Interview mit dem Tenor JONATHAN STOUGHTON
Jonathan Stoughton. Copyright: Zoe Milton Brown
Auf der umfangreichen und informativen Homepage des englischen Opernsängers JONATHAN STOUGHTON hatte ich recherchiert und es wurden mir hier bereits einige Fragen im Vorfeld des Interviews beantwortet. Seit seinem Debüt in Glyndebourne folgten rasch Gastspiele in Biel/Solothurn, English National Opera, Deutsche Oper Berlin, Leipzig, Scotish Opera, Covent Garden Opera House etc. Inzwischen hat sich der Tenor ein enormes Repertoire im ital.-franz.-deutschen Opern-Fach sowie im Konzertbereich erarbeitet. Ich traf den sympathischen Sänger, einen humorvollen Kumpel-Typ stets mit dem Schalk im Nacken in privater Atmosphäre bei Kaffee und Kuchen.
Herr St. wann stand für Sie fest Opernsänger zu werden, kommen Sie aus einem musikalisch vorbelasteten Elternhaus?
Meine Eltern waren keine Musiker, meine Mutter pflegte lediglich Gitarre zu spielen und zu singen während der Kinderzeit. Mein Vater liebte klassische Musik welche er sich in der Musikbücherei anhörte. Während der Ferien fuhren wir meist in die Bretagne und hörten im Auto Carmen-Aufnahmen mit dem Tenor Mario del Monaco – Händels Messias mit Jon Vickers – etc, soweit ich mich erinnere. In der Schule hatte ich einen sehr guten Musiklehrer welcher einen Knabenchor leitete und wir gingen sogar auf Tourneen.
Hatten Sie musikalische Vorbilder?
James King, Rene Kollo, Wolfgang Windgassen sowie Ben Heppner mit seiner wunderbaren Stimme.
Sie sangen bereits eine Reihe großer Rollen des Opern-Repertoires – welche ist Ihre Traumpartie?
Parsifal – Siegmund – Rollen welche in demnächst singen werde, ebenso Bacchus, Kaiser und natürlich Mahler-Lieder.
Jonathan Stoughton als Bacchus. Copyright: Matthew Williams Ellis
Treibt Ihnen eine Partie den Schweiß auf die Stirn?
Evtl. Tristan mit seiner immensen Dramatik und Erik welchen man nicht unterschätzen sollte, für einen Heldentenor eine sehr differenzierte heikle Partie – aber ich liebe diese Herausforderung, denn Erik erfordert eigentlich zwei Stimmen in der Art wie es Wagner formulierte: die lyrische Traumerzählung als hätte Bellini eine romantische Belcanto-Kavatine komponiert, aber Wagner vermerkte in der Partitur so (Kavatine) wird es nicht gesungen und dann schließlich die dramatischen Momente des „Jägers“ Erik, eine Partie verwandt mit Pollione belcantesk-dramatisch – quasi eine Zwischenfachrolle.
Wie halten Sie Ihre Stimme flexibel – haben Sie einen Stimm-Coach?
Die Frage möchte ich teilen – erstens absolviere ich lokale tägliche Stimmübungen damit die Stimme sitzt, andererseits gesund leben auf seine Ernährung achten „was man isst“. Aber es ist ganz wichtig auch privaten Spaß zu haben, den Lebensgenuss. Man muss alles nur sinnvoll ohne Übermaß planen und mit sich selbst streng sein. Auch mit kleinen Dingen: nicht zu spät essen um Unwohlsein auszuschließen. Genügend Schlaf, Ruhepausen.
Seit vielen Jahren habe ich einen sehr guten Stimm-Coach, es ist unglaublich wichtig IHN zu haben.
Wie kam das Engagement am Nationaltheater Mannheim zustande?
Über die Agentur.
Ihr Lieblings-Komponist – welchen der Vergangenheit würden Sie bitten, eine Partie für Sie zu schreiben?
Wagner – Strauss – Mahler.
Mögen Sie Liederabende?
