Das Tiroler Landestheater. Foto: Dr. Klaus Billand
Daniel Prohaska. Foto: Rupert Larl
INNSBRUCK: Kurzbericht LILIOM öst. EA – am 23. Februar 2019
Samstag Abend fand durch das Engagement des Intendanten des Tiroler Landestheaters (TLT) Innsbruck, Johannes Reitmeier, der auch selbst Regie führte, die österreichische Erstaufführung der Oper „Liliom“ nach dem gleichnamigen Schauspiel des ungarischen Dramatikers Ferenc Molnár (1878-1952) mit der Musik der öst. Komponistin Johanna Doderer und des Librettos von Josef E. Köpplinger statt. „Liliom“ erlebte erst am 4. November 2016 in der damals wegen Renovierung vom Gärtnerplatztheater München bespielten Münchner Reithalle seine erfolgreiche UA.
Auch in Innsbruck war eine äußerst bemerkenswerte Neuinszenierung zu erleben. Das trifft für das ebenso eindrucksvolle wie sinnhafte Bühnenbild von Thomas Dörfler und die fantasievollen Kostüme von Michael D. Zimmermann bei intelligenter Lichtregie von Ralph Kopp zu, wie auch für die gesangliche und orchestrale Seite. Dörfler zeigt eine interessante Tunnelkonstruktion, die sofort an den legendären Tunnel-„Ring“ von Götz Friedrich an der Deutschen Oper Berlin aus den 1980er Jahren erinnerte. Themenähnlich ging es ihm damals auch um eine spiralartige Interpretation der Wagnerschen Tetralogie, die keinen Anfang und kein Ende hat – und so ist es auch mit dem „Ringelspiel“ in „Liliom“, wie ja schon der Name sagt.
Stefan Klingele dirigierte mit viel Gefühl und Verständnis der komplexen Partitur, die bisweilen an Korngold, Schreker, Weill und andere erinnert – zumal sich Doderer intensiv mit anderen Komponisten auseinandergesetzt hatte – das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck. Michel Roberge hatte großartig den Chor und Extrachor des TLT einstudiert. Die beherzt singenden und als Clowns auftretenden Wiltener Sängerknaben standen unter Leitung ihres „Chefs“ Johannes Stecher. Mit einer eindrucksvoll feinzeichnenden Personenregie und Dramaturgie schaffte Reitmeier den Spagat zwischen der Darstellung der dem „Ringelspiel“ verpflichteten Schaubühnen-Ästhetik im Wurstel-Prater-Stil und der menschlich berührenden Tragik der Beziehung des „Titelhelden“ zu seiner Freundin Julie sowie der gemeinsamen Tochter Luise (Wozzeck lässt hier grüßen), die er wegen seines Selbstmordes bis zum 16. Lebensjahr gar nicht erlebt hat. Skurrilität wechselt dramaturgisch nachvollziehbar mit tragischer Sozialrealität ab. Und selbst die vordergründig härteste weibliche Hauptrolle, Frau Muskat, zeigt bei Reitmeier noch menschliche Züge…
Foto: Rupert Larl
Daniel Prohaska, der auch schon die UA sang und wohl der einzige Sänger auf der Welt ist, der den Liliom drauf hat, gab eine beeindruckende Charakterstudie des „Strizzi“ und „Hallodri“ mit guten menschlichen Eigenschaften, und bisweilen heldisch schlanken tenoralen Klängen. Judith Spießer war ihm eine Julie auf Augenhöhe mit einem bestens intonierenden, leuchtenden Sopran und hervorragenden sowie empathischen darstellerischen Qualitäten. Sie zeigte nachvollziehbar die Entwicklung vom jungen unbedarften Ding auf der Schaubühne zur reifen und verantwortungsvollen Frau, die sich rührend um ihre vaterlose Tochter und Umgebung kümmert. Auch Sophia Theodorides als ihre Freundin Marie, sowie Susanna von der Burg als Frau Muskat sollen hier noch als herausragende Solistinnen erwähnt werden.
Foto: Rupert Larl
Der Chor beim Schlussapplaus. Foto: Dr. Klaus Billand
Großer Beifall des Publikums im nicht voll besetzten Haus, gerade auch für das leading team, die Komponistin und den Librettisten. Erlebenswert, und Johannes Reitmeier hat nun nach dem „Tannhäuser“ und dem „Rienzi“ die dritte eindrucksvolle Regiearbeit abgeliefert, die ich am TLT erleben konnte. Es bleibt unter seiner Leitung auf gutem Kurs!
Die Wiltener Sängerknaben beim Schlussapplaus. Foto: Dr. Klaus Billand
Weitere Aufführungen bis 22. Mai 2019, ausgerechnet Richard Wagners Geburtstag… (Detaillierte Rezension folgt).
Klaus Billand aus Innsbruck