Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

KARLSRUHE: „ROMÈO ET JULIETTE“ – Gala

am 23.6. (Gerhard Hoffmann)

24.06.2018 | Oper

Karlsruhe: „ROMÈO ET JULIETTE“ – GALA 23.06.2018

Stand die UA „Roméo et Juliette“ (Charles Gounod) 1867 im Schatten der Pariser Weltausstellung wiederholte sich derselbe Schicksals-Faktor heute zur Gala im Badischen Staatstheater mit illustren Gästen der internationalen Opernszene. Nur spärlich war das Haus gefüllt, doch dem nicht sonderlich aufregenden Ergebnis zu Folge, wage ich es zu behaupten die sportlich Begeisterten wären beim musikalischen Event mit Sicherheit im Opernhaus mehr auf ihre Kosten gekommen. Oper konzertant – Pourquoi pas? Sänger von erlesener Optik, in eleganten Roben, von zarter Hand (Deborah Maier) dramaturgisch unterstützt, wissen um die Materie (im Gegensatz zu manchem Regisseur) des Geschehens, verkörperten ihre Rollen dezent mit mädchenhafter Anmut und herb-maskuliner Verve, dazu Gounods schwelgerische Melodien, Opernherz was willst du mehr? Ich gestehe es ohne Scham, ich ziehe diese „Inszenierungen“ manch fragwürdiger Szenerie vor.

Adversativ meiner bisherigen Begegnungen des Veroneser Liebespaares mit mehr lyrischen, jugendlich-strahlenden Stimmen faszinierten mich die beiden Gäste im Verlauf ihres gesteigerten dramatischen Aplombs immer mehr, erschienen sie mir in realer stimmlicher Weiterentwicklung bereits der gewohnten Rollenvorgabe (?) entwachsen, präsentierten sie im „drame lyrique“ doch die eigentlichen Intentionen des Komponisten.

Nino Machaidze verkörperte in stets geordneter Gestik und bezaubernder Mimik die Emotionen der jungen ersten Liebe, fand sich schnell in die völlig neue Welt des „Frau-Seins“ der Juliette mit aller Konsequenz. Charakteristisch bot die georgische Sopranistin hierfür die nötigen lyrisch dramatischen Farben ihrer kräftig-herben Mittellage, feine innige Piani, das klare präzise Höhenpotenzial. In leichter Vokalise erklang Je veux vivre in Verbindung eines exzeptionell schönen Timbres während der seelenvollen Duette bis hin zum tiefgehend berührenden Finale, gelegentliche kantige Obertöne waren nicht zu überhören, beeinträchtigten jedoch nicht das positive Gesamtbild.

Mühelos, strömend in allen Lagen mit glänzender Höhenpräsenz verkörperte Charles Castronovo den auch optisch idealen Charmeur. Der amerikanische Tenor punktete nicht nur in vorzüglicher Überzeugungskraft des jugendlich-spontanen Roméo, er verstand es zudem entspannt- darstellerische Aspekte mit klangschönem Timbre in kultiviertem Legato mit kraftvoll-tenoraler Leidenschaft zu paaren. Perfekt nuanciert offenbarte Castronovo Emotionen in exzellent-differenzierter Interpretation, auf seinen „Hoffmann“ in Baden-Baden darf man sich schon jetzt freuen.

Mit satten Couleurs ihres üppigen Mezzosoprans überreich verwöhnt präsentierte sehr beweglich Alexandra Kadurina den jungenhaft-frechen Stéphano. Mütterliche Sequenzen verlieh in dunklem Altregister Ariana Lucas der Gertrude.

Bassgewaltige, dennoch gütige Sonorität verkörperte in vokalem Schönklang Avtandil Kaspeli als Frére Laurent. Belkanto pur, enorme Flexibilität schenkte Dean Murphy seinem schönen Bariton und dem treuen Mercutio die optische Präsenz. Prachtvoll ließ ebenso Nicholas Brownlee seinen herrlichen Bariton (Capulet) erblühen.

Agressiv in Spiel und rau im Ton gestaltete James Edgar Knight den Tybalt. Schönstimmig dagegen bereicherten Konstantin Ingenpaß (Paris), Yang Xu (Le Duc), César del Rio Fuentes (Benvolio) und Ks. Edward Gauntt (Grégorio) die weniger tragenden Rollen. Frisch, flexibel, homogen absolvierte der Staatsopernchor (Ulrich Wagner) seine rhythmischen Parts.

Daniele Squeo am Pult der diszipliniert aufspielenden Badischen Staatskapelle gestaltete die farbenreiche Partitur einfühlsam und transparent. Gounods Melodien blühten wunderbar schwelgerisch ohne Larmoyanz in süffisanter Klangpracht. Unmissverständlich legte der versierte Dirigent auch den dramatisch-tragischen Aspekt dieser herrlichen Musik offenbar, stets wachen Blicks die Solisten aufmerksam begleitend.

Das begeisterte Publikum spendete Gästen und Ensemble sieben Minuten, sich von den Sitzen erhebend enthusiastischen Beifall und lautstarke Bravochöre. Alle Ferngebliebenen bestraft das Leben.

Gerhard Hoffmann

 

 

Diese Seite drucken