Giacomo Puccini: Il Trittico, Tiroler Landestheater, Innsbruck, Vorstellung: 20.02.2020
(9. Vorstellung seit der Premiere am 30.11.2019)
Ein Abend der Kontraste (?)
Giacomo Puccini hat seinen Einakter-Abend, der Titel «Il trittico» kam erst nach der Uraufführung auf, als Abend der Kontraste und damit auch als Antwort auf den spätromantischen Gigantismus (eines Richard Wagner) angelegt. Statt dass sich der Zuhörer in Überlänge einem Thema widmet, bietet er innerhalb der «gängigen» Dauer einer Oper drei Opern. Anders als bei Richard Wagner (Der Ring des Nibelungen) gibt es hier weder einen gemeinsamen Titel noch einen Zusammenhang der Werke. Bei Ernst Krenek kann ein Zusammenhang zwischen den Werken gesehen werden, aber einen gemeinsamen Titel gibt es nicht. Puccini nimmt den Zuhörer mit auf einen Ausflug von der Gegenwart über das 17. Jahrhundert bis zurück ins Mittelalter und bietet, so William Henderson, Kritiker der Uraufführung am 14. Dezember 1918 im Metropolitan Opera House in New York, ein leidenschaftlich-stürmisches Allegro (Il tabarro), ein bleiches, schwermütiges Andante (Suor Angelica) und ein Feuerwerk von Finale (Gianni Schicchi).
Foto: Tiroler Landestheater/Rupert Larl
Regisseur Carlos Wagner (Regie &Kostüme) dient die Idee des Tryptichons als rein visueller Rahmen, den ihm Christophe Ouvrard mit hübschen Art Deco-Elementen auf die Bühne gebracht hat. Als inhaltliche Verknüpfung der drei Einakter sieht Wagner das Element des Wassers (verbildlicht in Video-Projektionen: SlideMedia Barcelona) und das Kind, das jeweils eine Rolle spielt. Im Gianni Schicchi kündet das Kind zwar dessen Auftritt an, aber anders als im Programmheft suggeriert ist nicht diese Szene für das Ingang-Kommen der Handlung entscheidend, denn anfänglich weigert sich Schicchi ja noch beim Betrug mitzumachen.
Entscheidend ist das Bitten seiner Tochter Lauretta, die dafür in « Oh, mio babbino caro» die süssesten Töne findet. Entsprechend harmlos bringt Wagner die Stücke auf die Bühne: Im tabbaro dominieren Die Dunkelheit und ein paar als Kreuze gestaltete Schiffsmasten, in der Suor Angelica ein Kreuzgang, der mit seinen Steinplatten und Kieseln wohl eher der beliebig gestaltete Innenhof eines modernen Büro-Komplexes ist und in Gianni Schicchi das Sterbezimmer im Souterrain seines zeitgenössischen Landsitzes. Eine im besten Sinne des Wortes reizlose Umsetzung: es entstehen weder positive noch negative Eindrücke.
Dirigent Tommaso Turchetta gestaltet die Partitur der letzten vollendeten Oper Puccinis an diesem Abend nach dem Grundsatz «Verismo ist laut, guter Verismo also lauter als laut». Das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck folgt ihm treu und lässt doch wiederholt aufhorchen, dass es auch anders ginge. Unter dieser Lautstärke-Orgie leiden sowohl der Chor des Tiroler Landestheaters (Chor-Einstudierung: Michel Roberge) wie auch die meisten Solisten.
Im Tabarro überzeugen Daniel Luis de Vicente, Alejandro Roy und Anna-Maria Kalesdis als Michele, Luigi und Giorgetta durch intensives Spiel. Lautstärkemässig können sie sich überraschend gut durchsetzen. Barno Ismatullaeva gestaltet eine hochdramatische Suor Angelica. Keineswegs bleich und schwermütig, aber doch beeindruckend. Ana Maria Durs mit leichten Schärfen geführte Stimme passt gleichermassen zur Fürstin aus «Suor Angelica» wie zur Zita aus «Gianni Schicchi». Daniel Luis de Vicente singt einen sicheren, im Szenischen arg dominanten Gianni Schicchi. Tatiana Rasa und Nico Darmanin überzeugen als jugendliches Liebespaar Lauretta und Rinuccio. Die zahlreichen übrigen Rollen sind alle rollendeckend besetzt.
Was die Kontraste angeht, ist noch Luft nach oben.
Weitere Aufführungen: 06.03.2020, 25.03.2020
21.02.2020, Jan Krobot/Zürich