- 4. 2016 MERKER ONLINE GALERIE
JOSEF PROTSCHKA
Künstler Gespräch anlässlich seiner Abschiedstournee
Josef Protschka beim Interview. Copyright: Barbara Zeininger
In sehr intimer und gemütlicher Atmosphäre fand dieses interessante Gespräch mit dem Tenor mit Wiener Wurzeln, der hier viel zu wenig sang, statt. Wien ist eine Stadt, die dennoch sehr bedeutsam und wichtig für ihn war und ist. Die Auftritte an der Wiener Staatsoper waren eher sehr dünn gesät, aber viele Konzerte sang der Künstler in beiden „Konzerthäusern.“ Er war einer der wenigen Privilegierten, der sowohl im Brahmssaal als auch im Mozartsaal seine Liederabende und ebenso andere große Konzerte absolvieren konnte.
Sein Wiener Konzertdebüt war mehr als spektakulär. Der damalige Chef des Konzerthauses und heutige Scalaintendant Alexander Pereira rief ihn an, Frau Varady hat ihren Liederabend abgesagt, ob er einspringen wolle? Klar, aber da waren Proben für eine Produktion der Oper in Köln. Doch Regisseur und Dirigent waren kooperativ und er konnte die Probe früher verlassen. Am Flughafen angekommen, war diese Chartermaschine nicht verfügbar. Rasch entschlossen buchte er nach Frankfurt und dann Wien um. Die Maschine nach Wien hatte natürlich Verspätung und so raste dann Pereira mit dem Auto vom Flughafen Schwechat mit dem Künstler und seinem Pianisten Richtung Konzerthaus. Während dieser Fahrt erfuhr er, dass das Konzert um 19.30 Uhr und nicht um 20 Uhr beginnt. Die Zeit reichte somit nur zum raschesten Frischmachen und Sprung in den Frack. Der Abend wurde ein sensationeller Erfolg. „Die schöne Müllerin“ wurde bejubelt. Dieser denkwürdige Abend wurde im Oe 1 live übertragen.
Die Abschiedstournee startet, wobei der Künstler und Pädagoge Protschka nicht von der Musikszene ganz zurück treten will. Nein, im Gegenteil, er hat eine neue Mission für sein Schaffen gefunden. Der sehr sozial denkende Mann, ein richtiger Humanist, hat eine Organisation ins Leben gerufen, die südafrikanischen jungen Sängern, die selten aus guten sozialen Schichten kommen, Auftritts- und Studienmöglichkeiten in Europa ermöglicht. An der Stuttgarter Oper kann sich Sonnyboy Dladla bereits als Conte di Almaviva erfolgreich unter Beweis stellen.
Der Tenor Josef Protschka kam in Prag als Sohn einer Wienerin und eines Sudentendeutschen Vaters zur Welt. Infolge der Kriegspolitik in seiner Jugend kam er bereits als Kind nach Deutschland und wuchs im Rheinland – Düsseldorf auf.. Bereits in früher Jugend, als Kind begann er zu singen. Als Knabensopran begann er mit 12 Jahren und erlebte eine sehr prägende Zeit mit Karlheinz Stockhausen. Zuvor sang er bereits mit Lotte Lenya die Weill – Oper „Der Jasager“. Diese beiden Komponisten sind natürlich sehr fordernd für die musikalische Interpretation und auch für das Verständnis. Bei Stockhausen-Konzerten gab es damals tatsächlich Saalschlachten in Ablehnung dieser Musik.
Das musikalische Umfeld der Familie war sehr niveauvoll. Der Vater war ein hervorragender Geiger, der leider nie als Musiker arbeiten konnte, aber in sehr vielen Kirchenorchestern beschäftigt war. Also war die Unterstützung von zu Hause sehr groß. Aber trotzdem begann er ein Hochschulstudium der Philosophie und alten Sprachen Latein und Altgriechisch. Aber in der Zeit des Schreibens der Dissertation wurde dann doch die Musik zum Mittelpunkt seine Lebens.
Josef Protschka in Zürich als „Florestan“ (der Ausschnnitt wurde beim Interview gezeigt. Copyright: Barbara Zeininger
Er studierte bei Erika Köth, die ihn sofort mit Fritz Wunderlich verglich. Und es war Frau Köth, die den letzten Schritt zum Einstieg in die Karriere gab. An der Germanistik begann er zu arbeiten, sang aber schon bei Agenten vor. Vor der Vorsingtour versuchte er Schauspielunterricht zu nehmen. Er fand da Kuriositäten vor.
