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KARLSRUHE/Badisches Staatstheater: ANNA BOLENA. Gala-Vorstellung

Von Pepe und anderen Profis

13.01.2019 | Oper

Gaëtano Donizetti: Anna Bolena, Badisches Staatstheater, Karlsruhe, Gala-Vorstellung 12.01.2019

Von Pepe und anderen Profis

 

«Der Auftritt des Falken auf der Bühne ist tierärztlich unbedenklich. Pepe ist Flugshowprofi… » ist ganz am Ende des Besetzungszettels vermerkt.

Profis waren vor allem die Gäste der Gala-Vorstellung und verdienen dafür ein grosses «Bravi!», dass die Aufführung ohne szenische und musikalische Probe doch noch so gut gelungen ist.

Der erste Akt war geprägt von gegenseitigem Kennenlernen. Entsprechend dürftig war das musikalische Haben, da wiederholt Differenzen zwischen Dirigent Daniele Squeo und den Solisten bestand. Squeo hat die Badische Staatskappelle sehr vorsichtig dirigiert und daher geriet der musikalische Teil akademisch und blutleer. Im zweiten Akt hatte man sich aneinander gewöhnt, konnte sich nun auch verständigen und so ist eine deutliche Verbesserung zu konstatieren. Italianità wurde aber leider nie erreicht. Eine Anpassung der Lautstärke an das (an diesem Abend leider schwach besetzte) Auditorium bleibt aber auf der to do-Liste.

Elena Mosuc sang eine Anna Bolena der Sonderklasse. Die absolute Durchdringung der Partie war in jeder Phrase zu spüren und ihre Stimme ist über die Jahre noch deutlich runder geworden. Selten hat man eine so differenzierte Interpretation dieser Rolle gehört. Nicholas Brownlee (Enrico) besitzt einen wunderbaren  Bariton mit hervorragender Technik. An diesem Abend hat er sein Material allerdings viel zu einseitig eingesetzt. Ist der Rohdiamant einmal geschliffen, die stilistische Ausbildung nachgeholt, freut man sich ihn im Belcanto und Verdi-Repertoire zu hören. Giulio Pelligra gab Lord Riccardo Percy. Weniger ist manchmal mehr und so dominieren die gestemmten, herausgebellten Spitzentöne die Erinnerung an seine Interpretation. Auch in diesem Fall wäre mit etwas Feinschliff noch viel herauszuholen. Bei Ewa Plonka (Giovanna Seymour)  wollte an diesem Abend nur die Mittellage frei strömen. Die Höhen gerieten eng, gepresst, manchmal unangenehm schrill. Yang Xu als Annas Bruder Lord Rochefort und Cameron Becker als Signor Hervey vervollständigten das Ensemble auf hohem Niveau. Die junge Ukrainerin Alexandra Kadurina in der Hosenrolle des Smeton war die Entdeckung des Abends. Traumhafte Höhen, wunderbare Tiefen und ein frisches, natürliches Spiel.

Ulrich Wagner hatte den Badischen Staatsopernchor vorbereitet und auch die Statisterie des Staatstheaters Karlsruhe trug ihren Teil zum Gelingen des Abends bei.


(Foto: Falk von Traubenberg)

Dick Bird (Bühnenbild) hat Irina Brown (Regie) für ihre Inszenierung ein vielfältig variables Bühnenbild geschaffen, das Enge wie Weite bietet, Nischen für die Wachen und ein Galerie für Verräter und Spione (bevorzugter Aufenthaltsort Harveys). Die metallartige Struktur soll den Schliessmechanismus der sogenannten „Armada Chests“ darstellen (es tauchen immer wieder die entsprechenden Gewichte im Bühnenbild auf): das Gefangenensein der Figuren im Mechanismus der Macht. Die Kostüme (Moritz Junge) sind von der Mode der Zeit inspiriert und so ergibt sich im Zusammenspiel mit der Beleuchtung (Stefan Woinke) eine sehr ästhetische, durchaus eindrückliche Aufführung.

Die Aufführung kommt leider nicht ohne Striche aus. Jedes Stück, das länger als drei Stunden sei, sei dem Karlsruher Publikum nicht zuzumuten, so der Dramaturg in der Einführung. Unklar ist, wieso die Händel-Opern mit vier Stunden Dauer kein Problem und ausverkauft sind. (Eine erste Vorstellung „Serse der Händel-Festspiele 2020 ist daher schon für den Vorverkauf geöffnet).

Fazit: Die andernorts weit gediehene Belcanto-Renaissance muss in Karlsruhe noch intensiv gepflegt werden. Schade, dass ein Werk wie „Anna Bolena“, in der dortigen Auslastungs-Statistik nur den vorletzten Platz einnimmt.

Weitere Aufführungen: Donnerstag, 14.02., 19:30 – 23:00, Freitag, 15.03., 19:30 – 23:00, Donnerstag, 28.03., 19:30 – 23:00 und Freitag, 05.04., 19:30 – 23:00.

13.01.2019, Jan Krobot

 

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