„Überaus schön, doch unvollendet…“
700 Jahre Chorweihe – Das Kölner Domjubiläum 2022
Foto: Andrea Matzker
Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger
Die Ankunft der Reliquien der Heiligen Drei Könige am 23. Juli des Jahres 1164, die der Kölner Erzbischof Reinhard von Dassel aus Mailand mitbrachte, löste in Köln einen Begeisterungssturm aus und gab den Anstoß für den Bau einer riesigen Kathedrale zur Unterbringung der kostbaren Überreste der Heiligen Drei Könige, um auf diese Art und Weise diesen Schatz den Pilgerscharen in einer würdigen Form präsentieren zu können. Die Grundsteinlegung erfolgte am 15. August 1248 durch Erzbischof Konrad von Hochstaden. Somit begann der Bau einer gotischen Kathedrale und Pilgerkirche zu den Heiligen Drei Königen, die alle früheren Bauten in den Schatten stellen wollte.
„Vidi templum urbe media pulcherrimum quamvis inexpletum.” (Mitten in der Stadt sah ich einen Tempel, überaus schön, doch unvollendet.)
Zitat Francesco Petrarca im Jahr 1333
Der Titel „Überaus schön, doch unvollendet…“ der Sommerausstellung im Domforum entstammt einem Zitat des Zeitzeugens Francesco Petrarca aus dem Jahre 1333, das er im Angesicht des Kölner Doms und seines damaligen Bauzustandes gegenüber seinem Gönner, dem römischen Kardinal Giovanni Colonna, in einem Brief aus Lyon wenige Tage später äußerte. Diese Ausstellung, die die Geschichte des Ostchores darstellt, wandert am 15. August in den Dreikönigensaal des Kölner Domes, wo sie bis zum feierlichen Höhepunkt, dem 27. September 2022, zu sehen sein wird. An diesem Tag jährt sich zum 700. Mal die Weihe des gotischen Domchores und des Hochaltars im Kölner Dom im Jahre 1322. Aus diesem Anlass findet an diesem Tag ein Besuch bei den Heiligen Drei Königen mit den Mitarbeitenden am Kölner Dom statt sowie ein feierliches Hochamt.
Kölner Dom-Jubiläum: Der-Dreikönigsschrein, Hauptziel aller Pilger-und Gläubigen. Foto: Andrea Matzker
Für den Domdechanten Monsignore Robert Kleine ist dieser älteste Teil des Kölner Doms, der als erstes fertiggestellt wurde, der „Schrein für den Dreikönigenschrein“. Er freut sich auf die vielen Vorträge, Führungen, Veranstaltungen, Lichtinstallationen, Heiligen Messen und Konzerte, und ganz besonders auf die Uraufführung des Dreikönigsoratoriums des Komponisten Helge Burggrabe am 15. und 16. September. Hierbei handelt es sich um ein Auftragswerk des Domkapitels, das die Wanderung der Heiligen Drei Könige nach Bethlehem zur Geburt Jesu und die Rückkehr in ihre Heimat darstellt.
Dompropst Monsignore Guido Assmann ist nach wie vor sehr bewegt bei der Vorstellung, dass man vor 700 Jahren das größte Bauwerk der Welt errichten wollte, in dem Wissen, das vollendete Werk nie erleben zu können. „Heutzutage denkt jeder an die beiden Domspitzen, wenn von unserer Kathedrale die Rede ist. Dabei wurden die Türme erst 1880 vollendet. Das eigentliche Herzstück des Doms ist sein erster Bauabschnitt, der Ostchor. Er ist das Epizentrum des Doms.“
Der Binnenchor als Schrein für den Schrein. Foto: Andrea Matzker
Ein besonderes Highlight der Veranstaltungen zum Festjahr werden exklusive Führungen mit dem Titel „Zeitreise mit Augmented Reality“ sein. Sie finden zwischen dem 17. August und dem 25. September statt. Der Architekturstudent Konstantin Kruse hat in Zusammenarbeit mit der Dombauhütte in mühevoller und zeitaufwendiger Kleinstarbeit ein 3D-Modell entwickelt, das die anfänglichen Zustände des Binnenchores auf Tablets darstellt, die man vor Ort mit dem jetzigen Zustand vergleichen kann. Dabei wird klar, dass der ursprüngliche Binnenchor viel farbiger und mit einem hellen, leuchtenden Ockerton ausgestattet war. Auch gab es eine bis zu den Gewölben reichende Trennwand. Diese Führung hat den weiteren Vorteil, dass man als Besucher in die ansonsten unzugänglichen Bereiche zwischen Chorgestühl und Dreikönigsschrein gelangt und dabei auch das herrliche Fußbodenmosaik bewundern kann.
3D-Animation mit damaliger Trennwand. Foto: Andrea Matzker
Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger