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KITTSEE/ Schlossgarten: DIE GIGERLN VON WIEN -Singspiel von Alexander Steinbrecher

03.07.2022 | Operette/Musical

2. Juli 2022  Kittsee :“DIE GIGERLN VON WIEN“    

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Schlussapplaus. Foto: Michael Tanzler

     Ganz im Osten unseres Staates, und im nördlichsten Zipfel des Burgenlandes liegt Kittsee – bei der Zufahrt liegt einem Bratislava in „Greifweite“ vor den Augen, ein Teil des Ortes – Kopcany , liegt heute auf slowakischem Gebiet. Und so wie im südlichsten Zipfel im Schloß Tabor bis vor kurzem noch – unter der Führung von Dietmar Kerschbaum –  sehr qualitätsvolle Oper dargeboten worden ist, gibt es die qualitätsvolle Operette oder das Singspiel  hier im Norden nach wie vor. Christian Buchmann als Veranstalter und Gerhard Ernst als künstlerischer Leiter zaubern Jahr für Jahr ein beschwingtes und ideal  für Sommertheater passendes Stück auf die Bühne vor dem prächtigen Barockschloß, wo mit ein paar Versatzstücken und Dekorationsteilen ein stimmungsvoller Rahmen für das schwungvolle Agieren der Darsteller gesorgt wird. Und wer anders als der „Bühnenbildzauberer“ Manfred Waba wäre da ein geeigneterer Mann dafür? Andrea Schwarz hatte die zeitgemäßen , nämlich zur Handlungszeit, Ende 19. Jahrhundert, passenden, kleidsamen  Kostüme zusammengestellt ( heute ja schon die Ausnahme! ), hatte die Abendspielleitung inne  und sprang für die erkrankte Edith Leyrer als Greißlerin Veronika Moldaschl ein – einer Figur, der man, wie man in Wien so freundlich sagt, man nach dem Ableben „ die Goschn extra derschlagn muass“: Sie war hinreissend und absolut mehr als ein Ersatz – wie es „Prinzipal“ Gerhard Ernst in seiner ganz kurzen, launigen Begrüßung bereits angekündigt hatte…!

      Nun, genau so, wie es hier in Kittsee gemacht wird, soll ein beschwingter Sommertheaterabend aussehen. Die „Ouverture“ im Schloßgarten unter ehrwürdigen Bäumen bringt einen schon in die beste Stimmung – die qualitätsvollen Weine und andere Köstlichkeiten aus der Region tragen das Ihrige dazu bei. Ja, gespielt wird heuer ein Singspiel von Alexander Steinbrecher, 1910 in Brünn geboren, bekannt durch das „Kleine Wegerl im Helenental“, das von den Gigerln , also „Stutzer“ könnte man auch sagen, auffällig gekleideten Herren handelt, die die Frauenwelt verehren. „Gigerl“ dürfte von Gockelhahn  her kommen – die stolzieren ja auch aufgeplustert herum, um den Hühnern zu gefallen – und ein „Gigerl“ ist schon weit charmanter und niveauvoller als der in gewisser Weise doch „artverwandte“ Gigolo in unserm mediterranen Nachbarland. Peter Edelmann würde für zweiteren nicht passen, als sympathisches „Gigerl“ ist er jedoch mit charmanter Ausstrahlung und einer gewissen Noblesse ausgezeichnet eingesetzt, seinem angenehmen Bariton bereiten die gesanglichen Aufgaben ja sowieso kein Problem. Er ist Präsident der „Gigerln von Wien“ , Herr von Watzdorf, und das in der Episode angebetete „Subjekt seiner Begierde“ ist die Hutmachersfrau Resi Strobl in Gestalt von Alexandra Reinprecht. Sie erweist sich als Schauspielerin der Sonderklasse, die in jedem „alten Film“ ( der guten alten Zeit mit Hörbiger, Moser, Marte Harell  etc. ) als Diva bestehen könnte, ungemein wandlungsfähig ist  und natürlich famos singt. Ihr Mann, Gerhard Ernst, der auch exzellent Regie geführt hat, ist für ihren Mann Eduard die Idealbesetzung: er setzt eine Pointe nach der andern, ohne Outrage, er hat das Gspür und reiht sich ein in die große Riege der Volksschauspieler. Ein mitreissendes – eigentlich gar nicht ! – „zweites Paar“ ist die entzückende Heurigensängerin Hansi Stelzer – alias Elisabeth Schwarz – mit dem gewissen „Pep“, aber gutem Herzen, sowie angenehm timbrierten Sopran  und ihr Angebeter Gustav Stiglitz in Gestalt des stimmlich und darstellerisch wendigen Michael C. Havlicek, der sich einmal mehr als außergewöhnliches Bühnentalent präsentiert. Die beiden singen nicht nur das bekannte Duett „Zwa in Ottakring“ , sondern bringen ungemein Leben und Lebensfreude auf die Bühne – ein Vorzeigepaar! Ein Kabinettstückerl liefert auch Serge Falck als Privatdetektiv Gasselhuber , der – ohne Oper oder Operettenhintergrund –  sein Lied erstaunlich gut interpretiert. Mariella Hofbauer als naives Lehrmädchen Poldi trägt ebenso zum Vergnügen bei wie Peter Horak als köstlicher Ober und gespreizter Kammerdiener bei Watzdorf. Es komplettieren Belen Edelmann als süße Kammerzofe und Benedikt Volz, Anton Puscha, Benjamin Kopp und Eric Bartos als Gigerln.  Ein kleines Ensemble dirigiert der routinierte Christian Pollack, der auch die schwungvollen Arrangements geschaffen hat.

      Ein herrlich lauer Sommerabend, praktisch volle Tribüne und beste Stimmung, viel Applaus – mehr kann man sich nicht wünschen. Ohja doch, der Wunsch an die Organisatoren, daß man an diesem Erfolgsrezept bitte nichts ändert, es gibt sicher noch viele Stücke, die den Menschen ähnlich Freude bereiten – gerade in unserer Zeit doch das Schönste…! Ich freu mich auf Kittsee 2023!

Michael Tanzler

 

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