hohen Domkirche gelegenen Publikumsmagneten mehr als 20 Millionen Besucher seit der Eröffnung im Jahre 1974 besucht hatten. Eine Generalsanierung ist geplant. Auf der Suche nach Interimslösungen, um die wichtigsten und wertvollsten Schätze des Museums auch während der 5-6 Jahre dauernden Generalsanierung und Bauzeit repräsentativ zeigen zu können, fand man eine in Köln bekannte Immobilie, das Belgische Haus, eine Adresse, wo seit Kriegsende Kultur und Kunst immer gepflegt wurden. Viele Kölner erinnern sich noch an die Anfangszeiten des Wiederaufbaus der zertrümmerten Stadt, als hier die ersten Konzerte, Lesungen und Ausstellungen stattfanden. Das Haus verfügt nach wie vor über einen der schönsten Konzertsäle Kölns.


Eröffnung der Interimsaustellung im renovierten Belgischen Haus in der Cäcilienstraße. Foto: Andrea Matzker

Die anfängliche, in Köln zur Zeit sicherlich verständliche Zurückhaltung und Scheu beim Betreten eines Interimsquartiers wich völliger Begeisterung bei den ersten Besuchern der Ausstellung des Römisch-Germanischen Museums im neu renovierten Belgischen Haus an der Cäcilienstraße. Voller Stolz präsentierte Museumsdirektor Marcus Trier 1000 Funde auf 1000 m². 25 % der gesamten Sammlung werden somit neu präsentiert. Neben zauberhaftem, kunstvollem Schmuck, Statuen, Büsten, der bedeutenden Glas-Sammlung, Alltagsgegenständen, medizinischem Besteck, anschaulichen Dokumentationen und Animationen gibt es auch viele außergewöhnliche, bemerkenswerte, ja fast bizarre und skurrile Begebenheiten um die ausgestellten Objekte.


Das bronzene Antlitz des göttlichen Ozeans. Foto: Andrea Matzker

Allein die Vorgeschichte zur Entstehung des Römisch-Germanischen Museums bietet Stoff für einen spannenden Krimi, fast eine „kölsche“ Miniversion der Jahrtausendentdeckung des Tutanchamun durch Howard Carter. Das Dionysos-Mosaik, 1941 bei der Anlage eines Luftschutzbunkers, des Dombunkers, unmittelbar neben dem Kölner Dom entdeckt, besteht aus ca. 1,5 Millionen Steinchen und ist über 70 m² groß. Als Bodenmosaik des Speisesaals einer römischen Villa zeigt es einen trunkenen Dionysos respektive Bacchus, musizierende Mänaden und Satyrn sowie einen auf einem Löwen reitenden Amor. Es gilt als das bedeutendste römische Bodenmosaik, das bisher jemals nördlich der Alpen gefunden wurde. Das derzeitige Gebäude wurde 1974 als „Schaufenster in die Römerzeit“ rundherum um das Mosaik konzipiert und eröffnet. Noch vor Beendigung des Museumsbaus konnte die Stadt das Grabmal des Lucius Poblicius von genialen Hobbyarchäologen erwerben, das währenddessen am Chlodwigplatz entdeckt und 17.000 Stunden lang, in 9 m Tiefe und über zwei Jahre während in mühsamster Arbeit ausgegraben worden war. Da es zu hoch für das zunächst niedriger konzipierte Dach des Museums war, wurde das Dach des Römisch-Germanischen Museums kurzerhand angehoben, um den bedeutenden Fund in das Museum zu integrieren. Es ist auch jetzt, während des Umbaus des Stammhauses, gemeinsam mit dem Dionysos-Mosaik zu besichtigen.


