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KATRIN WUNDSAM (Mezzosopran): Entwicklung als Weg

08.10.2022 | Sänger

KATRIN WUNDSAM: Entwicklung als Weg

Mag. Isolde Cupak sprach mit Katrin Wundsam am 7.10.2022

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„Heute Abend: Lola Blau“. Copyright: Paul Leclaire/Oper Köln

Am 9., 11. und 13. Oktober ist die österreichische Mezzosopranistin Katrin Wundsam in der Titelrolle von Kreislers „Heute Abend: Lola Blau“ in der Wiener Kammeroper zu erleben. Auch Ende der Spielzeit tritt sie wieder in Wien auf, und zwar als Garderobiere und Gymnasiast in der Neuinszenierung von „Lulu“ bei den Wiener Festwochen. Mit dem Neuen Merker sprach die Künstlerin unter anderem über Lola Blau, spannende anstehende Rollendebüts, ihre Repertoireerweiterung und warum sie sich auf Social Media als „Baustellendiva“ bezeichnet.

Am Sonntag stehen Sie im Rahmen der Eröffnungswochen des Theater an der Wien in „Heute Abend: Lola Blau“ auf der Bühne. Was sind die Herausforderungen eines solchen „One Woman Abends“, den Sie ganz allein mit einem Pianisten bestreiten?

K.W.: Die Herausforderung besteht darin, DASS man eben mehr oder weniger allein auf der Bühne ist. Diese eineinhalb Stunden braucht es die volle Konzentration, das Wissen, dass sich alles überträgt. Und gleichzeitig ist man einfach sehr exponiert, was wunderbar und eben auch aufregend ist.

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Katrin Wundsam. Copyright: Lilya Namisnyk

Wer ist Lola Blau für Sie?

K.W.: Lola Blau legt eine Verwandlung hin in den 18 Jahren, die das Stück umspannt. Anfangs ist sie voller Sturm und Drang, eine Jugendliche „Arroganz“ hat sie, die Welt liegt ihr zu Füßen. Und sie fällt, und steht auf – wieder und wieder. Sie lebt ihren Traum und zahlt den Preis – und bleibt resigniert zurück. Aber, sie ist immer noch da.

Bei der Inszenierung handelt es sich um dieselbe; die Sie im Jahr 2015 an der Oper Köln gespielt und gesungen haben. Was können Sie uns über das Stück und diese Produktion sagen?

K.W.: Das Stück ist für mich eines der besten, die ich kenne. Zeitlos aktueller denn je. Die Produktion aus Köln wurde an den verschiedenen Interimsspielstätten aufgeführt und braucht keine fixe Bühne. Eigentlich sind wir hier in Wien das erste Mal auf einer richtigen Bühne. Mit einfachen Mitteln, tollen Kostümen und ausdrucksstarken Lichtfolgen kann man diese Produktion beinahe überall aufführen, was es so reizvoll macht.

Anfang 2023 folgt dann ein wichtiges Debüt für Sie. Die Fremde Fürstin in „Rusalka“ haben Sie bereits im Repertoire, nun folgt am Staatstheater Wiesbaden auch die Hexe, die Sie in einer Neuinszenierung zusammen mit der Fremden Fürstin singen. Erzählen Sie uns bitte mehr über dieses Debüt, die beiden Rollen und das Werk.

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Katrin Wundsam. Copyright: Lilya Namisnyk

K.W.: Ja, da freue ich mich schon sehr drauf! Ich finde das Konzept, dass die Hexe auch die Fremde Fürstin singt bzw spielt, schon immer sehr spannend. Rusalka kommt ja zur Hexe Jezibaba und bittet sie, aus ihr einen Menschen zu machen, damit der Prinz sie liebt. Die Hexe tut das auch, belegt sie aber mit einem Fluch – und sorgt gleichzeitig als Fremde Fürstin dafür, dass diese Liebe zerbricht beziehungsweise der Prinz sich von Rusalka abwendet. Um dann im 3. Akt wiederum als Jezibaba zu „helfen“….
Beides böse Frauengestalten, was mich schon immer gereizt hat!
Gesanglich eine Herausforderung, da die Jezibaba sehr viel tiefer angelegt ist als die Fürstin. Aber gerade das finde ich toll, es wird eine Weiterentwicklung in die dramatische Richtung und das ist ja mein Plan.

