Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

J. S. BACH WEIHNACHTSORATORIUM – ENSEMBLE RESONANZ; resonanzraum records CD „Jauchzet, frohlocket“ Intime Kammerkonzertversion mit Elektrogitarre und Hammond Orgel als Basso Continuo

17.11.2017 | cd

J. S. BACH WEIHNACHTSORATORIUM – ENSEMBLE RESONANZ; resonanzraum records CD

„Jauchzet, frohlocket“ Intime Kammerkonzertversion mit Elektrogitarre und Hammond Orgel als Basso Continuo

4260558280002

 

„Ohne das Weihnachtsoratorium wäre Weihnachten nur die halbe Wahrheit.“ Diese Einsicht hat sich das deutsche Streicherensemble Ensemble Resonanz zu Eigen gemacht und sich insgesamt 30 (aus 64) Nummern aus den sechs Teilen von Bachs wohl berühmtestem Oratorium als ureigene Hausmusik des 21. Jahrhunderts auf durchaus spannende Weise zurechtarrangiert: Die vier Solisten (Johanna Winkel Sopran, Truike van der Poel Alt, Benjamin Glaubitz Tenor und Dominik Köninger Bass) übernehmen auch die Funktion des Chors. Anstatt eines großen Orchesters haben statt drei nur eine Trompete, vier Violinen, Barockbratschen, ein Cello, ein Kontrabass, E-Gitarre und Vintage-Keyboards das Kommando. Johannes Öllinger, E-Gitarrist: „ Es macht Spaß, mit meinen Gitarren in die verschiedenen Rollen zu schlüpfen, von der Pauke über Basso Continuo bis zur Oboe, und hier und da ein paar stiftende Akzente zu setzen.“

 

Seit 2014 setzte sich das Ensemble in vielen Aufführungen mit dieser neuen Art, die Quintessenz des Weihnachtsoratoriums neu zu erspüren und auch für den Hörer erfahrbar zu machen, auseinander. Jetzt haben die neugierigen Musiker, allen voran die Konzertmeisterin Juditha Haeberlin, das Herzensprojekt auch auf „Schallplatte“ festhalten können. Im resonanzraum, einem alten Bunker an der Felstrasse mitten auf St. Paul in Hamburg (Musikclub des Jahres 2017), ist die Aufnahme entstanden.

 

Die Idee, den Chor in Bachs großen Passionen von wenigen Solisten singen zu lassen, ist nicht neu. Das hatte etwa schon Paul McCreesh bei der Aufnahme der Matthäus-Passion mit seinen Gabrieli Players aus dem Jahr 2003 mit einigem Erfolg versucht. Auf der neuen Aufnahme singen die Solisten die Chöre, die Ensemblemusiker – vier Violinen, drei Bratschen, Cello und Bass) singen die Choräle. Zuerst einmal befremdlich bis sofort bestechend sind allerdings die ungewohnten Klänge des Instrumentalparts beim Ensemble Resonanz. Die E-Gitarren und teils historischen Tasteninstrumente (ein Hammond Modell A aus den USA 1937, ein Rhodes Mark II Staged Piano ebenfalls USA 1979 oder ein Hohner Clavinet DL aus der BRD 1968) suggerieren und legen ganz andere Emotionen frei, als das mit der tradierten Instrumentierung der Fall ist. Das ergänzt das Verständnis dieser Musik, und offenbart nebenbei reizvolle Hörerfahrungen. Nicht alle Nummern sind gleich gut übersetzt und gelungen, obwohl wir den Musikern in keiner Sekunde den nötigen Respekt vor und die Begeisterung für die Partitur absprechen können. Allein das einleitende „Jauchzet, frohlocket“ ist mit enorm viel Verve und freudigem Jubel gesungen. Da kommt die individuelle intime Emotionalität der vier Solisten der liturgischen Aussage erstaunlicherweise ganz ausgezeichnet zupass. Überhaupt überzeugt das neue Album in allererster Linie mit Stimmung und Ehrlichkeit, Wärme und einer Art kindlichem Staunen. Mir gefällt dieses raffiniert Urtümliche und ich werde die CD am 24. Dezember einmal statt der sonst immer wieder gespielten Harnoncourt-Aufnahme auflegt. Mahalia Jacksons „Oh Holy Night“ bleibt aber weiterhin der unüberbietbare spirituelle musikalische Höhepunkt des Weihnachtsfestes; Das Ensemble Resonanz passt aber perfekt dazu. Eine höhere Auszeichnung habe ich nicht zu vergeben.

 

Anmerkung: Als Ensemble in Residence der Elbphilharmonie präsentieren die Musiker ihre Konzertreihe Resonanzen auch in Hamburgs neuem Konzerthaus, in der sie alte und neue Musik aufeinandertreffen lassen. Die Aufnahme des Weihnachtsoratoriums ist die erste auf dem hauseigenen Label resonanzraum records.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

Diese Seite drucken