Der weltbrühmte Diatret-Becher. Foto: Andrea Matzker

Das berühmte Diatret-Glas aus dem frühen vierten Jahrhundert ist im Belgischen Haus in einer Einzelvitrine ausgestellt, so dass sich die Besucher ihm auf wenige Zentimeter nähern können. Der Becher ist das weltweit einzige dreifarbige römische Netzglas und gilt als Symbol für den unumstrittenen Höhepunkt der antiken Glaskunst. Sein purpurfarbenes Schriftband mit dem griechischen Trinkspruch „Trinke, lebe schön immerdar“ erinnert an die Vergänglichkeit und fordert zu Lebensgenuss auf. Als es am 1. April 1960 entdeckt wurde, hielt der damalige Museumsdirektor die Nachricht über den Fund zunächst für einen Aprilscherz.


Schlangenfadengefäß mit den berühmten Kölner Schnörkeln. Foto: Andrea Matzker

Die sogenannten „Kölner Schnörkel“ wurden als Verzierungstechnik zum unverwechselbaren Markenzeichen und individuellen Muster für die römische Glaskunst der Stadt Köln. Die Schlangenfadengefäße sind dekoriert mit feinen, farbigen Glasfäden. Der Werkstoff Glas hat in Köln eine 2000-jährige Tradition.


Der mit Emaillefarbe bemalte Achillespokal. Foto: Andrea Matzker

 

Der 1991 gefundene Achillespokal ist mit leuchtenden Emaillefarben bemalt, mit Gold verziert und zeigt die Entlarvungsszene aus dem Achilles-Mythos. Achilles war versteckt unter den Töchtern des Lykomedes, beim Klang der Kriegstrompete jedoch ergreift er Schild und Schwert, und die Mädchen laufen erschrocken davon. Auf anderen, ursprünglich ebenso mit Emaillefarben bemalten Glasobjekten ist die Farbe nicht mehr zu erkennen.


Die einzigartigen römischen Glasschuhe. Foto: Andrea Matzker

Eine weitere, einzigartige Rarität sind die gläsernen Schuhe, in Wirklichkeit zwei Salbengefäße in der Form von Sandalen, aus dem 2./3. Jahrhundert.


Bezaubernde Glasskulpturen in leuchtenden Farben. Foto: Andrea Matzker

Unter den Glasskulpturen befinden sich auch köstliche, kleine Tier- Darstellungen für den Alltagsgebrauch in leuchtenden Farben.


Hundefußspuren-auf-einem-Dachziegelstein. Foto: Andrea Matzker

Sogar Abdrücke von Pfoten eines Hundes, der über den noch frischen Dachziegel lief und somit seine Spuren hinterließ, sind im Ton verewigt.


Die verführerische Venus, deren- Rücken tatsächlich als Pflasterstein benutzt wurde. Foto: Andrea Matzker


Der Rücken der Venus, der als Pflasterstein auf der Hohen Straße verwendet wurde. Foto: Andrea Matzker

Ein kurioses Fundstück ist der Venus-Torso aus dem vierten Jahrhundert, dessen Rücken tatsächlich als Straßenpflaster auf der Hohen Straße neben anderen Steinen eingebettet war.


Herkules bezwingt den Nemeischen Löwen. Foto: Andrea Matzker


Der athletische Löwenkämpfer von hinten. Foto: Andrea Matzker

Eine wahrhaft kraftstrotzende Skulptur des Herkules, der den Nemeischen Löwen bezwingt, stammt aus dem dritten Jahrhundert und wurde am Severinswall gefunden. Man kann ihn aus nächster Nähe rundherum bewundern. Auch bei ihm ist die Rückenansicht besonders bemerkenswert, da dort der Kopf des bezwingten Löwen zu sehen ist.

Sämtliche im Belgischen Haus ausgestellte Exponate wurden in Köln gefunden, bis auf die aus dem zweiten Jahrhundert stammende Wallraf-Medusa, die von Ferdinand Franz Wallraf um 1818 vom Kunsthändler Gaetano Giorgini aus Rom gekauft und in die Sammlungen der Stadt Köln integriert wurde.


Das-einzige-Objekt-der-Ausstellung, das nicht in Köln gefunden wurde: Die Medusa von Wallraf aus-Rom. Foto: Andrea Matzker

Nicht zu verachten ist der Museumsshop, in dem man gerade vor Weihnachten ausgefallene, wunderschöne und kostbare Geschenke finden kann.

 

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