Karlsruhe: Parsifal am 14.5.2015
Der Oper Karlsruhe ist es gelungen, eine musikalisch unsd szenisch kompakte Parsifal-Inszenierung auf die Bühne zu stellen, die in vieler Hinsicht beeindruckt. Ein elastisches Zusammenspiel von Bühne und Graben führt dazu, daß das ausgreifende, oft in Einzelaspekte zerfallende Weihefestspiel hier als spannendes, sinnvoll sich aufbauendes und packendes Musikdrama empfunden wird. Justin Brown animiert die Staatskapelle zu eminent flüssigem, etwas halligem, trotzdem gut durchhörbarem Spiel, und auch die Stellen wie Gralsmusik mit dunkel-mysteriösem Glockensound erscheinen wunderbar eingebunden. Die Chorstimmen von oben hätten vielleicht noch etwas präsenter sein können und damit einen prägnanteren Kuppelkang entwickeln können…
Die Regie Keith Warners erzählt auch auch bei der Negativfigur Klingsor fast einen Bildungsroman. Parsifal, um hellsichtig zu werden, muss von klein auf in der Schule lernen, so auch bei einem gestrengen Lehrherrn Klingsor. Kundry wird hier wie in einem Nonnenkloster gehalten und auch mit Zwangsjacke bestraft. In der Gralswelt wird bevorzugt mit Büchern hantiert und beim ‚Raum wird hier die Zeit‘ ein Stationendrama abgeschritten. Die Kuppel erinnert eher an einen großen Iglu (Bühnenb.: Tilo Steffens), die über eine eingravierte Treppe non außen begehbar ist. Im 3.Akt zeigt sie im Inneren Devotionalien und andere Versatzstücke unterschiedlicher Religionen. Dass es Warner letztlich um Säkularisierung und Beendigung des irrsinnigen Treibens von Amfortas, Titurel und der Gralsritter geht, die am Ende sogar handgreiflich gegeneinander werden, zeigt ihr finaler Abgang und die Heraufkunft „heutiger“ ziviler Menschen, die in schöner Bekleidung (Julia Müer) die Bühne wandelnd bevölkern.
Die Blumenmädchen umschmeicheln den der Pubertät entwachsenenen Parsifal von allen Seiten, wobei dei Solistinnen wie College-Girls in kurzen Zebra-Faltenröcken schwarzbestrumpft von schulterfreien Chormädchen mit Goldperücken assistiert werden. Gesanglich verschwistern sie zu einer klangschönen sich immer steigernden Klangwolke. Die Szene mit Kundry findet dann in einem Salon mit Lederfauteuill statt.. Das Altsolo desillusioniert dagegn merklich, mit einer ‚weißen‘ Knabenstimme besetzt. Einen robusten glutstimmigen Klinsor singt und spielt Jaco Venter. Der Parsifal des Eric Nelson Werner verfügt zwar über eine mächtig durchdringende Stimme, diese besitzt aber ein typisches Barition-(Helden)timbre, das aber insofern hier zu Wagners Stimmtypendisposition quer steht. Die tiefen Stimmen sind somit einfach zu dominant. Ein brauchbarer Titurel ist Avatandil Kaspeli. Renatus Meszar bringt einen breiten stimmlich plastisch schönen Amfortas ins Spiel. Der absolute Hit stellte für mich bei der Gala der Gurnemanz von Kurt Rydl dar: so einen manchmal donnernden Gurnemanz, dabei so gut phrasierend und errzählend, ist in der Rolle wirklich selten. Dabei hat die Schönheit des markanten Baßtimbres fast noch gar nichts eingebüßt.So ein exaltierter Karfreitagszauber! Die Kundry ist mit Michaela Schuster nicht weniger spektakulär besetzt. Ihren üppigen exquisiten Mezzo setzt sie eminent verführerisch ein und wirft sich fulminant in ihre sonderbaren Verwandlungen.
Friedeon Rosén