Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

INNSBRUCK/ Tiroler Landestheater: CARMEN

13.10.2018 | Oper

Bildergebnis für innsbruck carmen
Copyright: Tiroler Landestheater/Larl

INNSBRUCK Landestheater: CARMEN am 12.10.2018

In Innsbruck hat man ein G’spür, wie man Geschichten zeitlich und räumlich verschiebt, ohne sie zu beschädigen. Diesmal zeigte uns Laurence Dale eine sehr sängerfreundliche Inszenierung, in der auch die Vorteile des verpönten „Rampensingen“ ungeniert genutzt wurden. Als ehemaliger lyrischer Tenor, der selbst den Don Jose gesungen hat, schuf er vernünftige Arbeitsbedingungen für Solisten und Chor. Eine kluge Personenführung sorgte trotzdem für eine kurzweilige Aufführung, die von hervorragenden musikalischen Leistungen geprägt war.

Andrea Sanguineti präsentierte mit dem Tiroler Symphonieorchester Innsbruck temperamentvoll, aber nicht gehetzt, die Ouvertüre und die herrlichen Zwischenspiele und achtete sorgsam auf einen stimmungsvollen, sängerfreundlichen Orchesterklang. Sowohl das Orchester als auch der imposante Chor des TLT waren Grundlage für eine sehr erfreuliche Vorstellung – besondere Freude bereitete der Kinderchor in erstaunlicher sängerischer Qualität und mit temperamentvollem, leidenschaftlichem Spiel. Die Kinder hatten sichtlich Vergnügen auf der Bühne, und das übertrug sich direkt auf das Publikum.

In der Titelrolle war die junge russische Mezzosopranistin Ksenia Leonidova zu erleben. Ihr heller Mezzosopran klang gepflegt und auch in der Tiefe gut ansprechend, war technisch gut, ausdrucksstark und beweglich. Für eine beeindruckende Carmen fehlt allerdings (noch) die erotische Ausstrahlung und die Bühnenpersönlichkeit.

Als Don Jose lernten wir den jungen polnischen Tenor Rafal Bartminski kennen und waren beeindruckt. Seine riesige Stimme klingt schön, höhensicher und stabil. Er bemühte sich, meist erfolgreich, um einen gefühlvollen Ausdruck im Mezza voce, wir halten ihn aber keinesfalls – wie im Programmheft angegeben – für einen lyrischen Tenor. Er ist ein Heldentenor, der bestimmt in den entsprechenden Rollen erfolgreich von sich hören lassen wird.

Die schönste Stimme des Abends hörten wir vom mexikanischen Bariton German Olvera als Torero. Er hat alles, was ein guter Escamillo braucht: einen riesigen Stimmumfang, Beweglichkeit, Kraft und Ausdruck. German Olvera verfügt davon in reichlichem Maße und hat noch dazu den Vorteil, auch nur mit einer Unterhose bekleidet, gute Figur zu machen. Dadurch wirkt die grenzwertige Bettszene gerade noch nicht peinlich.

Micaela, die vierte Hauptrolle wurde von Anna-Maria Kalesidis, einer russischen Sopranistin mit griechischen Wurzeln gesungen. Sie war nicht das scheue Mädchen vom Land, sondern eine selbstbewusste, junge Frau, die sich gegen die Übergriffe der Soldaten zu wehren weiß. Sie machte diesen Charakter mit ihrer klaren, kräftigen Stimme deutlich und sang die Micaela sehr präsent, was besonders im Duett mit diesem Don Jose auch nötig war.

Auch die kleineren Rollen waren beeindruckend besetzt: Sophia Theodorides überzeugte als Frasquita mit schönem, kräftigem Sopran, der auch die Massenszenen überstrahlte; Camilla Lehmeier war eine gute Mercedes. Dale Albright sang und spielte den Dancairo schön und dominant – er ließ keinen Zweifel aufkommen, wer der Chef der Schmuggler ist. Die Soldaten waren bei Unnsteinn Arnason (Zuniga) und Alec Avedissian (Morales) in guten Händen.

Das Publikum im nahezu ausverkauften Landestheater spendete begeistert Beifall und würdigte damit die großartigen Leistungen in einer erfreulichen Produktion – wir schließen uns an und stellen wieder einmal fest: Tirol ist eine Reise wert!

Maria und Johann Jahnas

ZUM TRAILER

 

Diese Seite drucken