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KARLSRUHE/ Badisches Staatstheater : FANTASIO von Jacques Offenbach. A-Premiere

16.12.2014 | Operette/Musical

KARLSRUHE/ BADISCHES STAATSTHEATER : FANTASIO von Jacques Offenbach am 13.12. (A – Premiere)

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Foto: Staatstheater Karlsruhe

 Warum gibt es nach der Rossini-, Händel- und Vivaldi – immer noch keine Offenbach-Renaissance ?

Bei allem Verständnis für die Schwierigkeit der Quellenlage bleibt dieses Versäumnis umso unverständlicher, als sich jedes neu zugänglich gemachte Werk des französisierten deutschen Juden immer wieder als ein Meister-Werk erweist.

So auch “ Fantasio „, der vom besessenen Herausgeber der Kritischen Ausgabe, Jean-Cheistophe Keck dank jahrelanger mühevoller Suche in Archiven und bei zerstrittenen Offenbach-Erben endlich rekonstruiert werden konnte.

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Die Prinzessin versucht der Hochzeit zu entfliehen. Foto: Badisches Staatstheater Karlsruhe

Nach einer konzertanten Präsentation in London(von der ein empfehlenswerter Mitschnitt in Originalsprache bei Opera Rara vorliegt) kam es jetzt in Karlsruhe zur ersten szenischen Wieder-aufführung in modernen Zeiten.

Eine Operette, eine „Offenbachiade“ durfte man sich allerdings nicht erwarten. „Fantasio“ ist vielmehr eine „opéra-comique“, irgendwo auf halbem Weg zwischen den „Rheinnixen“ und „Hoffmanns Erzählungen“ angesiedelt.

Hingegen erwartet einen eine Musik von solcher Raffinatesse, Subtilität und Einfallskraft, dass Offenbachs Spitzname „Mozart der Champs-Elysées“ mit einem Mal plausibel wird.

Diese wiederum wird vom Ensemble und vom Orchester des Badischen Staatstheater exzellent dargeboten. Der (auch aus der Wiener Volksoper bekannte) Dirigent Andreas Schüller sorgte für Dynamik und Durchhörbarkeit, die hauseigene Primadonna Ina Schlingensiepen brillierte als Prinzessin Theres sowohl gesanglich als auch mimisch,ihr Konterpart, die türkische Mezzosopranistin Dilara Bastar als der mondsüchtige Bummelstudent Fantasio konnte mit ihr zwar stimmlich mithalten, war jedoch darstellerisch noch ein wenig grün hinter den Ohren(kein Wunder, war es doch ihre erste Hauptrolle).

Ausgezeichnet auch Renatus Meszar als König von Bayern, Gabriel Urrutia Benet als Herzog von Mantua sowie Klaus Schneider als sein Adjutant.

Warum man das Werk in Karlsruhe aber nicht auf französisch, sondern auf deutsch gab (Wieso eigentlich ? Macht man doch mit Verdi, Massenet und Mussorgski auch schon lange nicht mehr !), bleibt ein Rätsel und verdarb einem die große Freude an dieser Wiederentdeckung gründlichst. Zumal die Übersetzung nicht nur grobschlächtig und anti-musikalisch, sondern teilweise auch grammatikalisch so falsch war, dass einem die Ohren schlackerten… Vollkommen unverständlich.

Da ist noch verständlicher, weshalb die Oper bei der Pariser Premiere nach nur 10 Vorstellungen „durchfiel“. Denn mit dieser vertonten Hymne für die „Fantasie an die Macht“, mit diesem flammenden Plädoyer für zivilen Ungehorsam und bedingungslosen Pazifismus konnte man in Paris so kurz nach dem deutsch-französischen Krieg wohl wenig anfangen…

In Wien war Fantasio allerdings, kurz nach der Pariser Premiere, ein großer Erfolg. Und in Wien würde man ihn auch gerne wieder hören und sehen.

 Robert Quitta, Karlsruhe

 

 

 

 

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