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KITTSEE/ Burgenland/ Schloss/Sommerfestival : WIENER BLUT –

Es gibt Sie noch, die ganz normalen Festspiele in diesem Sommer

30.07.2020 | Operette/Musical

29.07.2020 :  Sommerfestival Schloss Kittsee „WIENER BLUT“


Copyright: Sommerfestival Kittsee/Richard Schuster

     Gleich vorweg die beiden besten Nachrichten: es gibt Sie noch, die ganz normalen Festspiele in diesem Sommer  – dies dank dem hartnäckigen Intendanten Christian Buchmann, der mit seinem Team – zum Teil wortwörtlich! –  in die Hände gespuckt hat, und binnen kürzester Zeit die Spielstätte und die Zuschauertribüne so gestaltet hat, daß praktisch „nix passieren kann“, da auch der Großteil des Publikums sich brav an die Abstandsregeln hält. Daß Masken beim Weg auf den Platz getragen werden müssen , dafür kann er nichts ( wie „sinnvoll“ das ist, wenn man 50 m weiter in der Gastronomie dieselben nicht mehr braucht und ganz „blank“ zusammen sitzt, darüber mag wohl jeder selber seine Schlüsse ziehen… )!

    Ja, und es gibt sie noch, Regisseure, die an das Stück, das sie inszenieren glauben, die sich bemühen dem Stück gerecht zu werden und es nach der Intention der Autoren auf die Bühne zu stellen und nicht ihre eigenen krausen Phantasien einbringen – o Wunder und Glück!

     Der noch junge Mann, der das Stück zeitlich und örtlich in seiner Umgebung beliess – ok, dass aus Hietzing Kittsee wurde ist wirklich „verzeihlich“ – noch dazu, wo man beide Namen recht gut sängerisch „austauschen“ kann    ( „Draust in Kittse  gibt’s a Remassuri…“)  – hört auf den klingenden Namen Dominik Am Zehnhoff-Söhns, stammt aus Bonn – allerdings fliesst auch ein wenig Tiroler Blut in seinen Adern – hat in Wien auch Sologesang studiert, trat tenoral in Erscheinung, und schon einige Male als Regisseur in Kittsee  – leider war ich heuer erst das erste Mal dort. Außerdem führte er 2016 in Wien Regie bei der vielbeachteten Uraufführung von „Cinderella“, der Oper der erst 11jährigen Alma Deutscher. Er ließ nun das Stück mit den herrlichen und auch anspruchsvollen  Melodien des genialen „Walzerkönigs“ ( der zwar die Frauen liebte, aber selbst gar nicht tanzen konnte ) perlend, spritzig, und mit viel feinem  – nie plattem! – Humor mit dem notwendigen speziellen „Wiener Charme“ ablaufen, fügte behutsam aktuelle Pointen zu den guten alten Bekannten hinzu und bescherte dem Publikum, das voll animiert dieses Geschenk annahm und erfreut goutierte, einen hinreissenden Abend. Barbara Spitzer, auch vom Gesang her kommend, assistierte ihm dabei – das hat ja auch was, wenn die szenischen Umsetzer aus dem Metier kommen , und wissen was für Sänger zumutbar ist – heute ja schon mehr die Ausnahme als die Regel… leider!

    Nun war auch ein herrliches Ensemble bei der Sache, das allesamt harmonisch, mit geradezu ansteckender Spielfreude, typmäßig perfekt und dem richtigen Stil punkten konnte.Der aus Südtirol stammende, jetzt in der Steiermark wohnende, Roman Pichler war als Schwerenöter Graf Zedlau mit seinem kräftigen Tenor bestens eingesetzt, servierte mit Grandezza seine Schlager und demonstrierte – als kurz sein Mikroport nicht funktionierte, daß es ohne Verstärkung ( obwohl die Tontechnik bestens funktionierte) zwar leiser, aber doch viel schöner klingen würde ( aber das traut sich leider heute kaum noch wer , in einer Zeit, wo alles „laut“ sein muss offenbar), er sang den Raum mühelos aus. Seine Eskapaden ihm schlußendlich verzeihende Gräfin Gabriele war bei Petra Halper-König ideal aufgehoben. Mühelos produzierte sie einschmeichelnde Kantilenen, ihr angenehm timbrierter Sopran immer geschmackvoll eingesetzt korrespondierte mit ihrem charmanten Auftreten und ihrer angenehmen szenischen Präsenz. Kein Wunder, dass sich Daniel Raschinsky als Fürst Ypsheim, köstlich „piefkesierend“ und  köstlich darstellerisch wandlungsfähig , in diese Gräfin rasch verlieben konnte. Kerstin Grotrian, auch von Geburt her aus unserem deutschenNachbarlande stammend, wurde allerdings bereits zur perfekten „Wienerin“.  Sie war umwerfend in ihrer quirligen Art, perfektem wienerischen Idiom, fegte geradezu mit nie endendem Elan über die Bühne und perlte ihre Gesangsparts mühelos nur so aus ihr heraus. Einen köstlichen Typen stellte der Buffo-Tenor Raimund Stangl als Josef auf die Bretter: mit angeborenem „Schmäh“ servierte er eine Pointe nach der anderen und konnte auch gesanglich reüssieren. Seine Pepi war der blutjungen Nicole Lubinger anvertraut, deren Kärntner Herkunft in den Dialogen bewusst hörbar wurde, und ihrer liebenswerten Ausstrahlung noch das Tüpfelchen auf dem „i“ verlieh, überdies mit einem gut geführten, luftigen Sopran punkten konnte – nur weiter so bitte! Philipp Landgraf war ein typgerechter, herzlicher Karusellbesitzer Kagler mit „Weana Schmäh“ und Josef Krenmaier – als Graf Bitowski, Kellner und Kutscher eingesetzt – konnte seine Wandlungsfähigkeit nachhaltig demonstrieren, speziell als schimpfender Kutscher ein Gedicht… Den weiteren Akteuren des Tanz- und Gesangsensembles und den Statisten ein Pauschallob.


Copyright: Sommerfestival Kittsee/ Richard Schuster

Joji Hattori am Pult des Festspielorchesters Kittsee ( 23 köpfig, im Festsaal des Schhlossses im ersten Stock „logierend“ ) war der gefühlvolle musikalische Leiter, es klang harmonisch, schlüssig, animierend, mit einem Wort, es hat gepasst!  Genauso wie die Szenerie, wo Manfred Waba die Fassade und den Platz vor dem Schloss mit wenigen , aber umso effizienteren Mitteln zu einer stimmungsvollen, perfekt den Stil des Stückes treffenden Raum verzauberte: er schafft es im Kolossalen, wie in den „Goldenen Zeiten“ der so nicht mehr existierenden  Opernfestspielen St. Margarethen, als auch in kleinem Rahmen.

      Man verließ tatsächlich beglückt den Ort des Geschehens. Angeblich gibt es für die kommenden Vorstellungen noch Karten. Mein dringender Appell, auf nach Kittsee, weil dort „gibt’s a Remassuri“..! Schade, wenn Sie das versäumen würden.


 Michael Tanzler

 

 

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