Ja sehr – jedoch unterscheidet man in England die Sänger für speziell Lieder u.a. Ian Bostridge etc. und Opernsänger – ich möchte aber gerne Liederabende gestalten da sie zu meiner Stimme passen (Mahler-Strauss) so habe er auch bereits „Das Lied von der Erde“ gesungen – ein reines Recital erfordert natürlich einer immensen Vorbereitung, gerne würde ich Schuberts „Winterreise“ oder Strauss-Lieder singen und habe mich auch damit schon mit John Treleaven in Nackenheim auseinander gesetzt bzw. beraten.
Auf welches nicht-musikalische Abenteuer würden Sie sich einlassen?
Ich lasse mich in viele interessante Dinge ein, liebe die Natur – wandern – Badminton – Tennis – Konditionssport.
Dürften Sie wählen, in welcher vergangenen Zeit würden Sie gerne leben?
Gerne in der Zeit der mir verehrten Komponisten es 19./20. Jahrhunderts.
Wären Sie nicht Sänger, was dann als Wunschberuf?
Wenn ich kein Sänger wäre – würde mich ein psychologischer Beruf im Umgang mit Menschen interessieren, auch Tierarzt könnte ich mir vorstellen, da meine Frau und ich Hunde etc. lieben – mich interessieren Menschen wie die unterschiedlichen Charaktere meiner Partien.
Welche Musik hört ein Opernsänger in seiner Freizeit?
Im Grunde jede Art von Musik aller Bereiche jedoch hauptsächlich Musik meines Genres – kein Pop – gesungene Musik von Shirley Bassey, Tom Jones etc. diese Stimmen sprechen mich immer noch an – auch einige Jazz-Elemente sowie orchestrale Musik, da ich einst selbst im Orchester Flöte spielte. Filmmusik, John Williams. Wolfgang Korngold.
Was bedeutet für Sie Stille?
Das ist eine interessante Frage, wir leben nicht in einer Welt der Stille – aber die Eltern meiner Frau wohnen in einem kleinen Dorf, dort ist es vor allem nachts sehr ruhig, was mich besonders erholsam beruhigt, die sternenklare Dunkelheit, eine wundervolle Stille welche die Seele erfrischt.
Wie wichtig ist für Sie Opern-Regie?
Wonderful – denn einige Regisseure geben dem Stück eine neue Note, verständliche Ansichten steigern das Opernerlebnis – ich hatte bisher gute Erfahrungen gemacht besonders auch hier am NTM und besonders auch in Zusammenarbeit mit den Kollegen*innen – bis auf wenige (sehr diplomatisch schmunzelnd geäußert) Ausnahmen früher. Mit einer guten Regie wirkt die Musik, der Gesang intensiver – ich sehe der Zukunft diesbezüglich recht positiv entgegen – jede Arbeit sollte gut durchdacht sein und nicht nur provokant wirken, wobei ich den traditionellen Publikumsgeschmack sehr toleriere (z.B. Parsifal am NTM).
Welche sind Ihre Favoriten in der Malerei – Schriftsteller?
Ich hatte französisch studiert, gewann den Wettbewerbs-Preis ein Jahr in Paris gratis zu leben, wohnte in der Nähe vom Musée d´ Orsay mit einer Fülle von eindrucksvollen Bildern, sowie den vielen Orten der Kunst, Kirchen, Gebäuden etc. Ich mag u.a. van Gogh.
Shakespeare, Moliere englische wie französische Klassiker – aber auch Thriller von Carré.
Musik ist eine heilige Kunst – oder ?
Ja auf jeden Fall und ich bin glücklich die Stimme zu besitzen um gewisse Rollen zu interpretieren, der Musik dienen zu dürfen.
Herr Stoughton es war mir ein besonderes Vergnügen mit Ihnen zu plaudern, bedanke mich für Ihre Geduld und Liebenswürdigkeit auch im Namen des MERKERS und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg, Gesundheit und alles Gute.
Jonathan Stoughton singt demnächst am Nationaltheater Mannheim:
Parsifal-Debüt am 15.04. + 05.06.
Freischütz-Max 17.04.
Der Fliegende Holländer-Premiere (Erik) am 24.04.
Im neuen RING: Siegmund 17.07. + Siegfried (Götterdämmerung) 30.07.2022
Gerhard Hoffmann