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INNSBRUCK/ Tiroler Landestheater: DON GIOVANNI – fulminantes Saisonfinale. Premiere

16.06.2019 | Oper


Finale, 1. Akt. Foto: Rupert Larl/ Tiroler Landestheater

Innsbruck

„DON GIOVANNI“ fulminantes Saisonfinale! Pr. 15.6.2019

Als (krönenden) Abschluss der an Erfolgen nicht armen Spielzeit 2018/19 konnte das TLT mit einer hervorragenden Neuinszenierung von Wolfgang Amadeus Mozarts genialem „dramma giocoso“ einen durchschlagenden Publikumserfolg erzielen. Am Ende der Vorstellung durften sich Sänger, Musiker sowie die Verantwortlichen für Regie und Ausstattung über die uneingeschränkten Wogen der Zuschauereuphorie freuen.

Mit dem bewährten Team Kurt Josef Schildknecht (Regie), Gera Graf (Kostüme) und Heinz Hauser (Bühne) kehrte ein bestens eingespieltes Inszenierungs-Trio ans Haus zurück, das bereits mit „Tiefland“ und „Die Sache Makropoulos“ Publikum und Presse überzeugen konnte. Mit diesem „Don Giovanni“ gelang den Dreien erneut eine szenische Realisierung von hohem Anspruch und visuellem Reiz. Heinz Hauser schuf einen abstrakten Bühnenraum, im welchem die Farben rot und schwarz dominieren. Die aus riesigen Gummibändern gefertigten Gebilde lassen sich als Säulen, Verstecke und zuletzt als Giovannis „Strangulierseil“ verwenden. Dank der tollen Lichtregie (Lob an Ralph Kopp) ergeben sich faszinierende, schnell wechselnde Bilder. Gera Graf entwarf herrliche, überwiegend im Farbspektrum schwarz bis mittelgrau gehaltene Kostüme, die keiner bestimmten Epoche zuzuordnen sind, aber die Träger äußerst vorteilhaft erscheinen lassen. In diesem das Auge so erfreuenden Ambiente sorgt Schildknecht für einen reibungslosen, flüssigen Handlungsablauf, gewährt dem Buffonesken ebenso viel Spielraum wie dem Dramatischen. Lediglich die Sequenz mit dem Bewegungschor im 2. Akt während des Sextetts wirkt unfreiwillig komisch (eine Trauergesellschaft schreitet hinter dem Sarg des Commendatore  mit Donna Anna an der Spitze mehrmals über die Bühne). Wenngleich absolut kein Freund von bebilderten Vorspielen / Ouvertüren, konnte mich diesmal dieser (inzwischen wirklich veraltete) Regieeinfall nicht verärgern, zumal sich mit der Finalszene ein logischer Kreis schloss.


Alec Avedissian (Don Giovanni), Susanne Langbein (Donna Anna). Foto: Rupert Larl/Tiroler Landestheater

Gesungen wurde überwiegend auf großstädtischem Niveau. Alec Avedissian verkörpert den getriebenen Titelhelden mit eleganter Erscheinung und seinem prachtvoll, wohlklingenden Edelbariton. Sein Giovanni besticht mehr durch den Adel seines Auftretens als durch machohaftes Gehabe. In den feschen Kostümen schaut er fabelhaft aus – ein wahrer „gentiluomo“ vom Scheitel bis zur Sohle. Kein Wunder, dass die Damen bei ihm schwach werden, zumal er sich als „Frauenwünsche-Durchschauer“ präsentiert. Mit dem fabelhaften Bassisten Andreas Mattersberger (Leporello) hat er einen kongenialen Partner an seiner Seite. Der sympathische Publikumsliebling hat diese vielschichtige Rolle bereits 2004 als blutjungerSangesnovize am Innsbrucker Konservatorium gesungen. Aus dem damaligen Jungtalent hat sich im Laufe der Zeit, dank kluger Rollenauswahl und Repertoire-Erweiterung auch im Konzert und Lied, ein herrlicher Sänger- und Menschendarsteller entwickelt. Dieser elegante Leporello hat, auch wegen seiner Ausstrahlung, durchaus das Potenzial zum „Don“ aufzusteigen. Die in Innsbruck äusserst beliebte Sopranistin Susanne Langbein befindet sich seit zwei, drei Jahren im stimmlichen Umbruch. Aus einer Ilia kann eine Elettra, aus der Susanna eine Contessa werden. Nächste Saison stehen in Deutschland Violetta und Rosalinde an. So passt die nunmehrige Donna Anna perfekt in die neue Karriereplanung. Die bildhübsche Coburgerin wirft sich couragiert und mit Verve in diese heikle Partie und kann auf Anhieb überzeugen. Die erregende Auftrittsszene, die Rachearie im 1. Akt und die mit Koloraturen gespickte Arie gelingen perfekt. Jon Jurgens, ihr Bühnengatte in spe (Don Ottavio) „darf“ solistisch nur mit „Il mio tesoro“ im 2. Akt glänzen, da die Prager Fassung dieser Neuinszenierung zugrunde liegt. Er singt sie betörend schön, mit leichter Höhe und ohne Gesäusel. Ein interessanter Kontrast zur hellstimmigen Donna Anna ist der reizvoll timbrierte Mezzosopran der international tätigen Géraldine Chauvet. Ihre Donna Elvira verströmt vokale Noblesse und überzeugt als larmoyanzbefreite Ex-Braut Giovannis. Auch sie ist ein „Opfer“ der Prager Fassung – kein „mi tradi“! Vokale Wonnen auch beim „niederen Paar“. Camilla Lehmeier, zauberhaft in ihrem farbigen Brautkleid anzusehen, ist eine Zerlina fern aller Soubrettennettigkeit, ihr charmanter, samtiger Mezzosopran verleiht dieser Partie erwachende Sinnlichkeit. Unnstein Arnasons Masetto ist ein sympathischer junger Bauer, den man sein Glück mit dieser Zerlina gönnt (auch wenn sie die Hosen anhaben wird). Die kleine, aber feine Arie singt er sehr ausgewogen und tonschön, in die Ensembles bringt er seinen gefestigten Bass vorteilhaft ein. Johannes Maria Wimmer (Commendatore) ist ein kurzer Bühnenauftritt gegönnt (gleich zu Beginn), die mahnenden Worte am Friedhof sowie beim Gastmahl kommen verstärkt aus dem Off.

Lukas Beikircher, ab Herbst 2019 neuer MD des Tiroler Landestheaters, und das Tiroler Symphonieorchester Innsbruck legen forsch – holprig los, spätestens ab der facettenreich wiedergegebenen Registerarie war alles im rechten Lot und man konnte sich an einer ausgewogenen, differenzierten Wiedergabe erfreuen.

Wie eingangs bereits erwähnt – Riesenjubel für alle. Die Folgevorstellungen in dieser Saison sind bereits so gut wie ausgebucht. Ab 13.9. erfolgt die Wiederaufnahme (letzte Vorstellung 3.11.19).  Diese dem Haus alle Ehre machende Produktion verdient öfters besucht zu werden. Also – rechtzeitig Karten sichern!                                   

Dietmar Plattner

 

 

 

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