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KÖLN/ Philharmonie: COSÌ FAN TUTTE. Konzertant

23.04.2017 | Oper

KÖLN: COSI FAN TUTTE

Aufführung am 22. April 2017 in der Philharmonie

Während Köln innerstädtisch politische Brandfeuer (Demos gegen AfD) zu bekämpfen hatte, loderten in der Philharmonie Brände des menschlichen Herzens, kam hier doch Mozarts „Cosi fan tutte“ zur Aufführung. Dieses „dramma giocoso“, in der Vergangenheit als Ausdruck von Frivolität häufig missverstanden, gilt heute als besonders attraktives Zielobjekt von klugen (manchmal leider auch neunmalklugen) Regisseuren. So schlüssig und psychologisch stichhaltig wie Michael Haneke 2013 in Madrid arbeitete in jüngerer Zeit allerdings kaum jemand.

Bei der konzertanten Aufführung der Mozart-Oper unter Führung von RENÉ JACOBS (mit dem exorbitanten FREIBURGER BAROCKORCHESTER) hätte eigentlich auch ein Regisseur genannt werden müssen, denn „konzertant“ beinhaltet bei diesem Dirigenten immer auch (andeutende) Aktion, was – die provokante Bemerkung sei erlaubt – nicht selten zu besseren Ergebnissen führt als eine (über)ambitionierte Bühneninszenierung. Vor einem Monat war dieses wirksame Prinzip vor Ort bereits bei Monteverdis „Il Ritorno d’Ulisse in patria“ zu schöner Wirklichkeit geworden (es spielte das B‘Rock Orchestra).

Mozarts „Cosi“ bot René Jacobs vor zwei Jahrzehnten schon einmal an gleicher Stelle (mit dem Concerto Köln). Die damals entstandene Aufnahme des Westdeutschen Rundfunks, auf CD weiterhin greifbar, lädt natürlich zu Interpretationsvergleichen ein, was an dieser Stelle freilich zu weit führen würde.

Erwähnt sei aus persönlicher Erinnerung immerhin die lebendig-vitale Aktion der Continuo-Spieler, welche auch diesmal für besondere Theatralik sorgten. Diese garantierte freilich auch René Jacobs, etwa mit seinen weitgehend angezogenen Tempi oder der kapriziösen Idee, Arienpartikel auch in den Mund anderer, von Mozart nicht vorgesehener Sänger zu legen. Dass eine Reihe sonst kaum je zu hörender Nummern geboten wurde, darf bei des Dirigenten musikologischer Akribie ebenfalls nicht verwundern.

Der „Cosi“-Abend besaß ein, zwei minimale Liveschwächen. Doch diese überhaupt zu erwähnen, kommt angesichts der wahrhaft glückselig machenden Aufführung fast schon einem Sakrileg gleich. Und natürlich Mozarts „in die Tiefe des Herzens“ dringende Musik, welche einen für dreieinhalb Stunden der profanen Außenwelt enthob.

Alle Vokalsolisten waren Jacobs-vertraute Sänger, die exzellente VOKALAKADEMIE BERLIN eingeschlossen. MARK MILHOFER (ein tenoral federleichter Ferrando) war zuletzt auch bei Monteverdi zu erleben, ebenso MARCOS FINK (jetzt ein bassprofunder, überlegener Alfonso). Vor zwanzig Jahren war seine Schwester Bernarda bei Jacobs die Dorabella gewesen.

ROBIN JOHANNSEN gab eine Fiordiligi von zarter, aber dramatisch genügend abgesicherter Statur, SOPHIE HARMSEN eine kokette Dorabella. Der kernige Bariton des Chilenen CHRISTIAN SENN (Guglielmo) war in der Philharmonie erstmals zu hören; hoffentlich bald wieder einmal. Die zierliche SUNHAE IM bezauberte als Despina.

Christoph Zimmermann

 

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