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Karel Ančerl dirigiert SUK und KREJCI – Südwestfunk-Orchester Baden Baden 1967 – SWR Classic CD

17.01.2018 | cd

Karel Ančerl dirigiert SUK und KREJCI – Südwestfunk-Orchester Baden Baden 1967 – SWR Classic CD


Erste offizielle Veröffentlichung der Original SWR Tapes Remastered

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Es ist immer wieder erstaunlich, welche orchestrale Qualität und künstlerische Autorität dt. Rundfunkorchestern in den 60-er Jahren zugeeignet werden kann. Wenn es eines eindringlichen Beispiels dafür bedürfte, wäre die soeben veröffentliche Studioaufnahme des Südwestfunk-Orchester Baden-Baden unter der Leitung des charismatischen Karel Ančerl des bester Anwalt. Auf dem Programm an jenem denkwürdigen 19. Mai 1967 standen „Asrael“, op 27, von Josef Suk und die „Serenata für Orchester“ von Iša Krejčí.

 

Karel Ančerl überlebte als einziger seiner Familie Auschwitz. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings verließ er seine Heimat in Richtung Toronto. Ančerl, der die Tschechische Philharmonie als Nachfolger von Vaclav Talich als eines der besten europäischen Orchester positionieren und zu ungeahnten Höhenflügen animieren konnte, reüssiert mit diesen extrem gegensätzlichen Stücken im SWR. Josef Suk hatte Asrael im Gedenken an seinen Schwiegervater Antonín Dvořák 1905 geschrieben. Im selben Jahr starb seine junge Frau Otilka und Suk erweiterte aus diesem Grund während der Komposition des Adagios das Stück um einen weiteren fünften Satz. Vor dem 4. Satz ist jetzt eine längere Pause vorgesehen, vor dem neuen Finale eine kurze. Der Titel der groß angelegten knapp einstündigen Symphonie bezieht sich auf einen Totenengel, der im Auftrag Allahs die Seele vom Körper trennt. Das zweite neoklassizistische Stück der CD ist Iša Krejčís heiterer und humorfunkelnder Serenata gewidmet, eine „verschmitzt virtuose Tour de force, ja ein joie de vivre-Paradestück“ (Christoph Schlüren).

 

Beides dirigiert Ančerl in dem typisch tschechisch-geschmeidigen Idiom gepaart mit technischen Brillanz, enormem Tiefgang und einer hinreißenden Klangsymmetrie, die selbst einem Fritz Reiner oder Sir Georg Solti Ehre gemacht hätten. Im Bookletaufsatz wird der Solocellist der Tschechischen Philharmonie, František Sláma, zitiert, der bezeugte, dass Ančerl hart an der Belastungsgrenze der Musiker arbeitete und Oberflächlichkeit nicht ausstehen konnte. Ančerl hat einst selbst angemerkt: „Die Virtuosität ist an sich nicht der Zweck, sondern das gesetzmäßige Überwinden der Stofflichkeit der musikalischen Mittel, ohne das man nicht zum Geist des Werkes vordringen kann. Nein, ich bin kein Virtuose, ich bin ein ehrlicher Arbeiter – und ein tschechischer Künstler.“ Vielleicht erklärt diese Haltung und das atemberaubende Können des tollen Klangkörpers das Faszinierende an dieser Aufnahme, diesen besonderen Magnetismus und atmosphärische Eintauchen in Suks viel zu wenig aufgeführtes Meisterwerk. Die Klangqualität der CD ist großartig und in der Transparenz und Tiefenstaffelung vielen heutigen Aufnahmen haushoch überlegen. Zugreifen!

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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