Lajos Barta – Eine beeindruckende Künstlerbiografie im Kalten Krieg des letzten Jahrhunderts
Ausstellung zu besichtigen in der Martin Lantzsch Nötzel-Siftung in Köln
Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger
Jeder, der ihn kannte, war fasziniert von der Ausstrahlung dieses von der Statur her kleinen Mannes mit dem geistvollen Kopf und den auffallend großen Künstlerhänden, mit denen er nicht nur beeindruckende Skulpturen und Zeichnungen schaffen, sondern auch hervorragend für seine persönlichen Gäste kochen konnte. Besonders mit ungarischen Nationalgerichten verwöhnte Lajos Barta (1899-1986) seine internationalen Freunde.
Kaum einer ahnte, was dieser Gentleman aus der k. u. k. Monarchie hatte durchmachen müssen, bevor er sein letztes und langjähriges Domizil in Köln bezog. Als junger Mann hatte er in Italien studiert und gearbeitet, und von 1939 bis 1943 fand er den Anschluss an die Moderne in Paris. Dort aber wurde er als Jude verfolgt und floh gezwungenermaßen 1943 nach Budapest. Hier geriet er 1949, als er seine eigene abstrakte Formensprache gefunden hatte, in der Volksrepublik Ungarn in einen existenziellen Konflikt, weil Avantgardekunst hier unerwünscht war und unterdrückt wurde. Deshalb verließ er 1965 Ungarn und kam nach Deutschland ins Rheinland. Hier sprach er nicht mehr von seiner Vergangenheit, sicherlich da es auch zu sehr schmerzte. Und wir im Westen ließen uns von Gulasch und Mazurka, die er auf dem Piano feurig vortrug, in eine romantische Ungarn-Illusion verführen, statt die Realitäten im kommunistischen Ostblock und seine Diktatur des sozialistischen Realismus wahrzunehmen.
Mit 66 Jahren gelang diesem stolzen und würdevollen Herrn tatsächlich eine zweite Karriere in Köln. Er beherrschte fließend fünf Sprachen und bezog mit seiner einzigartigen Integrität immer klare Position.
Entwurfzeichnung zu den „Drei Pferdchen“ von Lajos Barta. Foto: Andrea Matzker
Modell zu den „Drei Pferdchen“ von Lajos Barta. Foto: Andrea Matzker
Titelbild der Zeitschrift Nök Lapja mit der Spielplatz Plastik „Drei-Pferdchen“ von Lajos Barta. Foto: Andrea Matzker.
Werke Bartas sind vertreten im Centre Pompidou, im Kunstmuseum Basel, in der Nationalgalerie Ungarns, im Wiener mumok, und entlang der Rheinschiene im Kunstpalast Düsseldorf, im Museum Ludwig in Köln, im Kunstmuseum Bonn und im Arp Museum Bahnhof Rolandseck, um nur die wichtigsten zu nennen. Mit seinen Großplastiken ist er vertreten in Siegen, Wuppertal, mehrfach in Bonn und Köln, in Mülheim an der Ruhr, in Remagen und in etlichen Städten Ungarns.
„Phallische Umarmung“ von Lajos Barta. Foto: Andrea Matzker.
„David“ von Lajos Barta. Foto: Andrea Matzker.
„Schwingende“ 1957. Foto: Andrea Matzker.
Dr. Ulrich Winkler vor einem Foto von Lajos Barta. Foto: Andrea Matzker.
Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls und Systemwechsels in Ungarn, gelang es der Martin-Lantzsch-Nötzel-Stiftung unter Leitung des Barta-Spezialisten Dr. Ulrich Winkler in einer Kooperation mit dem Stadtmuseum Budapest (BTM) und der Förderung durch die Kunststiftung NRW, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW und das Goethe-Institut, eine Ausstellung zu Ehren Bartas, zufälligerweise auch zu seinem 120. Geburtstag, mit dem Titel „Barta – Überlebensstrategien“ in Budapest zu realisieren. Sechs Jahre zuvor hatte ihm das Arp Museum in seinem ehemaligen Atelier, dem Bahnhof Rolandseck, eine erste deutsche und sehr gut besuchte posthume Retrospektive gewidmet. Der große Erfolg damals war Ermutigung, Barta nun auch in Ungarn in Erinnerung zu rufen. Der begleitende Katalog zu der Ausstellung ist in einer deutschen und ungarischen Version verfügbar.
Es ist geplant, im Januar 2020 Zeichnungen Bartas in der Kölner Martin-Lantzsch-Nötzel-Stiftung zu zeigen. Wer Interesse hat, wird um Kontaktaufnahme gebeten.