Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

KASSEL/Staatstheater: GÖTTERDÄMMERUNG – Premiere

Fulminant vollender – Der Ring in Kassel

08.03.2020 | Oper


Kelly Cae Hogan, Ulrike Schneiders. Foto: Norbert Klinger

Fulminant vollendet – Der Ring in Kassel

Götterdämmerung, Staatstheater Kassel, Premiere am 07. März 2020

Es ist vollbracht. Nach der Rheingold-Premiere im September 2018 hat das Staatstheater Kassel in der ambitionierten Zeit von eineinhalb Jahren seinen neuen Ring geschmiedet, den Hinweis darauf, dass dies seit Anfang der 60er Jahre bereits der fünfte Zyklus ist, darf das Haus zu Recht mit ein wenig Stolz nach außen tragen.

Der große Erfolg der umjubelten Premiere der Götterdämmerung geht vor allem auf die insgesamt großartige musikalische Umsetzung zurück. GMD Francesco Angelico hat das Staatsorchester Kassel auf sehr hohem Niveau darauf vorbereitet, in die vielschichtigen Klangwelten des Rings einzutauchen, mit großem Atem zu musizieren und bei aller Dramatik und Dichte der Partitur zu keinem Zeitpunkt des Abends sich in den Vordergrund zu drängen; die Balance zwischen Graben und Bühne war ausgesprochen ausgewogen, und es zeigt sich eben immer wieder, dass es selbst im fulminanten Finale der Tetralogie einige Passagen gibt, in denen kammermusikalisch-zurückgenommenes Musizieren die wirkliche Dimension der Szene erst zur Geltung bringt. Auf diesem Weg sollte Franceso Angelico unbedingt weitermachen und sein Orchester noch mehr zu einem so kultivierten und für höchste Aufgaben bestens disponierten Klangkörper formen.

Auf der Bühne waren erfahrene Protagonisten ebenso wie junge Ensemblemitglieder auf Augenhöhe miteinander zu erleben. In der Gunst des Publikums besonders hoch stand Albert Pesendorfer als Hagen, dem ohne Zweifel die sängerische Krone des Abends gebührte. Er hat den fiesen Finsterling ganz zu seiner Partie gemacht, vermag unglaubliches Volumen zu aktivieren und verliert dabei nie den technisch sehr gepflegten Umgang mit seinem eindrucksvoll dunkel gefärbten Bass. Er ist an vielen, auch international wesentlich renommierteten Bühnen mit der Partie bereits aufgetreten und bringt seine Souveränität nun in vollen Zügen in den Kasseler Ring ein.

Als Brünnhilde auch in der Götterdämmerung wieder zu erleben war Kelly Cae Hogan. Auch sie verfügt über Erfahrung mit den drei fordernden Partien und zeigte an diesem Abend ebenfalls eine stimmliche Leistung von seltener Souveränität. Für das hochdramatische Repertoire verfügt sie über ein recht helles, leichtes Timbre, was der jugendlichen Wirkung der Partie aber nur entgegenkommt. Sie sang mit schlankem Ansatz, gab nie zu viel, setze sicher platzierte dramatische Höhepunkte und bewahrte sich bis zum kraftzehrenden Schlussgesang bemerkenswerte Frische. Auch schauspielerisch ist ihr ein großartiges Rollenporträt gelungen. Ihr zur Seite stand Daniel Frank als neuer Siegfried auf der Bühne. Auch er konnte mit dem kernigen Timbre seiner Stimme und musikalisch fantastisch ausgeleuchteten Szenen wie etwa dem Ende des ersten Aktes sowie seiner Erkenntnis-Szene im dritten Akt nachdrückliches Format abgewinnen.


Vero Miller, Kelly Cae Hogan, Martha Herman sowie Kasseler Bürger. Foto: Norbert Klinger

Aus dem sehr überzeugend zusammengestellten übrigen Ensemble ist unbedingt Ulrike Schneiders mitreißende sängerische wie darstellerische Intensität als Waltraute zu nennen, ihre Szene mit Kelly Cae Hogan war einer der Höhepunkte des Abends; mit der kernigen und volltönenden Präsenz seines edlen Baritons war Hansung Yoo ein Gunther, der der oft vernachlässigten Partie Gewicht verlieh. Thomas Gazheli war wie bereits in Rheingold und Siegfried als voluminöser, finsterer Alberich dabei, und die übrige Damenriege mit Jaclyn Bermudez als Gutrune, Martha Herman als erste Norn und Floßhilde, Vero Miller als zweite Norn und Wellgunde, Elizabeth Bailey als Woglinde sowie Doris Neidig als dritte Norn komplettierten ein Ensemble von seltener Ebenbürtigkeit bis in die kleinen Partien hinein. Den Auftritt im zweiten Akt nutzten Chor und Extrachor unter der Leitung von Marcus Zeiser Celesti für eine stimmstarke Visitenkarte.

Markus Dietz ist es zusammen mit Mayke Hegger, Bühne, und Henrike Bromber, Kostüme, durch eine auf wenige Elemente und Requisiten konzentrierte szenische Lesart gelungen, einen spannungsgeladenen Abend zu kreieren. Viele einfallsreiche Details, aber vor allem die überwiegende Schlichtheit des schwarz-weiß geprägten Bühnenraumes sorgten für dichte Atmosphäre in vielen Szenen; das silberne W am Bühnenhintergrund durfte als durchgehendes Element natürlich auch in der Götterdämmerung nicht fehlen.

Christian Schütte

 

Diese Seite drucken