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KLOSTERNEUBURG/ Stiftshof: NORMA von V. Bellini. Premiere

07.07.2024 | Oper in Österreich

06.07.2024  Klosterneuburg   „Norma“

Erstaunliches tat sich in Klosterneuburg: Nach dem überraschenden Ende der Ära des Intendanten Michael Garschall musste das heurige Sommerprogramm mit dem verbliebenen Organisations-Team in Angriff genommen werden. Das Risiko des Scheiterns war gegeben, zumal man auch einen anderen Hauptansprechpartner in der Stadtgemeinde hatte. Aller Widrigkeiten zum Trotz ging man guten Mutes ans Werk – noch dazu an ein sehr schwierig zu spielendes wie Bellinis Norma – besann sich seiner Tradition und seiner Erfahrung und, um im aktuellen Jargon zu bleiben, siegte nicht erst im Elfmeterschießen.

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Copyright: Mark Glassner/operklosterneuburg

Der Rahmen dieser Festspiele erlaubt es gottlob nicht, gewagte Experimente zu machen, sondern mit baulich bescheidenen Materialien fast jedes Stück klaglos auf die Bühne stellen zu können. Dafür sei dem Bühnenbildner Hans Kudlich herzlich gedankt! Auch die Regie von Monica Rusu-Radman vermittelte dem – vielleicht der Oper nicht ganz kundigen Besucher, ein Stück, dessen Handlung man problemlos folgen konnte. Natürlich erscheint vieles für unsere Zeit unverständlich, römische Besatzungsmacht, strenge Regeln des alten Gallien, Druiden, Priester und schließlich die Hohepriesterin Norma, die absolut unfehlbar zu sein hatte, und es nicht war. Das tragische Geschehen mag vermeidbar scheinen, bot aber für den gradiosen Tondichter Bellini die Grundlage (Libretto Felice Roman) für herrliche Musik. Diese wurde vortrefflich von der Beethoven-Philharmonie unter der kundigen Leitung von Christoph Campestrini wiedergegeben. Auch der Chor Operklosterneuburg bot Beachtliches.

Nun ist dieses Werk mehr noch als viele andere Opern an die Qualität der Titelheldin Norma gebunden. Selbst in vergangenen Zeiten gab es nur wenige Sängerinnen, die sich die gewaltigen Schwierigkeiten dieser Rolle zugemutet haben. Der Rezensent erinnert sich an die unvergleichliche Montserrat Caballe in den Siebziger-Jahren, später an Grace Bumbry oder Renata Scotto. In jedem Fall waren es Sternstunden des Opernalltags. In Klosterneuburg konnte man die hier schon sehr bekannte und bewährte Karina Flores in der Titelrolle erleben. Sie war vor allem im lyrischen Bereich sehr überzeugend. Ihr warmer und feiner Sopran konnte in den mannigfaltigen Schwierigkeiten der Rolle bestens gefallen. Dass in den dramatischen Passagen etwas mehr „Power“ gefordert wäre, tat ihrer großartigen Leistung aber keinen Abbruch. Margarita Gritskova war als Adalgisa eine ebenbürtige Partnerin. Ihre durchschlagskräftige, in den Duetten mit Norma aber auch sehr partnerschaftlich zurückgenomme Stimme, war auch an diesem Abend ein großes Plus. Auch Arthur Esperitu ist ein wertvoller „Stammgast“ bei den Sommerspielen. Wie schon im Vorjahr als Don Carlos präsentierte er seinen wunderbaren Tenor, diesfalls als Pollione mit Bravour. Da war an Kraft, sicherer Höhe und dramatischen Ausbrüchen alles zu hören, was man in dieser Rolle erwartet. Den Oroveso sang der junge Bassist Benjamin Pop. Der rumänische Sänger ließ mit kräftiger, profunder Stimme aufhorchen.

Das Publikum spendete zu später Stunde viel Applaus, wohlverdient, auch dem Leading Team – eine Sensation! Das Theater an der Wien und die Wiener Staatsoper, die beide in der kommenden Spielzeit ebendiese Oper bringen werden, müssen sich mächtig ins Zeug legen, um diesem Abend Paroli bieten zu können.


Johannes Marksteiner

 

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