Jubiläumsfahrt aus Anlass von 125 Jahren Horch in Köln
Von Andrea Matzker und Dr. Egon Schlesinger
Die Erinnerungsplakette an den teilnehmenden Fahrzeugen. Foto: Andrea Matzker
„Hier begann der Automobilpionier August Horch (1868-1951), Gründer der Marken Horch und Audi, am 14. November 1899 mit der Entwicklung und Herstellung seiner Automobile.“
Dies ist der Wortlaut der goldenen Plakette, die zu seinem Andenken am Haus Venloer Straße 295 von Ehrenfeld direkt am Neptunplatz angebracht wurde. Heute befindet sich darin eine Filiale der Stadtsparkasse.
Die Horch-Automobile auf dem Kölner Neptunplatz. Foto: Andrea Matzker
Die Anwohner am Neptunplatz staunten nicht schlecht, als am Sonntagvormittag, den 26. Mai 2024, ein Automobil der Dreißigerjahre nach dem anderen auf dem Platz vorfuhr und vor dem Neptunbad stehen blieb. Tatsächlich rollten 13 der kostbaren, bildschönen, meist bichromen und volltauglich funktionierenden Luxuskarossen an, das 14. Auto war der ebenso alte und immer noch original hell- und dunkelgrün lackierte BMW 326 aus dem Jahr 1938 eines Kölners, der auch im Horch Club ist. Er platzierte sich farblich sehr passend direkt neben dem zuerst angekommenen Horch 830 BL Sport-Cabriolet aus dem Jahre 1935, ebenso in diversen Grünschattierungen. Darunter der Fischsilber-Lack in der Farbe hellgrün, einem Vorläufer der heutigen Metallic-Lackierung, dem Schuppen von Fischen beigemischt wurden, um den Metallic-Effekt zu erzielen. Für ein halbes Kilogramm Silberglanz mussten ungefähr 18.000 bis 20.000 Fische ihre Schuppen lassen. Man kann sich vorstellen, wie kostbar diese Farbe letztendlich war. Im August Horch Museum steht ein Horch 853 Sport-Cabriolet von 1936, der genau mit dieser Technik in eben dieser Farbe hellgrün lackiert wurde.
–Horch-830-BL-Sport-Cabriolet. Foto: Andrea Matzker
Organisiert wurde diese Tour vom Horch-Club in Zwickau aus Anlass des 125. Jahrestages der Eröffnung der Produktionsstätte von August Horch in einer ehemaligen Pferderemise an der Venloer Straße 295 in Köln Ehrenfeld. Gestartet war die Tour unter Polizeischutz, mit Security-Mitarbeitern in Horch-Livree und begleitet von zwei großen Werkstatt- und Reparatur-Wägen in Horchs Geburtsort Winningen an der Mosel. Daher hatten alle Fahrer schon eine gewisse Kilometeranzahl hinter sich, bevor sie sich auf dem Neptunplatz zur Formation aufstellten. Kaum zu glauben, dass alle Autos pannenfrei in Köln ankamen und hoffentlich auch dementsprechend weiterfahren werden, denn es liegt noch eine große Strecke von insgesamt ca. 1200 km vor ihnen. Jeden Abend reinigen und polieren die Eigentümer regelmäßig ihre riesigen Schätzchen und haben dazu auch alle Utensilien dabei.
Angefahren werden bei dieser Jubiläumsfahrt vom 25. Mai 2024 bis zum 2. Juni 2024 alle bedeutenden Stätten des Lebens und der Produktionen von August Horch. Vom Geburtsort Winningen über Köln und Zwickau mit dem Horch-Museum, von dem Autoliebhaber behaupten, es sei das schönste Automuseum der Welt, bis nach Ingolstadt. In all diesen Städten kommen neue Fahrer mit ihren Horch-Automobilen, zum Teil auch aus Österreich, der Schweiz und Polen, zu dem Korso hinzu und vergrößern damit ihre Anzahl fast bis auf das Doppelte. Dabei ist davon auszugehen, dass dies letztendlich die größte Ansammlung aller Horch-Automobile an einem Platz auf der gesamten Welt sein dürfte. Lediglich bis zu 40.000 (wie man schätzt) dieser Prunkkarossen wurden bis zum Jahr 1939 hergestellt. Man schätzt, dass davon vielleicht noch maximal 350 – 400, wenn überhaupt, und dabei wären „versteckte“ private mitgerechnet (wie bei den großen Kunstschätzen, die zuletzt auf Auktionen gesehen werden und dann in privaten Sammlungen verschwinden; also könnte man davon ausgehen, dass es sich reell nur noch um eine Zahl von ca. 200 bekannter Fahrzeuge handeln dürfte), auf dem Erdball vorhanden sind.
OB-Henriette Reker mit dem Horch-853 Sport Cabriolet. Foto: Andrea Matzker
OB Henriette Reker in ihrer Ansprache zu einem selten genug freudigen Anlass. Foto: Andrea Matzker
Horch Club-Mitglied Robert Rademacher, der in Köln und Düsseldorf tätig ist, ließ es sich nicht nehmen, Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit seinem eleganten Horch 853 Sport-Cabriolet abzuholen und, selbstverständlich, auch wieder zurückzufahren. Henriette Reker, die als einzige, gemeinsam mit der Ehefrau des ersten Vorsitzenden des Horch Clubs, stilecht gewandet war, und außerdem als kleines Mädchen im Neptunbad schwimmen gelernt hatte, war äußerst begeistert von der großen Kunstfertigkeit und Liebe zum Detail, mit der jede Kleinigkeit an diesen herrlichen Fahrzeugen gearbeitet wurde. In ihrer Ansprache betonte sie, dass sie noch nie so elegant wie heute irgendwohin gebracht worden sei und auch noch nie so bequem gesessen habe. Denn schließlich: „Köln fährt Ford.“ Robert Rademacher erklärt, dass er auf der Autobahn mit seinem Wagen zwischen 90 und 100 km/h fährt, dass der Wagen aber einen speziellen Autobahngang habe, in dem er sogar 120 km/h fahren könne, und das bei einer geringeren Umdrehungszahl als in der normalen Einstellung. Um eine Vorstellung davon zu haben, über welch technische Raffinessen diese Automobile bereits damals verfügten, genügt der Ausspruch des ersten Vorsitzenden des Horch Clubs, Klaus Kramer: „Sie konnten bestellen, was Sie wollten, ohne jegliche Einschränkungen.“
Das herrliche Wetter erlaubte es den Teilnehmern, darunter auch August Horchs Urenkelin Tanja Wörmann, gemeinsam einen Imbiss auf der Terrasse des im Neptunbad angesiedelten Restaurants Badenbaden einzunehmen, bevor sie sich auf die Weiterfahrt zur nächsten Station in Olpe machten. Das Bergfest der Tour wird am Mittwoch, dem 29. Mai 2024, mit einem Gala-Abend im August Horch Museum von Zwickau zelebriert. Die Veranstaltung am Neptunplatz trug dazu bei, dass man sich einmal mehr daran erinnert, dass Köln über eine bedeutende Vergangenheit im Automobilbau verfügt, denn neben August Horch haben auch Daimler, Bugatti oder Maybach in der Domstadt gewirkt. Oberbürgermeisterin Henriette Reker betonte: „Köln war im ausgehenden 19. Jahrhundert einer der wichtigen Standorte automobiler Entwicklung weltweit.“
Andrea Matzker und Egon Schlesinger