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KÖLN: DIE LUSTIGE WITWE – konzertante Aufführung

31.12.2014 | Operette/Musical

Köln: DIE LUSTIGE WITWE.  Konzertante Aufführung am 31. Dezember 2014

 Operette konzertant, kann das gut gehen? An der Semperoper wurde kürzlich mit der „Csárdásfürstin“ bewiesen, dass es schon mal ohne Szene geht, wenn musikalisch alles stimmt. Nun dirigierte immerhin Christian Thielemann, als Traumpaar waren Anna Netrebko und Juan Diego Florez aufgeboten. Operette konzertant in Köln bedeutet allerdings nicht zuletzt, aus der Not eine Tugend zu machen. Im aktuellen Ausweichquartier „Oper am Dom“ (einer Zeltarchitektur) sind die Bühnenverhältnisse nicht gerade die günstigsten. So muss – auch aus logistischen Gründen – die eine oder andere Produktion ohne Dekor auskommen. Da wirkte im letzten Jahr die „Fledermaus“ arg mager, für die „Lustige Witwe“ stand immerhin eine Chaiselongue bereit, und über dem GÜRZENICH-ORCHESTER schwebte ein glitzernder Kronleuchter.  Weiterhin ermunterte Moderator Njegus (BURGHARD BRAUN) das Publikum immer wieder, sich die Festlichkeiten der Ausstattung einfach herbei zu denken.

 Der  Aufführung am Silvesterabend kam zunächst zugute, dass Lehárs Musik nicht über Gebühr mit den akustischen Tücken des Hauses zu kämpfen hatte, anders als kürzlich „Damnation de Faust“. Von einem idealen Klang war zwar nicht zu sprechen, aber man hörte die von MARC PIOLLET mit dem Orchester liebe- und lustvoll ausgekosteten Farbfinessen immerhin zur Genüge. Die eleganten Rubati wirkten per se. Da man – anders als in Dresden – auch die Dialoge bot, war ein wenig Aktion fällig. EIKE ECKER, versierte Regisseurin an der Kinderoper, bemühte sich um Lebendigkeit auf der schmalen Vorderbühne. Freilich: viel mehr als von links nach rechts, von rechts nach links kam dabei nicht heraus. Einige schöne Kostüme waren zu bestaunen, obwohl das „seriöse Schwarze“ von Hanna bei ihrem Entrée etwas irritierte.

 Von etlichen, freilich nicht allen Sängern kam einiges Rollen-Flair. Als erster sei HARALD SERAFIN genannt, ein Operetten-Urgestein, früher Danilo vom Dienst, jetzt Mirko Zeta. Er sang sogar ein bisschen, aber vor allem setzte er verbale Akzente. Ein Könner in seinem Bonvivant-Fach. Was Singen angeht, ist BO SKOVHUS die Palme zu reichen. Wie die Eisenstein-Partie geht auch jene des Danilo immer wieder in tenorale Höhen hinauf, und die meisterte der dänische Bariton sicher und klangvoll. Zudem spürte man seine unbändige Lust am Singen, und er ist eine ausgesprochene Persönlichkeit. Obwohl seine jetzige Rolle keinen unmittelbaren Anlass zu Rückerinnerungen gab, gingen die Gedanken doch immer wieder in die Zeit vor rund 30 Jahren zurück, als Skovhus, damals noch relativ unbekannt, mit dem Billy Budd (in der auch in Wien gezeigten Willy-Decker-Inszenierung) in Köln debütierte. Er war die Inkarnation dieses blonden Unschuldsengels; in den Aufführungen flossen so manche Tränen. Später verkörperte Skovhus (in einer neuerlich genialen Decker-Produktion) Eugen Onegin.

 Als lustige Witwe gab ANNE SCHWANEWILMS ein Rollendebüt. Die Sängerin wuchs im Kölner Opernstudio auf und war als damaliger Mezzo häufig in der Reihe „Oper am Klavier“ zu erleben. Dem Rezensenten fielen gerade wieder alte Programmzettel jener Aufführungen in die Hände. Nun ist die Künstlerin im jugendlich dramatischen Fach angekommen, war Ariadne und Desdemona in Köln. In die Partie der Hanna Glawari schmiss sie sich wirklich hinein, ohne freilich den glamourösen, erotisch schimmernden Tonfall zu treffen, über den beispielsweise eine Elisabeth Schwarzkopf („Champagner-Operetten“ bei EMI unter Otto Ackermann in den Fünfzigern) verfügte. Man hörte mehr (Richard) Strauss als Franz Lehár. Beeindruckend, aber nicht immer stimmig. Als Rosillon wirkte MARCO JENTZSCH, in vergangenen Kölner Jahren u.a. Stolzing und Parsifal, angemessen, aber nur bedingt rollenattraktiv. Sein Tenor besitzt nicht sonderlich viel Schmelz, blüht nicht recht auf, wirkt partiell sogar steif. Das hohe C liegt im freilich gut in der Kehle. AOIFE MISKELLY besaß entschieden mehr Rasss. Die irische Sopranistin hat, wie ihre Kollegin Anne Schwanewilms, das hiesige Opernstudio durchlaufen und bekam nach einer “Probe“-Gilda weitere größere Partien zu singen. Zuletzt erlebte man sie beeindruckend in Detlev Glanerts „Solaris“. Lehárs (un)anständige Frau verkörperte sie mit Pep.

Den Cascada gab RALF RACHBAUER mit leicht gusseisernem Tenor, die weitere Entourage Hannas bestand aus JOHN HEUZENROEDER (Brioche),KEITH BERNARD STONUM (Kromow), ANTHONY SANDLE (Pritschitsch) und WOLFGANG SCHWAIGER, dem schlaksigen Wiener Buben. Als Bogdanovich fielen ihm zwar nur Ensembleaufgaben zu, aber nach seinem Papageno begegnete man ihm fast automatisch mit besonderen Sympathien.

 Christoph Zimmermann

 

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