KÖLN: Jubiläen und Neuheiten auf der imm cologne 2020
Von Andrea Matzker
Die diesjährige Internationale Möbelmesse mit 1262 Ausstellern aus rund 148 Ländern war geprägt von vielen Neuheiten auf dem digitalen und sprachgesteuerten Bereich, hauptsächlich von Nachhaltigkeit, prächtigen Farben und vielen Retro-Aspekten. Möbel, Design, Architektur, Mode, Lifestyle und Wohnen sind Kult. Möbeldesigner und Innenausstatter zeigten mehr als 10.000 Einrichtungsgegenstände, Trends und Wohnideen. Auch das Thema Made in Germany rückte wieder in den Vordergrund. Multifunktionale Möbel, wie zum Beispiel Schlafsofas, sind besonders gefragt, da es immer mehr Singlehaushalte und weniger Wohnraum in den Städten gibt. Es wurden viele Systemmöbel gezeigt, die an unterschiedliche Raummaße und Bedingungen angepasst werden können.
Die inzwischen 31. Ausgabe der Schau „Passagen“ von Sabine Voggenreiter zeigte zusätzlich an 160 Orten der Stadt aktuelle Tendenzen. Von Anfang an waren neben vielen Galerien und Kunstinstitutionen schon immer das Möbelhaus Pesch und das Museum für Angewandte Kunst dabei. Sie gestalteten ganztägig Ausstellungen und gut besuchte Events an diversen Abenden nach den anstrengenden Messetagen.
Aber auch viele Jubiläen kamen zum Tragen und luden Architekten, Designer, Möbelhersteller und das interessierte Publikum zu den verschiedensten Veranstaltungen ein.
Das Italienische Kulturinstitut beispielsweise beging den 100. Geburtstag von Vico Magistretti mit einer ihm gewidmeten Ausstellung. Die 60 Jahre seiner Karriere als Architekt und Industriedesigner wurden dokumentiert durch verschiedene Architektur- und Designobjekte.
IMM Bretz-Collection Ohlinda. Foto: Andrea Matzker
Die deutsche Manufaktur Bretz feierte bereits ihren 125. Geburtstag und lud dazu außerhalb vom großzügigen und farbenprächtigen Messestand in die eigene Filiale am Kölner Hohenstaufenring. Die Collection Ohlinda besticht mit vielen Kombinationsmöglichkeiten und den Stoffen Midsummer Olive, Gold, Orange und Gobelin.
IMM Tischplatte-EARTH-aus-Kauri-Holz-mit-Kunstharz. Foto: Andrea Matzker
IMM Riva 1920-Le briccole di Venezia. Foto: Andrea Matzker
IMM Riva 1920 nunmehr 100 Jahre. Foto: Andrea Matzker
Riva 1920 existiert bereits seit genau 100 Jahren. Firmeneigner Davide Riva sagte dazu nur selbstbewusst: „Cento – più cento!“ Ganz einfach: „100 + 100“, also „auf die nächsten 100 Jahre“. Bei dem Alter seiner Hölzer ist das auch nicht schwer zu bewerkstelligen. In diesem Jahr bestückte Riva auf der Messe auch zusätzlich einen großen Ruheraum mit ihren Möbeln, Sesseln, Bänken und Tischen aus Holz. An ihrem Stand auf der Messe stellten sie neben Objekten aus duftendem Zedernholz und aus teilweise mit Kunstharz versetztem, jahrtausendealtem Kauri Holz auch die sogenannten „Briccole di Venezia“ aus, die vor einigen Jahren Gegenstand einer Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst von Köln waren. Hierbei handelt es sich um ausrangierte Eichenpfähle der venezianischen Lagune, die dort als Wegweiser dienen und regelmäßig periodisch ersetzt werden.
Nach den einschlägigen Zeitschriften Abitare, Domus, Gran Bazaar (die schon gar nicht mehr existiert), AD und Schöner Wohnen hat sich H.O.M.E Deutschland eine bedeutende Stellung erarbeitet und kann inzwischen auf 20 Jahre Bestehen zurückschauen. Aus diesem Anlass ist eine umfangreiche Jubiläumsausgabe und ein kleiner H.O.M.E.-Begleiter für die Handtasche erschienen und erleichterte den Messebesuchern die Orientierung, sei es auf der Messe als auch in der Stadt. In Wien machte Chefredakteur Alexander Geringer gerade mit der Ausstellung H.O.M.E. DEPOT Furore.
Insider zeigten sich besonders überrascht von dem prächtigen, im Dunkeln gehaltenen Stand der Firma edra, der sich seit der letzten Möbelmesse um ein Vielfaches vergrößert hat. Zum ersten Mal war die damals noch sehr junge Firma 1987 nach Köln gekommen und hatte einen aufsehenerregenden Event im Alten Wartesaal während der Möbelmesse organisiert. Später stellte sie noch einmal in der Galerie Greve am Wallrafplatz aus. Erst 2019 kam sie wieder auf die Messe und hatte großen Erfolg. Mit ihren fantasiereichen und farbenfrohen Objekten, Stühlen und Sitzmöbeln sind unter anderem das Café Campana und das Restaurant vom Musée d’Orsay in Paris bestückt und geschmückt. Auf der Messe stellten sie nun zum ersten Mal in Deutschland den Divan Grande Soffice von Francesco Binfaré und den von innen beleuchteten Alabastertisch Full Moon von Jacopo Foggini vor. Die Idee zu diesem außergewöhnlichen, auffallend ästhetischen Objekt war naheliegend, da der ambra-farbene Alabaster ganz in der Nähe des Firmensitzes bei Volterra gefunden wird. Auf der Welt ist er nur sehr selten zu finden, lediglich noch in Saragossa und in Ägypten. Der höchst zerbrechliche Alabaster befindet sich in ca. 3 m Tiefe unter der Erde und wächst in riesigen „Eiern“, die maximal bis zu 70 cm im Durchmesser haben können. Nach kompliziertester Suche werden sie gehoben und vorsichtig in horizontale Schreiben geschnitten, so dass daraus jeweils unterschiedliche Tischplatten mit einzigartigen Maserungen und Farbnuancen gefertigt werden können. Je nach Gegend gibt es weißen bis roten Alabaster. Die Innenbeleuchtung der Tischplatte ist an- und abstellbar. In jedem Fall ein absoluter Hingucker! Inzwischen hat sich das Familienunternehmen aus Perignano bei Pisa um 150 Mitarbeiter vergrößert, um der großen Nachfrage aus aller Welt nachkommen zu können.
IMM-edra. Valerio Mazzei auf dem Klassiker Tatlin. Foto: Andrea Matzker
IMM edra.Tisch Full Moon aus Alabaster und Stuhl Gina aus Polykarbonat. Foto: Andrea Matzker
IMM edra. Umberto Manetti kümmert sich um die Prototypen. Foto: Andrea Matzker
Alle Aussteller zeigten sich mehr als zufrieden, nicht nur über das große Interesse, sondern auch über die vielen Aufträge, so auch Leo Lübke von Cor mit seinen zeitlosen und modernen Vorschlägen made in Germany oder der Teppichdesigner Jan Kath der, wie im letzten Jahr, an seinem attraktiven Messestand anhand eines von einem Spezialisten, seinem Sohn, bedienten Webstuhls die Kunst der Teppich-Herstellung anschaulich demonstrierte und zum Auftakt der diesjährigen Messe zu einer großen Party in die Firma in Bochum geladen hatte. Bereits an den ersten vier Profitagen war der Stand schon immer gut besucht, allerdings an den letzten drei Besuchertagen war kein Durchkommen mehr, da es sich inzwischen herumgesprochen hatte, dass der beste Cappuccino auf der ganzen Messe an der Bar von Jan Kath zu genießen sei. Kaffee-Spezialist und -Sommelier Simon musste mehrfach auf kompliziertesten Wegen um die Messe herum Nachschub holen, so groß war die Nachfrage. Auf der nächsten Messe im kommenden Jahr wollen sich Insider und Liebhaber allein schon deshalb wieder an diesem ansprechenden Stand zu Plausch und Austausch treffen.
IMM Cor Pilotis. Foto: Andrea Matzker.
IMM Jan Kath:Traumhafte Teppiche. Foto: Andrea Matzker
Jan Kath: Immer viel Betrieb am Stand und an der Bar. Foto: Andrea Matzker
Andrea Matzker