25.07.2024 : Oper Klosterneuburg: „NORMA“
Foto: Tanzler
Erstmals musste der Abt von Klosterneuburg seinen Stiftshof mit einer Druidenpriesterin teilen: das Bellinische Meisterwerk wurde noch von Michael Garschall , dem im Dezember demissionierten und bisher einzigen, 26 Jahre tätigen Intendanten geplant und besetzt . Er übergab ein von ihm von Beginn an aufgebautes und zu künstlerischen Höhenflügen geführtes Festival! Er hat ganze und beste Arbeit geleistet und ein künstlerisch und publikumsmäßig florierendes Festspiel übergeben. Die offenbar von der Stadtgemeinde Klosterneuburg – dem Veranstalter – lancierten und in der Presse veröffentlichen lamenti, von einer „schwierigen Situation“ und dem Erfolg „trotz der erschwerten Rahmenbedingungen“ sind daher weder berechtigt, noch in keinem Moment nachvollziehbar!
Unglaublich und absolut indiskutabel am Plakat für „Norma“ ein Foto der Adalgisa zu präsentieren! Das Festival muss der Protagonistin dankbar für deren Gleichmut sein so einen Affront zu tolerieren – frühere Diven wären umgehend abgereist, oder hätten darauf bestanden, diese Plakate zu entfernen. Wer auf so eine wahnwitzige Idee wohl gekommen ist?
Nun, Gott sei Dank hat sich Karina Flores davon nicht abhalten lassen und sang eine prachtvolle Norma, mit edlem, dunkel timbrierten Sopran, mit leuchtenden immer runden Höhen und bestens mit der Bellinischen Gesangslinie vertraut: eine Belcanto-Lektion der Spitzenklasse ! Da werden sich ihre Kolleginnen an der Staatsoper und im Theater an der Wien – in beiden Häusern kommt das Werk ja im Februar 2025 – gewaltig anstrengen müssen, um an diese Leistung halbwegs heranzukommen…
Margarita Gritskova – in schrecklich unpasssendem Outfit, trotz weiß sah sie alles andere aus wie eine unschuldige Novizin – erzielte ihren Erfolg mit ihrem kräftigen, durchaus beeindruckendem Organ, die aber bis auf wenige raffinierte Töne die wahre belkanteske Dimension und Differenziertheit vermissen ließ – die Eboli liegt ihr deutlich besser. Arthur Espiritu hingegen sang technisch ausgezeichnet, legte sich einige tolle Höhen ein, das – geschriebene – „C“ in seiner Auftrittsarie bereitete ihm keinerlei Probleme. Alleine die Stimmfarbe und die Substanz in der Mittel- und unteren Lage erfüllt nicht ganz die Erwartungen, die man vom Pollione landläufig erwartet. Der sehr gute Sänger kann in anderen Partien seine Stärken klarerweise besser zur Geltung bringen. Tadellos verkörperte Beniamin Pop Normas Vater Oroveso, sein angenehmer Bass war mehr als rollendeckend. Positiv auffallend die junge Kroatin Gabriela Hrzenjak mit schön timbrierten, klaren Mezzo und ausgezeichneter Bühnenerscheinung. Auch Ferdinand von Plettenberg war als Flavio gut gewählt. Die Beethoven Philharmonie und der Chor Oper Klosterneuburg boten das solide Fundamet der Aufführung. Am Pult bewies Christoph Campestrini, das auch ein Oberösterreicher mit viel Stilgefühl die Bellinische Partitur bestens umsetzen kann: eine ausgezeichnete Leistung des Maestro, der die Bühnenaktionen immer aufmerksam begleitete und den Bogen über das Werk spannte! Offenbar war auch er für die – dezenten und gut gewählten – Striche zuständig, die das Werk auf die hier übliche Aufführungsdauer zurecht rückten. Ein großes Lob auch der Regisseurin Monica I. Rusu- Radman! Sie hat das Werk klar und dem Libretto folgend behutsam umgesetzt – mehr bedarf es für eine Belcanto-Oper nicht! Brava! Die Bühne von Hans Kudlich bot den stimmungsvollen Rahmen und die Kostüme von Anna-Sophie Lienbacher waren – bis auf die Adalgisa-Robe – geschmackvoll und ästhetisch und perfekt zum Sujet passend! Insgesamt ein sowohl optisch als auch musikalisch rundum geglückter Abend, der leider von einem eher müden Publikum viel zu wenig gefeiert wurde. Den diversen entbehrlichen Zurufen der Journaille, die von „Asterix-Produktion“ und ähnlichem höhnten, möge der zukünftige Intendant im Sinne des Publikums kein Gehör schenken! Die von dieser Gruppe offenbar erwünschten Werkzertrümmerungen und „Neudeutungen“ verteiben zusehends das Publikum aus den Opernhäusern und Theatern.
Michael Tanzler