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KIRCHSTETTEN/ Schloss/ Festival: DON PASQUALE

07.08.2016 | Oper

6.08.2016:   Schloss Kirchstetten  „DON PASQUALE“

     Um es gleich vorwegzunehmen: ein Besuch in dieser nördlichsten Opernspielstätte Österreichs ( „Kleinstes Opernhaus in Österreich“ ist schwer zu verifizieren… da gibt es ja jetzt auch die Krypta in Wien etc.. ) lohnt allemal und das Engagement und das Charisma aller Beteiligten dort ist bewundernswert!  Insgesamt ein sehr vergnüglicher, beschwingter Opernabend, der auch zu Recht stark akklamiert worden ist. Der Weg zu einem „ der führenden Belcanto-Festivals in Mitteleuropa“  – wie der couragierte Intendant Stephan Gartner im Programmheft  die Marschrichtung vorgibt – bedarf  allerdings noch einiger  Kraftanstrengungen – und mit der „Regimentstochter“ im nächsten Jahr hat man sich Einiges vorgenommen , speziell der Tonio ist ja nicht einfach zu besetzen.

      Aber gerade der Tenor war bei diesem „Don Pasquale“ der herausragende Interpret : Milos Bulajic überraschte und überzeugte mit einem exzellent geführten, perfekt in der Maske sitzendem Organ, dem diminuendi an heiklen Stellen genauso gut gelangen  wie das bombensichere finale acuto der Cabaletta, der vor allem mit viel Stilgefühl die Donizettische Gesangslinie darbot. Er ist auch bereits seit 2015 an der Staatsoper Berlin im Engagement und war  u. a. am Gärtnerplatz ( Ramiro), Innsbruck ( Almaviva) und Karlsruhe ( Tonio) erfolgreich – ein Glücksfall in der Besetzung !  Ihm am Nächsten kam die quirlige Rodica Vica, die –erfreulicherweise – so gar keine piepsige Norina war, sondern direkt mit „grinta“ ganz ordentlich attackierte und dramatischere Töne hören ließ als landauf landab üblich. Sie geizte auch nicht mit Spitzentönen , beim Finalen begann – ein lustiger Gag – sogar das Licht zu flimmern! Im Spiel und der Mimik absolut kein „Hascherl“ und mit einer natürlichen „komischen Ader“ ausgestattet, erinnerte sie mich auch von der Optik her irgendwie an Cecilia Bartoli. Bedeutende Abstriche musste man was „Belcanto“ und „Italianita“ anbelangt bei den beiden tieferen Stimmen machen – obwohl deren Duett zu den am heftigsten beklatschen  Stücken des Abends gehörte, und sogar teilweise wiederholt wurde.  Der Pole Leszek Solarski  sang mit seinem streckenweise aufhorchen lassendem Bass (bariton ? ) munter drauf los, war aber zu „uneben“ in der Linie, und technisch nicht immer sicher. Von der Gestalt und der Gewandung her  – und leider auch über weite Strecken in der Aktion – war er eher ein Mittelding zwischen Mustafa in der „Italiana“ und dem „Attila“, außerdem optisch um kein Jährchen älter als Norina. Dieser Don Pasquale, der offenbar auch ins Fitness  Studio geht, körperlich sehr gut beisammen ist, und Norina bald nach der „Entschleierung“ – die hier nur die Haare betraf , das Gesicht war vom ersten Augenblick an sichtbar – gleich mal kräftig am Po packt. Nein, das war ein grober Schnitzer der Regie, die wurde in diesem Punkt dem Werk nicht gerecht. Dieser „Vitalprotz“  hätte sich die Norina genommen und den Neffen samt dem Doktor Malatesta – Mark Zimmermann -einfach hinausgeworfen. Dieser erschien als Typ zwar köstlich wie aus der „Schwarzwaldklinik“ entsprungen – leider war dies aber auch zu deutlich an seiner Artikulation zu bemerken: er müsste zu einem italienischen Lehrer gehen, sein Bariton scheint mir aber wohl besser  im deutschen Charakterfach  beheimatet.

     Als Notar war mit kräftigem Bass Gerhard Eidher zu hören – hier ein „Insasse“ des Sanatoriums – der auch den Mini-Chor ( 10 Personen ) des „Wiener Kammerchores“ leitete. Und diese vier Damen und sechs Herren möchte ich ganz besonders vor den Vorhang holen, denn sie waren wirklich erstklassig und musikalisch hervorragend studiert , spielfreudig und jede und jeder als Type während des ganzen Abends ( auch davor und in der Pause ) aktiv und ein Kabinettstückchen! Bravi!   Ganze 9 Personen umfasste das Orchester  von der mährischen Seite der Grenze– „Virtuosi Brunenses“ –  ließ aber punkto Klang und Virtuosität kaum einen Wunsch offen. Den hätte ich an den Dirigenten Hooman Khalatbari gehabt, nämlich um ein bisschen mehr an Nuancen und Differenzierung – rubati etc, das macht den speziellen Zauber des Belcanto aus , mit den Sängern mitzuatmen und auf sie einzugehen…

      Der künstlerische Leiter des ganzen Unternehmens, Csaba Nemedi , hatte als Regisseur das ganze Schloss in ein Sanatorium verwandelt, mit Don Pasquale als Besitzer und Stammpatient, Malatesta als Psychiater und Norina als Schwesternschülerin. Bereits im Stiegenaufgang und in den Vorräumen traf man auf jede Menge Medikamente , von einer freundlichen Schwester wurde man selber mit oral einzunehmenden Pillen versorgt – auch Ohrstöpseln wurden angeboten! – eine recht nette Idee insgesamt, zwei Betten auf dem schmalen „Laufsteg“ , der die Bühne bedeutete, wobei die Aktionen auch knapp am Publikum stattfanden – im Rollstuhl wurde zum Finale des zweiten Aktes hin und her geflitzt , und der Herr Doktor übergab auch gleich mal die Urin Flasche eines Patienten an eine Dame in der ersten Reihe… Insgesamt eine lustige Sache mit nie geschmacklosen Gags – bis auf die völlig daneben gegangene Zeichnung der Person des Protagonisten hat er auch mich, der ich ja bekennender „Traditionalist“ bin , überzeugen können. 

      Also, trotz allen Einwänden ein schöner Abend mit viel Applaus und beglückten Besuchern – das Allerwichtigste! – , der Lust auf wiederkommen gemacht hat – dem engagierten Team „in bocca al lupo“ !

  MT

 

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