Gleich nach der eben erwähnten „Rusalka“ folgt ein weiters Rollendebüt, und zwar als Magdalene in
„Die Meistersinger von Nürnberg“. Ein erster Schritt in Richtung etwas dramatischeren Wagnerpartien? Wird bald auch etwa eine Venus, Fricka oder Brangäne kommen?

K.W.: Ja, unbedingt! Bei Wagner stehen gerade Fricka, Brangäne und auch Waltraute ganz oben auf meiner Liste. Die Venus darf auch kommen, aber da gäbe es aus meiner Sicht zuvor eben noch andere Rollen.

Was sind abgesehen von Wagner Ihre Pläne und Wünsche für neue Partien?

K.W.: Abgesehen von den obigen Rollen freue ich mich darauf Komponist zu singen, Carmen, Charlotte, Marguerite, eine Judith aus Blaubarts Burg etc. Meine Stimme ist keine, die sich klar in ein Fach einordnen lässt und somit entscheide ich ganz gezielt, welche Rollen ich singen kann und will.
Der Gipfel dessen, was ich singen möchte, liegt in einer Kundry und/oder Eboli. Mich stetig dahin zu entwickeln ist der Weg.

Wie würde eine Spielzeit aussehen, in der Sie Ihren Kalender komplett frei gestalten könnten?

K.W.: Oh, ich würde Komponist singen, „La damnation de Faust“ oder „Werther“ und vielleicht eine Fricka. Dazwischen Konzerte, wie zum Beispiel Verdi Requiem, Recitals mit den Wesendonck-Liedern und etwa Ravels „Sheherazade“.

Verraten Sie uns bitte mehr über Ihren Hintergrund. Wo wurden Sie geboren und wo sind Sie aufgewachsen? Wie entstand Ihre Liebe zum Gesang und der Wunsch, Opernsängerin zu werden?

K.W. Ich komme aus dem schönen Mühlviertel in Oberösterreich und bin dort am Bauernhof aufgewachsen. Diesen sollte ich ich übernehmen, aber das ging einfach nicht. Ich hab demnach was „gscheites“ studiert, nämlich Wirtschaft und dann erst ernsthaft Gesang am Mozarteum.
Es gab keinen musikalischen Hintergrund bei uns außer die örtliche Blasmusik und den Kirchenchor. Oper war nie ein Thema. Ein Lehrer meinte, als ich circa 15 war, ich hätte eine schöne Stimme und ich solle doch ans Bruckner Konservatorium in Linz. So auch geschehen und ich nahm dort Gesangsunterricht. Aber all dies war recht lang sehr fremd bestimmt, denn ich hatte schlichtweg keine Ahnung, was es heißt, in diesen Beruf zu gehen bzw darin zu bestehen… Und so hat es etwas gedauert, was aber für mich persönlich, meine mentale und auch psychische Entwicklung sehr sehr wichtig war.

Auf Instagram bezeichnen Sie sich als „Baustellendiva“. Was hat es damit auf sich?

K.W.: Mein Mann und ich bauen einen Bauernhof im Innviertel, und zwar nachhaltig, mit eigenem Holz, eigenem Altholz, mit eigener Strom – und Wasserversorgung und eigenen Hackschnitzeln zum Heizen. 2019 haben wir begonnen, das alte Haus abzureißen, das alte Holz, die alten Ziegel wieder aufzubereiten und dann neu zu verbauen. Es ist unser Herzens- und Lebensprojekt!

Sie sind auch Coach für Angstbewältigung. Erzählen Sie uns bitte mehr davon.

K.W.Ich mache derzeit eine Ausbildung zum Personal und Business coach. Die Idee kam mir, weil ich schon immer mit sehr heftigem Lampenfieber gekämpft habe und im Laufe der Jahre vieles probiert und angewendet hab und mir dachte, da gibt’s einfach etwas, das ich weitergeben kann und will. Speziell denke ich natürlich an Künstler, aber auch Führungskräfte und grundsätzlich einfach Menschen, die Probleme haben, sich und ihre Kunst/Arbeit/Ideen zu präsentieren. Die sich dadurch, obwohl sie vielleicht fachlich brilliant sind, selbst im Weg stehen. Da gibt’s einfach Hilfe, und die möchte ich anbieten. Und bei dieser Hilfestellung lerne ich gleichzeitig immer noch mehr, mit meinen eigenen Nerven umzugehen.

Danke für das Gespräch!

 

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