Giuseppe Verdi: Rigoletto, Tiroler Landestheater, Innsbruck, Vorstellung: 21.02.2020
(3. Vorstellung seit der Premiere am 08.02.2020)
Rigoletto im SM-Milieu
Regisseur Dale Albright erklärt sich im Programmheft begeistert, dass die Figuren und ihre Emotionen im Mittelpunkt des Werkes stünden. Das spannende Geschehen stecke voller Gegensätze wie Liebe und Hass, Freude und Schmerz, Hoffnung und Enttäuschung, Mut und Angst, Ehrlichkeit und Verlogenheit. Sein Ziel sei es die Achterbahn der Gefühle, die die Protagonisten erleben zu inszenieren und in deren Beziehungsgeflecht einzutauchen. Heinz Hauser (Bühne) hat ihm dazu einen über weite Strecken undefinierbaren Bühnenraum geschaffen. Ein portalfüllendes Gerüst im Hintergrund dient den unvermeidlichen Video-Projektionen, drei Portale aus schmalen Eisenstangen und ein langer Tisch sind das Mobiliar der Bühne. Im zweiten Bild des ersten Aktes kommen weisse Rosen hinzu, im dritten Akt kann man mit viel, sehr viel Phantasie Sparafuciles Behausung erkennen.
Im Programmheft fehlt leider die Erklärung, wieso Albright den Hof von Mantua in seiner Inszenierung mit den Kostümen (Gera Graf) als SM-Club und den Duca als dessen Chef zeigt. Handwerkliche Fehler, wie Rigoletto, der die Höflinge um «pietà» bittet, aber konsequent in die andere Richtung schaut, zusammenhanglose Provokationen, wie der Herzog, der, bevor er sich Maddalena als «Bella figlia dell’amore» widmet, deren Vorgängerin zum Abschluss des Aktes noch einen langen Dolch in den Unterleib rammt, und öde Langweile wechseln sich ab. Die Spannung der Handlung und die Achterbahn der Gefühle vermag der Regisseur nicht herauszuarbeiten. Die Herzogin von Mantua, eine stumme Rolle um die das Leading Team die Besetzungsliste ergänzt hat, wird als Gewissen der missbrauchten Frauen nicht greifbar. Schade. Und die Idee Rigolettos zwei Seiten mittels einer Verkleidung auf offener Bühne deutlich zu machen, ist schon leicht abgestanden.
Foto: Rupert Larl
Seokwon Hong, erster Kapellmeister des TLT, beginnt den Abend mit solchermassen raschen Tempi, dass die Koordination zwischen Bühne und Graben (Tiroler Symphonieorchester Innsbruck) nicht immer gelingt. Ab dem zweiten Akt werden die Tempi gemässigter und dann klappt es auch mit der Abstimmung.
Kiril Manolov singt mit dunklem Bariton einen Rigoletto, der kein bisschen berührt. So eindrücklich die Stimme ist, so perfekt sie technisch ausgebildet ist, es fehlt an Sentiment und Stil. Bei Fabian Laras Duca wäre weniger mehr. Er hat nicht nur perfektes Material, sondern auch das nötige stilistische Bewusstsein – trotzdem gleitet er in Sachen Lautstärke wiederholte Male in brachiale Kraftmeierei ab. Svetlana Moskalenko gibt eine tadellose Gilda. Aber eine emotionale Botschaft hat auch sie nicht. Johannes Maria Wimmer gibt einen herrlich wohlklingenden Sparafucile, seine Schwester Maddalena wird (wie Gildas Gesellschafterin Giovanna) mit herrlich samtenem Mezzo von Camilla Lehmaier verkörpert. Unnsteinn Arnason singt den Grafen Monterone mit einem Bass, der Rigolettos Furcht vor dem Fluch absolut glaubhaft erscheinen lässt. Alec Avedissian, Jon Jurgens, Jung-Kun Jo, Clarissa Toti, Il-Young Yoon, Su-Jin Kim und Stephanie Parth ergänzen das Ensemble als Marullo, Borsa, Graf Ceprano, Gräfin Ceprano, Gerichtsdiener, Page der Herzogin von Mantua und Herzogin von Mantua.
Weitere Aufführungen: 23.02.2020, 27.02.2020, 01.03.2020, 04.03.2020, 07.03.2020, 14.03.2020, 18.03.2020, 26.03.2020, 03.04.2020, 24.04.2020 und 06.05.2020.
23.02.2020, Jan Krobot/Zürich