„Johann Strauss 2025“: Riesenrad & Ringelspiel – es dreht und es dreht sich
Foto: Herwig Prammer
Die runden Gedenktage für Johann Strauss Sohn, den Walzerkönig, den musikalischsten Urwiener, sind immer ordentlich gewürdigt worden. 1975 sein 150. Geburtstag, 1999 sein 100. Todestag. Geblieben sind umfangreiche Dokumentationen, Kataloge, musikwissenschaftliche Aufarbeitung. Heuer, zweihundert Jahre heimisches Walzergenie, gibt es die stolze „Johann Strauss 2025 Wien“-Veranstaltungsreihe mitzuerleben. Wiens Stadtverwaltung hat sich mit einer 22 Millionen Euro Subvention eingestellt, um im Kulturspektakel aufwendig eine Alt-Wien-Remassuri anzukurbeln. Nun, nicht so ganz Alt-Wien: Mit Blickwinkel auch ein bisschen auf heimische Kreativität. Roland Geyer, zuletzt Verantwortlicher für die Vereinigten Bühnen Wien, hat sich um ein reichhaltiges Programm bemüht, bietet über das Jahr verteilt 65 Produktionen an 69 Locations (zuvor einmal = Spielstätte) an.
Da drehen sich gleich zum Auftakt das Riesenrad im Prater und ein poppiges Ringelspiel. Das unermüdliche Gedrehe des aufgebauten Ringelspiels auf der Bühne des Theaters an der Wien in der neuen Produktion der Operette „Das Spitzentuch der Königin“, Uraufführung 1880 hier im Haus, hält die Aufmerksamkeit wach. Doch vor allem: Es ist eine Operette mit Supermusik. Nichts Neues für Kenner, doch das Premierenpublikum ist voll Überraschungen vergnügt in der Inszenierung von Christian Thausing in einem überkandidelten komödiantischen Spiel mitgegangen. Spät, erst im reiferen Musikeralter als Vierzigjähriger, hat Strauss zahlreiche Bühnenwerke zu schreiben begonnen. Erfolgreich sind sie damals alle gewesen. Nicht so ganz: Als theatralischer Blindgänger ist „Blindekuh“ (1878) verspottetet worden. Und auch die kritischen Reaktionen auf das Libretto von „Die Göttin der Vernunft“, 1897, seine letzte vollendet Operette, haben der Legende Strauss zugesetzt.
Im 20. Jahrhundert haben die Theaterleute wegen der diversen wohl heikleren Storys Angst gehabt, musikalisch so starke Werke wie „Ritter Pásmán“, die umjubelte „Fürstin Ninetta“ etc., etc. in das Repertoire aufzunehmen. Als Reisser haben sich „ Die Fledermaus“, „Der Zigeunerbaron“, „Eine Nacht in Venedig“ wie als Nachtrag „Wiener Blut“ zu sehr bewährt. Jetzt belehrt „Das Spitzentuch der Königin“ trotz belangloser Handlung: der Walzerkönig bereitet auch hier Musikfreunden ein reines Hörvergnügen.
Foto: Herwig Prammer
Das Riesenrad dreht sich ebenfalls in diesem Strauss-Reigen an bestimmten Tagen. Langsam, langsam. 10 bis 15 Minuten so dauert ein Umdrehung. Und in vier Gondeln, viermal rund, wird vom theaterNYX zu einem „Zeitenwalzer“ gebeten. Mit jeweils rezitierten Reflexionen über die Wiener Stadtgeschichte in Monologen ohne dramatische Impulse und ohne einen spritzigen Galopp einzuschlagen. Und zum Einstieg ins Strauss-Jahr noch dazu wurde eine Matinee im Wiener Musikverein des ORF-Symphonieorchesters unter Oxana Lyvniv mit einem Erinnerungsprogramm geboten, welches die originale Strauss-Kapelle 1900 im Goldenen Saal in Memoriam des ein Jahr zuvor verstorbenen so begnadeten Musikgenies musizierte. Kurz noch dazu: ‚k.k. Hofballmusik-Director‘ Eduard Strauss, nach Johann und Josef der dritte der Strauss-Brüder, erfolgreich dirigierend und kompositorisch weniger talentiert, löste im Alter dieses glorreiche Orchester 1901 auf und ließ sechs Jahr später, nicht gerade verständlich, sämtliches Aufführungsmaterial der Strauss-Kapelle unter seiner Aufsicht an zwei Tagen verbrennen.
Meinhard Rüdenauer