Das erste Engagement war in Gießen, da wollte er eigentlich gar nicht so wirklich hin. Er sang aber prächtig vor und wurde sofort engagiert. Seine Antrittsrolle war der Tamino, der ihn auch noch lange durch die Laufbahn begleitete. Er ist einer der Künstler, der sehr viel Wert auf die Textdeutlichkeit im Vortrag hält. Das ist ein technisches Problem, erklärte er auf meine Frage. Wenn die Stimme gut in der Maske fokussiert ist, sollte die Textverständlichkeit kein Problem sein.
Von Gießen, wo er sehr viel Erfahrungen sammelte und Rollengestaltungen erarbeiten konnte, ging es rasch weiter. In dieser Zeit machte auch viel Operette.
Weiter ging es dann nach Saarbrücken, ein doch viel größeres Haus, mit einem sehr guten GMD, Kuntsch. Außerhalb des Theaters fand er mit Dieter Freyer einen sehr guten Korrepetitor, mit dem er noch immer arbeitet.
Dann meldete sich Köln nach einem hervorragenden Vorsingen. Man hörte ihn primär in Saarbrücken als Faust und er wurde sofort zum Vorsingen eingeladen. Anwesend waren Sir John Pritchard und Hampe und es wurde sehr lange dauerndes Engagement. Dort hörte ihn auch Wolfgang Sawallisch und entdeckte ihn für seine Pläne, nahm ihn nach Santa Cecilia Roma mit. Wolfgang Sawallisch wollte ihn nach München holen, doch das funktionierte nicht. Der Künstler blieb lieber in Köln und erarbeitete den Mozartzyklus mit Ponelle. Tamino, Ferrando, Oktavio bis Idomeneo und Titus. Andere weitere Partien wurden mit Jean-Pierre Ponelle erarbeitet zum Beispiel Don Jose in Carmen, eine Rolle, die er oft sang und die ihn lange begleitete. Köln waren vier schöne Jahre.
Dann sang er viel in Zürich, da kam wieder große Arbeit mit Jean–Pierre Ponelle. Wieder der Mozart Zyklus und vor allen auch der Monteverdi Zyklus unter Nikolaus Harnoncourt. Danach kamen Stationen wie Scala Milano, Covent Garden London, Hamburg, Bregenzer Festspiele, ein großer Hoffmann in der legendären Savary Inszenierung. Karl Löbl lobte die Interpretation Protschkas enorm, besser als Placido Domingo in Salzburg!
Weiters sang er an vielen anderen große Opernzentren.
Die Einspielung mit Helmut Deutsch an Flügel „Der schönen Müllerin“ erhielt den deutschen Schallplattenpreis. Die Einspielung der Männerlieder von Mendelssohn mit Helmut Deutsch ist eine seiner persönlich liebsten Aufnahmen.
Wichtige Dirigenten waren immer Wolfgang Sawallisch, Carlo Maria Giulini, Nikolaus Harnoncourt, George Prêtre. Carlo Maria Giulini war auch ein ganz besonderer großer Mensch, der viel Verständnis für Musiker und Sänger zeigte. Sir John Pritchard war ein ganz toller Mozartdirigent, mit dem man Partien herrlich erarbeiten konnte. Gerd Albrecht in Hamburg wieder ein sehr wichtiger Begleiter und Kenner für die Musik des 20. Jahrhunderts.
Die Operette war bei Protschka nie ein Stiefkind, sehr gerne sang er die großen Rollen wie Barinkay, Sou Chong und die vielen schönen. leicht dramatischen Kalman-Operetten. Sehr interessant und lustig war in Wien die Zusammenarbeit zu Fledermaus mit Otto Schenk, der ihn für den Eisenstein doch einiges Wienerisch beibrachte. Die Vorstellung musste er leider mit Herpes zoster (Gürtelrose) absolvieren mit viel Topfenwickel, Eiswasser und Antibiotika.
Weiter lief die Repertoireerweiterung immer in die Richtung des lyrischen deutschen Spintofachs, beziehungsweise auch ins französische Fach.
Sehr prägte ihn der Florestan den er unter anderen auch unter Christoph von Dohnanyi in London sang, Seine „deutschen Spintorollen“ gingen von Florestan über Max bis Lohengrin. Aus dem Steuermann wurde später Erik.
Auf eine große erfolgreiche und sicher auch künstlerisch befriedigende Karriere zurückblickend wird nun die Abschiedstournee gestartet. Am 11.4. geht es im wiener Musikverein los. 20uhr Gläserner Saal
Elena Habermann.