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JORGE BOLET spielt FRANZ LISZT: The RIAS RECORDINGS Vol. II, AUDITE CD

06.04.2018 | cd

JORGE BOLET spielt FRANZ LISZT: The RIAS RECORDINGS Vol. II, AUDITE CD

 

 

Franz Liszt war wohl der wichtigste Komponist im künstlerischen Leben des kubanischen Virtuosen Jorge Bolet. In den 1960er Jahren hatte ihn der Soundtrack zu der Hollywoodverfilmung „Song without End“ der Biografie von Franz Liszt über Nacht berühmt gemacht. Man könnte sagen, Bolet sei der sensibelste aller Liszt Interpreten. Keine brachial zelebrierte Vorführtechnik, keine donnernde Misshandlung der Tastatur, nichts davon. Exzesse meidet der sein lateinisches Temperament subtil nutzende Tastentiger, in den Konzerten herrscht ein kammermusikalischer Duktus selbst auf die wohl kalkulierte Gefahr hin, in den Tutti einmal in den Hintergrund zu geraten. Ein zauberisch und bunt klingendes Universum ist es, das sein Liszt–Spiel so auszeichnet und über andere erhebt. Wie kontrastreich Bolet im Gesamtkonzept seiner Interpretationen Piani platziert, deren subtilste Abstufungen zum Ereignis macht, wie er dazu bei sparsamsten Pedalgebrauch auch hiermit Zonen an differenziertester Gestaltung auslotet, zeigt nicht nur von Bolets Meisterschaft und musikalischem Urinstinkt, sondern auch die ganze Qualität der kühnen Liszt’schen Klangwelten auf. Natürlich weiß Bolet aufzutrumpfen, aber immer nur dann, wenn es ein imaginierter Gesamtbogen, die innere dynamische Architektur eines Stücks verlangt. Vielleicht hat er auch nur internalisiert, was er in diplomatischen Diensten gelernt hatte.

 

Auf dem nun erschienenen zweiten, klanglich exzellenten Bolet-Album von Audite stehen die beiden Klavierkonzerte von Liszt im Mittelpunkt. Es handelt sich um Live-Mitschnitte mit dem Radio-Symphonie-Orchester Berlin aus den Jahren 1971 (Dirigent:  Lawrence Foster) und 1982 (Dirigent: Edo de Waart). Dazu kommen Studioeinspielungen von Liszts Solostücken „Petrarca Sonette 47, 104 und 123“ aus den „Années de Pélerinage“ und die Konzertparaphrase zur „Tannhäuser Ouvertüre“.

 

Meine beiden Lieblingsstücke sind das erste Klavierkonzert mit dem jungen Lawrence Foster als im Kontrast zu dem ausbalancierten, aber dennoch bisweilen hasardierenden 57-jährigen Bolet, vor Energie schnaubender Motor und die Tannhäuser Paraphrase, die Bolet sowieso keiner nachspielt.

 

Genug geredet, einfach anhören!

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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