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KARIN BERGMANN: Ich hätte nichts anders gemacht


Foto: Wagner

KARIN BERGMANN

Ich hätte nichts anders gemacht

Renate Wagner berichtet von der letzten Pressekonferenz der Burgtheater-Direktorin

Fünf Monate sind es noch, dann sind die fünf Spielzeiten vorbei, in denen Karin Bergmann das Burgtheater geleitet hat. Und gerettet, wie man ehrlicherweise sagen muss: Die ersten beiden Jahre war sie damit befasst, das finanzielle Debakel, das Matthias Hartmann hinterlassen hatte, zu sanieren – mit Hilfe von Thomas Königstorfer, der als Geschäftsführer des Burgtheaters mit ihr die Krise bereinigt hat. Mittlerweile ist der Linzer bekanntlich in seine Heimat zurückgekehrt, und Karin Bergmann gab ihre Abschlußpressekonferenz an der Seite von Robert Beutler, der quasi in ihrem Namen das Haus mit einigen Rücklagen an Martin Kusej übergibt, der im Herbst 2019 als Burgtheaterdirektor antreten wird.

Hätte Karin Bergmann jetzt im Rückblick, so wurde sie gefragt, etwas anders gemacht?
„Nein“, sagt sie.
Denn was sie sich vorgestellt hat, hat sie bemerkenswert durchgezogen.

Karin Bergmann blickt zurück auf fünf Jahre mit 107 Premieren, davon 41 Ur- und Erstaufführungen. Das Burgtheater hatte in ihrer Ära knapp zwei Millionen Besucher (wenn man die restlichen fünf Monate hoch rechnet), und es kann derzeit bei zahlreichen Aufführungen auf eine Auslastung von über 95 Prozent blicken, was für Sprechtheater hervorragend ist.

Karin Bergmann hat auf viele für Wien neue Namen gesetzt, hat vielen jungen Leuten (vor allem Regieassistenten, die mit Regien betraut wurden) Chancen gegeben, war mit ihren Dramaturgen in stetem Kontakt mit einer Reihe von neuen Autoren. Dass die Frauenquote nicht die Zahl erreicht hat, die sich eine Frau in Führungsposition wünscht, gibt sie zu: „Nur 30 Prozent unserer Regisseure sind Frauen.“ Aber sie hofft, das wird sich bessern. Mal sehen, was ihr Nachfolger – ein Mann – dahingehend unternehmen wird.

In den Häusern des Burgtheaters (Burgtheater, Akademietheater, Kasino, Vestibül) gibt es noch viel Neues bis zu Saisonende – und einiges hoch besetztes „Alte“,
* wenn Christian Stückl (der Oberammergau-Stückl) den dramatisierten „Hiob“-Roman von Joseph Roth (mit Peter Simonischek) auf die Bühne bringt,
* wenn Claus Peymann mit „Die Stühle“ endlich seine letzte Burgtheater-Inszenierung abliefern kann (Kusej wird ihn nicht mögen), sobald der komplizierte Beinbruch von Maria Happel geheilt ist,
* wenn Andrea Breth „Die Ratten“ von Gerhart Hauptmann inszeniert (und Johanna Wokalek als Frau John an die Burg zurückbringt).
* Johan Simons inszeniert Büchners „Woyzeck“,
* der schreibende Publikumsliebling Joachim Meyerhoff wird nach seiner Erkrankung wiederkehren und ein eigenes Projekt als Autor und Darsteller vorstellen,
* das nächste Pollesch-Projekt sieht Birgit Minichmayr (leider nicht auch Sophie Rois) unter den Mitwirkenden.

Eine der letzten Premieren wird im Kasino ein altes Boulevard-Rührstück sein, „Sechs Tanzstunden in sechs Wochen“, aber der Hintersinn der Produktion besteht darin, dass das Publikum mitswingen soll, dass sich das Kasino am Ende der Vorstellung in einen Club und eine Disco verwandelt, so dass man ohne Reue aus der alten Ära hinaustanzt – und dann sieht, was die neue bringen wird.

Der Kritiker wird Karin Bergmann (je nach persönlicher Einstellung freudvoll oder leidvoll) zugestehen, dass sie das Haus nahtlos und unterscheidungslos an die deutsche Theaterlandschaft angeschlossen hat, dieselben neuen Autoren, dieselben Regisseure, dieselbe „heutige“ Ästhetik, die aber vom Publikum offenbar angenommen wird. Man ist nun „Theater heute“- und Theatertreffen-reif – ein individuelles Profil, wie es das Burgtheater einst hatte, gibt es nicht mehr, aber diese Entscheidung hat Karin Bergmann mit Wissen und Wollen getroffen. Mal sehen, wie viel von ihrer „Suppe“ ihr Nachfolger Martin Kusej über die angekündigten Nicht-Vertragsverlängerungen hinaus noch ausschütten wird.

 

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