Stadttheater Klagenfurt : „SALOME“ am 23.10.2016
Copyright: Stadttheater Klagenfurt
Ein bis auf den letzten Platz gefülltes Haus erlebte die letzte Vorstellung dieser Produktion mit, die auch abgesehen vom Geschehen Aufregung bot, da die Aufführung plötzlich unterbrochen wurde und der Intendant selbst in den Saal rief, ob denn ein Arzt zugegen sei ( worauf sich einige im Parkett aus den Reihen quälten ). Nach einer Viertelstunde ging es dann weiter und man kam in den Genuss die schönsten Phrasen des Herodes – wenn er Salome auffordert mit ihm zu trinken und mit den kleinen Zähnchen in die Frucht zu beißen – zweimal zu hören! So leicht wie bei einer Nummernoper ist ja da ein „Neueinstieg“ ja nicht … Wie man im Nachhinein erfuhr erltt ein Cellist einen Schwächeanfall und fiel vom Stuhl, worüber sich eine Violinistin so aufgeregt hatte, daß sie in Spitalsbehandlung musste, während der „Auslöser“ sogar weiterspielen konnte!
Und daß ich den Herodes als Ersten erwähne hat auch seinen Grund! Denn Jörg Schneider , der hier sein Rollendebut gegeben hatte, sang diese Partie wie ich sie tatsächlich noch nie gehört habe – Weltklasse! Mit einer perfekten Diktion, einer von geradezu schwelgerisch-belcantesken Phrasen bis zu voll attackierten, heldentenoral ausgekosteten Höhen – wo sich die meisten Partiekollegen irgendwie drüberschwindeln – blendenden stimmlich differenzierten Gestaltung charakterisierte er perfekt den lüsternen Tetrarchen. Auch darstellerisch wurde ihm einiges abverlangt: beim „Schleiertanz“ musste nicht nur Salome Schleier ablegen, auch er sein Sakko, dann mit die Hosenträger schnalzen lassen und schließlich fiel die Hose… und er begab sich auf den Diwan, wo die Prinzessin sich rittlings auf ihn setzen musste. Selbiges wurde ihr auch am Schluss abverlangt, wo nicht der Kopf des Propheten in der Silberschüssel gebracht wurde, sondern der Ganze rücklings am Sofa lag, sehr blutig, Kopf nach unten hängend ( hat da der Henker versagt? ).und sie sich auch auf ihn hocken musste. „Erotisch“ fiel das allerdings nicht aus, wie Anna Gabler auch durch die statische Regie auch darstellerisch sehr eingeschränkt wurde. Gott sei Dank war sie mit ihrem angenehmen Sopran, der bis auf ganz wenige Stellen nie forciert werden mußte in der Lage all die Sinnlichkeit auszudrücken, sodaß sie zu Recht einen großen Erfolg feiern konnte. Den fuhr auch Michael Kupfer-Radecky ein, der als Jochanaan mit für die Partie eher hellem Bariton auftrumpfte, halt nicht sehr vorteilhaft gekleidet war, aber auch so Persönlichkeit entwickelte. Ursula Hesse von den Steinen war eine überzeugende Herodias mit guter Deklamation, die ihren Mezzo ebenfalls sehr wortdeutlich einsetzte und gefallen konnte. Mathias Frey war der Narraboth, bei den Juden und Nazarenern waren die Nummern ( 1. 2. 3. Etc ) absolut nicht mit der Qualität ident – als positiv etwa fiel der Fünfte Jude von Michael Schober auf, Christiane Döcker gefiel mit angenehmem Timbre und einnehmender Bühnenerscheinung als Page, der am Schluss Salome erschiessen mußte! Zuvor stürmen nach Herodes`Aufforderung „Man töte dieses Weib“ Soldaten herein und erschiessen mit Ausnahme des Pagen und Salome alle anderen…! Ansonsten herrschte eher Statik vor, mit Ausnahme der sich zeitweise endlos drehenden Bühne , dessen Sinn sich mir allerdings nicht erschloß – man wurde fast schwindelig. Michael Sturminger hatte diese – von der Presse angeblich viel gerühmte – Inszenierung besorgt, Bühne und Kostüme ( Renate Martin und Andrea Donhauser ) waren nichtssagend, wenig kleidsam und kühl.
Ausgezeichnet, ja geradezu hervorragend aber das Orchester des Stadttheaters – ein phantastischer Strauss-Sound kam da aus dem Graben, größtes Kompliment an das Haus zu diesem Klangkörper und auch zum jungen Dirigenten Alexander Soddy, der es gehörig aufrauschen ließ aber auch subtile Schattierungen anbot und die Sänger nie zudeckte – bravissimo! So fand dieses grandiose Stück eine exzellente Umsetzung und die Positiva dieses Nachmittags überwogen bei Weitem! Verdienter Applaus und Jubel am Ende.
Michael Tanzler